Ordens und mit chronikalischen Notizen versehen worden. Im Bearbeitungsgebiet waren die damals
führenden Architekten des Landes tätig, was sich auf das Niveau der Inschriften-Denkmäler auswir-
ken mußte. Die Reichsstadt Weil der Stadt berief den Werkmeister des württembergischen Hofes,
Aberlin Jörg (nachweisbar 1443-1492), für ihren Kirchenneubau (Langhaus 1492, nr. 104). Zuvor
hatte derselbe die unter dem Patronat der Erzherzogin Mechtild stehende Dorfkirche in Aidlingen
(nach 1471) erbaut. Die Kirche in Leonberg-Eltingen (1487-1490; nr. 97) ist em Werk von Peter von
Koblenz (nachweisbar 1479-1501)lb, dem von Eberhard im Bart bevorzugten Werkmeister. Auf-
fallend ist die Anzahl bedeutender Künstlernamen, die sich mit Orten des Bearbeitungsgebietes ver-
binden lassen. Eine der bekanntesten Werkmeister-Familien des Landes, die in Esslingen und Ulm
tätige Familie des Hans und Matthäus Böblinger, nennt sich nach Böblingen als Herkunftsort. Eben-
falls aus Böblingen scheint der Schreiner Hans Ernst von Böblingen zu stammen, der 1490 das Chor-
gestühl der ehemaligen Dominikaner-Klosterkirche (später Hospitalkirche) in Stuttgart signiert
hat115 116. Der Maler des Tiefenbronner Altares von 1431 nennt sich darauf selbst LVCAS MOSER MA-
LER VON WIL, womit Weil der Stadt als Herkunftsort gemeint sein wird.
Bei den Kirchenbauten dieser Zeit schloß sich an die Fertigstellung der Architektur eine meist
komplette Erneuerung der Ausstattung an. Altere Stücke der Kirchenausstattung sind eine Seltenheit,
weil diese im allgemeinen nicht in die Neubauten übernommen wurden. Angestrebt hat man ein
Gesamtkunstwerk, bei dessen Ausführung Bildhauer, Bildschnitzer und Maler zusammenwirkten.
Die Herrenberger Stiftskirche bietet einen Glücksfall, weil sich dieses Gesamtkunstwerk hier noch
rekonstruieren läßt; denn neben der Kanzel, dem Taufstein und drei Meßkelchen sind das reich mit
Inschriften geschmückte Chorgestühl des Schreiners Heinrich Schickhardt (nr. 156) und die nach
Stuttgart verkauften Altarflügel des Malers Jerg Ratgeb (nr. 160) erhalten als Teile einer einheitlichen
theologischen Konzeption der Brüder vom Gemeinsamen Leben. Leider sind die Glasgemälde und
die Grabmäler aus der Zeit vor 1560 ausnahmslos der Reformation zum Opfer gefallen. Jedoch blieb
Herrenberg auch in der Folgezeit em Ort künstlerischer Produktion, denn Glieder der Familie
Schickhardt wirkten hier in mehreren Generationen fort. Herrenberg blieb Wohnsitz und Heimstatt
des Heinrich Schickhardt (1558 — 1635), der zu den bedeutendsten Renaissance-Architekten Süd-
deutschlands zählt und em Enkel des gleichnamigen Schreiners war. Herrenberg war ebenfalls Wir-
kungsstätte des Malers Heinrich Füllmaurer (erw. 1526 — 1545), der hier um 1540 zwei große Flügel-
retabel mit einem lutherischen Bildprogramm, den sog. Mömpelgarder Altar117 und den Gothaer
Altar118, gemalt hat11"; in ihm wird auch der Meister der um 1530/34 entstandenen Ausmalung der
Klosterkirche Hirsau vermutet12".
Der Ausverkauf spätgotischer Retabel betraf auch die Pfarrkirche in Ehningen (Chor mit Stern-
gewölbe 1476, Langhaus 1523 datiert). Das Hochaltar-Retabel mit dem Stifter-Wappen der Erzher-
zogin Mechtild, das der Reformation auf wunderbare Weise entging, ist 1903 an die Stuttgarter
Staatsgalerie verkauft worden121. Das geschnitzte Retabel von 1493 aus Haslach (Stadt Herrenberg;
nr. 108) ist nach Stuttgart ms Württembergische Landesmuseum gelangt. Weitere Retabel, die für
die Stadtkirchen in Weil der Stadt und Leonberg sowie für die Augustiner-Klosterkirche Weil der
Stadt (nr. 153) angefertigt wurden122, sind nicht erhalten, zeigen aber, daß kurz vor dem - durch die
115 Zu diesem zuletzt: Seeliger-Zeiss, A., Studien zur Architektur der Spätgotik in Hirsau. In: Hirsau — St. Peter und
Paul 1091 — 1991. Bd. 1, 1991, 265 — 362; hier, 316 — 318; Laier-Beifuss, K., Meister Peter Steinmetz von Koblenz.
