217 Leonberg, ev. Stadtkirche (St. Johannes Bapt.) 1572
Epitaph der Walpurga Aichmann geb. Lindlin (Lindler). In der Vorhalle an der Westwand (s. Lageplan
III). Hochrechteckige Platte aus gelbem Sandstein, oben mit abgeschrägten Ecken; mit Blattwerk und
Rosetten geschmückter Zierrahmen, im Feld Inschrift-Kartusche A mit zentriert angeordneter
Inschrift; darunter zwei Wappen, wie an Lederriemen mit Schnallen befestigt; in beiden Wappenschil-
den erhaben ausgehauene Initialen B, C.
Abb. 96 H. 195, B. 98,5, Bu. ca. 5 cm. - Kapitalis
A IM IAR ALS MAN ZALT . 1572 . / VFF . DEN ANDERN TAG
OCT=/OBRIS STARB DIE ERNTVG=/ENTSAM FRAW . WALTPVRGA /
AICHMENIN . GEBORNE LIND=/LERIN . DER ALMECHTIG /
GIETIG GOT WELLE / IR VND VNS ALLE . / ZV SEINER ZEYT / EIN
FRÖLICHE / VFFER STEND GNE=/DIG WERLEYHE / AMEN
B . H(ANS) . A(ICHMANN) .
C ■ W(ALPURGA) • // ■ L(INDLIN) •
Wappen: Aichmann1, Lindlin2
Walpurga, Tochter des Joachim Lindlin, Kellers zu Stuttgart3, war die erste Gemahlin des Johann Aich-
mann4.
Das pflanzliche Dekor — besonders die kurzen gekrümmten Ranken oberhalb der Kartusche, die nur
einseitig mit lappigem Blattwerk besetzt sind, — hat in Leonberg keine Parallele. Die besondere Bildung
der Wappenschilde, deren Rand mit Blattwerk eingefaßt ist, kommt hier ebensowenig vor. Die in der
Formgebung der antiken Kapitalis angeglichene Schrift ist extrem flach ausgearbeitet und differenziert
stark zwischen Haar- und Schattenstrichen. Denkmäler mit diesen Merkmalen haben sich in Stuttgart
erhalten. Als Beispiel sei die Grabplatte für Anna Fürderer (gest. 1563), Frau des Burkhart Stickel, ge-
nannt5. Da Walpurga Lindlin aus Stuttgart stammte, ist die Vergabe des Auftrags nach dort denkbar. Das
Denkmal wird in der älteren Literatur nur kurz erwähnt und dem Kreis des Leonhard Baumhauer von
Tübingen zugewiesen6.
1 Linksgewendet. Mit drei Eicheln belegter Schrägbalken.
2 Linden-Zweig mit einem stehenden und zwei hängenden Blättern.
3 Vgl. Bernhardt 469 f.
4 Sein Grabdenkmal ist ebenfalls erhalten; vgl. nr. 228. Zur Person Aichmanns vgl. Trugenberger, Prosopographie
Nr. 3, ferner Wunder, Dreher 1982, 339, 342, 345.
5 Ein Detail abgebildet bei Wais, G., Die St. Leonhardskirche und die Hospitalkirche zu Stuttgart. Stuttgart 1956,
Abb. 29; vollständige Aufnahme im Heidelberger Epigraphik-Archiv.
6 So Demmler 1910, 140, 168f; OABLeonberg 1930, 607; Fleischhauer, Renaissance 1971, 132.
OABLeonberg 1930, 607 (nur kurz erwähnt). — Seeliger-Zeiss, in: Ein seliges end 1998, 90 mit Abb., 120.
218 Kuppingen (Stadt Herrenberg), ev. Pfarrkirche (St. Stephan) 1572
Hostiendose mit Namensinschrift des Melchior Sauter. Kleines zylindrisches Gefäß aus spätgotischer
Zeit; die Verriegelung des Klappdeckels ist mit einem Kettchen gesichert. Silber, innen vergoldet. Auf
dem Deckel Blüte mit Tragring. Auf der Außenseite des Bodens Umschrift eingeritzt.
H. 2,7, Dm. 5,3, Bu 0,5 cm. — Kapitalis, Minuskel-Kursive
ANNO 1572 Cuppingensis pastor Melchior SAVTER:
Melchior Sauter war Pfarrer in Kuppingen von 1572 bis zu seinem Tod 1613. Sein Grabmal ist erhal-
ten1. Eine ähnliche, ebenfalls 1572 datierte Namensinschrift Sauters befindet auf einem Kelch aus dem
frühen 14. Jahrhundert, der nachweislich aus der Kirche in Kuppingen in den Besitz des Württember-
gischen Landesmuseums gelangt ist2. Bei beiden Vasa sacra ist unklar, ob sie von Sauter angeschafft oder
gestiftet wurden oder schon vor dessen Amtszeit Eigentum der Kuppinger Kirche waren. Die Namens-
inschrift, die eine Art Besitznachweis sein könnte, ist wie bei dem Kelch auf dem Boden des Behälters
flüchtig und kaum sichtbar eingeritzt und vermutlich von Sauter selbst ausgeführt.