Diss. phil. Heidelberg 1995 (ungedr. Ms.; in Druck unter dem Titel: Spätgotik in Württemberg. Die Kirchenbau-
ten des Peter von Koblenz).
116 Nach dem Krieg in der St. Leonhardskirche in Stuttgart aufgestellt. Signatur: 1490 hat hanß ernst von beblingen diß
iverck gemacht; vgl. Wais, Die St. Leonhardskirche und die Hospitalkirche zu Stuttgart. Stuttgart 1956, 23.
7 Geschaffen für Graf Georg von Württemberg als Statthalter für die Schloßkirche in Montbeliard; jetzt Wien, Kunst-
historisches Museum, Inv. Nr. 870.
Vermutlich gemalt für Herzog Ulrich von Württemberg für die Stuttgarter Stiftskirche; jetzt Gotha, Schloßmuseum,
Inv. Nr. 45/5.
Grundlegend dazu Fleischhauer, Renaissance 1971, 156 — 159; neuerdings Muller, Frank, Der Mömpelgarder und der
Gothaer Altar im Lichte der politisch-konfessionellen Lage Süddeutschlands um 1540. In: Württemberg und Möm-
pelgard 1999, 169 — 190; Packeiser, Th., Lehrtafel, Retabel, Fürstenspiegel? Ebd. 191 — 250.
120 Vgl. DI 30 (Calw) nr. 212.
Gleißner, K., Ehningen — Chronik eines schwäbischen Dorfes im Gäu. Ehningen 1965, 28; Wiemann, E., Altdeut-
sehe Malerei. Kat. Stuttgart, Staatsgalerie. Stuttgart 1989, 22 f.
Im Jahr 1517 wurde dem „maister mattheo, bildhawern" die Tafel im Chor zu Weil um 220 Gulden verdingt und
1521 aufgeschlagen. Es handelte sich um den einheimischen Bildhauer Matthäus Weinmann. 1522 hat man in Leon-
berg einen Hochaltar nach dem Vorbild des Weiler Altars in Auftrag gegeben; vgl. Rott, Quellen und Forschungen
XXXII
führenden Architekten des Landes tätig, was sich auf das Niveau der Inschriften-Denkmäler auswir-
ken mußte. Die Reichsstadt Weil der Stadt berief den Werkmeister des württembergischen Hofes,
Aberlin Jörg (nachweisbar 1443-1492), für ihren Kirchenneubau (Langhaus 1492, nr. 104). Zuvor
hatte derselbe die unter dem Patronat der Erzherzogin Mechtild stehende Dorfkirche in Aidlingen
(nach 1471) erbaut. Die Kirche in Leonberg-Eltingen (1487-1490; nr. 97) ist em Werk von Peter von
Koblenz (nachweisbar 1479-1501)lb, dem von Eberhard im Bart bevorzugten Werkmeister. Auf-
fallend ist die Anzahl bedeutender Künstlernamen, die sich mit Orten des Bearbeitungsgebietes ver-
binden lassen. Eine der bekanntesten Werkmeister-Familien des Landes, die in Esslingen und Ulm
tätige Familie des Hans und Matthäus Böblinger, nennt sich nach Böblingen als Herkunftsort. Eben-
falls aus Böblingen scheint der Schreiner Hans Ernst von Böblingen zu stammen, der 1490 das Chor-
gestühl der ehemaligen Dominikaner-Klosterkirche (später Hospitalkirche) in Stuttgart signiert
hat115 116. Der Maler des Tiefenbronner Altares von 1431 nennt sich darauf selbst LVCAS MOSER MA-
LER VON WIL, womit Weil der Stadt als Herkunftsort gemeint sein wird.
Bei den Kirchenbauten dieser Zeit schloß sich an die Fertigstellung der Architektur eine meist
komplette Erneuerung der Ausstattung an. Altere Stücke der Kirchenausstattung sind eine Seltenheit,
weil diese im allgemeinen nicht in die Neubauten übernommen wurden. Angestrebt hat man ein
Gesamtkunstwerk, bei dessen Ausführung Bildhauer, Bildschnitzer und Maler zusammenwirkten.