144
Epitaph der Walpurga Aichmann geb. Lindlin (Lindler). In der Vorhalle an der Westwand (s. Lageplan
III). Hochrechteckige Platte aus gelbem Sandstein, oben mit abgeschrägten Ecken; mit Blattwerk und
Rosetten geschmückter Zierrahmen, im Feld Inschrift-Kartusche A mit zentriert angeordneter
Inschrift; darunter zwei Wappen, wie an Lederriemen mit Schnallen befestigt; in beiden Wappenschil-
den erhaben ausgehauene Initialen B, C.
Abb. 96 H. 195, B. 98,5, Bu. ca. 5 cm. - Kapitalis
A IM IAR ALS MAN ZALT . 1572 . / VFF . DEN ANDERN TAG
OCT=/OBRIS STARB DIE ERNTVG=/ENTSAM FRAW . WALTPVRGA /
AICHMENIN . GEBORNE LIND=/LERIN . DER ALMECHTIG /
GIETIG GOT WELLE / IR VND VNS ALLE . / ZV SEINER ZEYT / EIN
FRÖLICHE / VFFER STEND GNE=/DIG WERLEYHE / AMEN
B . H(ANS) . A(ICHMANN) .
C ■ W(ALPURGA) • // ■ L(INDLIN) •
Wappen: Aichmann1, Lindlin2
Walpurga, Tochter des Joachim Lindlin, Kellers zu Stuttgart3, war die erste Gemahlin des Johann Aich-
mann4.
Das pflanzliche Dekor — besonders die kurzen gekrümmten Ranken oberhalb der Kartusche, die nur
einseitig mit lappigem Blattwerk besetzt sind, — hat in Leonberg keine Parallele. Die besondere Bildung
der Wappenschilde, deren Rand mit Blattwerk eingefaßt ist, kommt hier ebensowenig vor. Die in der
Formgebung der antiken Kapitalis angeglichene Schrift ist extrem flach ausgearbeitet und differenziert
stark zwischen Haar- und Schattenstrichen. Denkmäler mit diesen Merkmalen haben sich in Stuttgart
erhalten. Als Beispiel sei die Grabplatte für Anna Fürderer (gest. 1563), Frau des Burkhart Stickel, ge-
nannt5. Da Walpurga Lindlin aus Stuttgart stammte, ist die Vergabe des Auftrags nach dort denkbar. Das
Denkmal wird in der älteren Literatur nur kurz erwähnt und dem Kreis des Leonhard Baumhauer von
Tübingen zugewiesen6.
1 Linksgewendet. Mit drei Eicheln belegter Schrägbalken.
2 Linden-Zweig mit einem stehenden und zwei hängenden Blättern.
3 Vgl. Bernhardt 469 f.
4 Sein Grabdenkmal ist ebenfalls erhalten; vgl. nr. 228. Zur Person Aichmanns vgl. Trugenberger, Prosopographie
Nr. 3, ferner Wunder, Dreher 1982, 339, 342, 345.
5 Ein Detail abgebildet bei Wais, G., Die St. Leonhardskirche und die Hospitalkirche zu Stuttgart. Stuttgart 1956,
Abb. 29; vollständige Aufnahme im Heidelberger Epigraphik-Archiv.
6 So Demmler 1910, 140, 168f; OABLeonberg 1930, 607; Fleischhauer, Renaissance 1971, 132.
OABLeonberg 1930, 607 (nur kurz erwähnt). — Seeliger-Zeiss, in: Ein seliges end 1998, 90 mit Abb., 120.
218 Kuppingen (Stadt Herrenberg), ev. Pfarrkirche (St. Stephan) 1572
Hostiendose mit Namensinschrift des Melchior Sauter. Kleines zylindrisches Gefäß aus spätgotischer
Zeit; die Verriegelung des Klappdeckels ist mit einem Kettchen gesichert. Silber, innen vergoldet. Auf
dem Deckel Blüte mit Tragring. Auf der Außenseite des Bodens Umschrift eingeritzt.
H. 2,7, Dm. 5,3, Bu 0,5 cm. — Kapitalis, Minuskel-Kursive
ANNO 1572 Cuppingensis pastor Melchior SAVTER:
Melchior Sauter war Pfarrer in Kuppingen von 1572 bis zu seinem Tod 1613. Sein Grabmal ist erhal-
ten1. Eine ähnliche, ebenfalls 1572 datierte Namensinschrift Sauters befindet auf einem Kelch aus dem
frühen 14. Jahrhundert, der nachweislich aus der Kirche in Kuppingen in den Besitz des Württember-
gischen Landesmuseums gelangt ist2. Bei beiden Vasa sacra ist unklar, ob sie von Sauter angeschafft oder
gestiftet wurden oder schon vor dessen Amtszeit Eigentum der Kuppinger Kirche waren. Die Namens-
inschrift, die eine Art Besitznachweis sein könnte, ist wie bei dem Kelch auf dem Boden des Behälters
flüchtig und kaum sichtbar eingeritzt und vermutlich von Sauter selbst ausgeführt.
144