Die Herrenberger Stiftskirche bietet einen Glücksfall, weil sich dieses Gesamtkunstwerk hier noch
rekonstruieren läßt; denn neben der Kanzel, dem Taufstein und drei Meßkelchen sind das reich mit
Inschriften geschmückte Chorgestühl des Schreiners Heinrich Schickhardt (nr. 156) und die nach
Stuttgart verkauften Altarflügel des Malers Jerg Ratgeb (nr. 160) erhalten als Teile einer einheitlichen
theologischen Konzeption der Brüder vom Gemeinsamen Leben. Leider sind die Glasgemälde und
die Grabmäler aus der Zeit vor 1560 ausnahmslos der Reformation zum Opfer gefallen. Jedoch blieb
Herrenberg auch in der Folgezeit em Ort künstlerischer Produktion, denn Glieder der Familie
Schickhardt wirkten hier in mehreren Generationen fort. Herrenberg blieb Wohnsitz und Heimstatt
des Heinrich Schickhardt (1558 — 1635), der zu den bedeutendsten Renaissance-Architekten Süd-
deutschlands zählt und em Enkel des gleichnamigen Schreiners war. Herrenberg war ebenfalls Wir-
kungsstätte des Malers Heinrich Füllmaurer (erw. 1526 — 1545), der hier um 1540 zwei große Flügel-
retabel mit einem lutherischen Bildprogramm, den sog. Mömpelgarder Altar117 und den Gothaer
Altar118, gemalt hat11"; in ihm wird auch der Meister der um 1530/34 entstandenen Ausmalung der
Klosterkirche Hirsau vermutet12".
Der Ausverkauf spätgotischer Retabel betraf auch die Pfarrkirche in Ehningen (Chor mit Stern-
gewölbe 1476, Langhaus 1523 datiert). Das Hochaltar-Retabel mit dem Stifter-Wappen der Erzher-
zogin Mechtild, das der Reformation auf wunderbare Weise entging, ist 1903 an die Stuttgarter
Staatsgalerie verkauft worden121. Das geschnitzte Retabel von 1493 aus Haslach (Stadt Herrenberg;
nr. 108) ist nach Stuttgart ms Württembergische Landesmuseum gelangt. Weitere Retabel, die für
die Stadtkirchen in Weil der Stadt und Leonberg sowie für die Augustiner-Klosterkirche Weil der
Stadt (nr. 153) angefertigt wurden122, sind nicht erhalten, zeigen aber, daß kurz vor dem - durch die
115 Zu diesem zuletzt: Seeliger-Zeiss, A., Studien zur Architektur der Spätgotik in Hirsau. In: Hirsau — St. Peter und
Paul 1091 — 1991. Bd. 1, 1991, 265 — 362; hier, 316 — 318; Laier-Beifuss, K., Meister Peter Steinmetz von Koblenz.
Diss. phil. Heidelberg 1995 (ungedr. Ms.; in Druck unter dem Titel: Spätgotik in Württemberg. Die Kirchenbau-
ten des Peter von Koblenz).
116 Nach dem Krieg in der St. Leonhardskirche in Stuttgart aufgestellt. Signatur: 1490 hat hanß ernst von beblingen diß
iverck gemacht; vgl. Wais, Die St. Leonhardskirche und die Hospitalkirche zu Stuttgart. Stuttgart 1956, 23.
7 Geschaffen für Graf Georg von Württemberg als Statthalter für die Schloßkirche in Montbeliard; jetzt Wien, Kunst-
historisches Museum, Inv. Nr. 870.
Vermutlich gemalt für Herzog Ulrich von Württemberg für die Stuttgarter Stiftskirche; jetzt Gotha, Schloßmuseum,
Inv. Nr. 45/5.
Grundlegend dazu Fleischhauer, Renaissance 1971, 156 — 159; neuerdings Muller, Frank, Der Mömpelgarder und der
Gothaer Altar im Lichte der politisch-konfessionellen Lage Süddeutschlands um 1540. In: Württemberg und Möm-
pelgard 1999, 169 — 190; Packeiser, Th., Lehrtafel, Retabel, Fürstenspiegel? Ebd. 191 — 250.
120 Vgl. DI 30 (Calw) nr. 212.
Gleißner, K., Ehningen — Chronik eines schwäbischen Dorfes im Gäu. Ehningen 1965, 28; Wiemann, E., Altdeut-
sehe Malerei. Kat. Stuttgart, Staatsgalerie. Stuttgart 1989, 22 f.
Im Jahr 1517 wurde dem „maister mattheo, bildhawern" die Tafel im Chor zu Weil um 220 Gulden verdingt und
1521 aufgeschlagen. Es handelte sich um den einheimischen Bildhauer Matthäus Weinmann. 1522 hat man in Leon-
berg einen Hochaltar nach dem Vorbild des Weiler Altars in Auftrag gegeben; vgl. Rott, Quellen und Forschungen
XXXII