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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0048
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Martin Luther. II. Taufordnungen.

Nim das weisse, heilige und unbefleckts
kleid, das du on flecken bringen solt fur den
richtstuel Christi, das du das ewige leben habst.
Frid mit dir.
Darnach heb man es aus der taufe
und der priester geb ihm ein
kerzen in die hand.
Nim diese brennende fackel und beware
dein taufe unstreflich, auf das, wenn der herr
komt zur hochzeit, du ihm mugest entgegen
gehen, sampt den heiligen in den himelischen
saal, und das ewige leben habst, Amen.

Martinus Luther allen christlichen lesern
gnad und frid in Christo unserm herrn.
MARTINUS LUTHER.
Weil ich teglich sehe und hore, wie gar mit
unvleiss vnd wenigem ernst, will nicht sagen, mit
leichtfertickeit, man das hohe heilige trostlich
sacrament der taufe handelt uber den kindeln,
wilchs ursach ich achte der auch eine sei, das
die, so da bei stehen, nichts davon verstehen,
was da geredt und gehandelt wirt, dunkt michs
nicht alleine nütz, sondern auch not sein, das
mans in deutsche sprache thue. Und habe dar-
umb solchs, wie bis her zu latin geschehen, ver-
deutscht, anzufahen auf deutsch zu teufen, da mit
die paten und beistehende deste mehr zum glauben
und ernstlicher andacht gereizt werden, und
die priester, so da teufen, deste mehr vleiss um
der zuhörer willen haben müssen.
Ich bitt aber aus christlicher treu alle die
ihenigen, so da teufen, kinder heben und da
bei stehen, wollten zu herzen nemen das treff-
lich werk und den grossen ernst, der hirinnen
ist. Denn du hie hörist in den worten disser
gepett, wie kleglich und ernstlich die christlich
kirche das kindlin her tregt, und, mit so besten-
digen ungezweifelten worten fur gott bekennet,
es sei vom teufel besessen und ein kind der
sunden und ungnaden, und so vleisslich bitt um
hülf und gnad durch die tauf, das es ein kind
gottis werden müge.
Darum wolltistu bedenken, wie gar es nicht
ein scherz ist, wider den teufel handeln, und
den selben nicht alleine vom kindlin iagen, son-
dern auch dem kindlin ein solchen mechtigen
feind sein leben lang auf den hals laden, das
es wol not ist, dem armen kindlin aus ganzem
herzen und starkem glauben beistehen, aufs
andechtigist bitten, das ihm got, nach laut disser
gepet, nicht allein von des teufels gewalt helfe,
sondern auch stercke, das es müge wider ihn
ritterlich im leben und sterben bestehen. Und
ich besorge, das darumb die leut nach der tauf
so ubel auch geraten, das man so kalt und

lessig mit ihn umgangen und so gar on ernst
fur sie gebeten hat in der taufe.
So gedenke nu, das in dem teufen disse
eusserliche stücke das geringste sind, als da ist,
unter augen blasen, creuze an streichen, salz
in den mund geben, speichel und kot in die
oren und nasen thun, mit öle auf der brust
und schuldern salben, und mit chresem die
scheitel bestreichen, westerhemd anzihen, und
brennend kerzen in die hend geben, und was
das mehr ist, das von menschen die tauf zu zieren
hinzu gethan ist. Denn auch wol on solchs
alles die taufe geschehen mag, und nicht die
• rechte griffe sind, die der teufel scheuet oder
fleucht. Er veracht wol grössere ding. Es muss
ein ernst hie sein.
Sondern da sihe auf, das du im rechten
glauben da stehist, gottis wortt hörist und ernst-
lich mit bettist. Denn wo der priester spricht,
̒̓ʻLasst uns betenʼ, da vermanet er dich jhe, das
du mit ihm beten sollt. Auch sollen seins ge-
pets wort mit ihm zu gott im herzen sprechen
alle paten und die um her stehen. Darum
soll der priester diese gepet fein deutlich und
langsam sprechen, das es die paten hören und
vernemen kunden, und die paten auch einmüttig-
lich im herzen mit dem priester beten, das kind-
lins not aufs aller ernstlichst fur gott tragen,
sich mit ganzem vermügen fur das kind wider
den teufel setzen, und sich stellen, das sie es
ein ernst lassen sein, das dem teufel kein
schimpf ist.
Der halben es auch wol billich und recht
ist, das man nicht trunken und rohe pfaffen
teufen liesse, auch nicht leut zu gefattern neme,
sondern feine, sittige, ernste, frume priester und
gefattern, zu den man sich versehe, das sie die
sach mit ernst und rechtem glauben handeln, da
mit man nicht dem teufel das hohe sacrament
zum spott setzet und gott verunehret, der dar-
innen so uberschwenglichen unnd grundlosen
reichthum seiner gnaden uber uns schüttet, das
ers selbs ein neue gepurt heisst, da mit wir
aller tyrannei des teufels ledig, von sund, todt
und helle los, kinder des lebens und erben aller
gütter gottis und gottis selbs kinder und Christus
brüder werden. Ach lieben christen, lasst uns
nicht so unvleissig solch unaussprechliche gabe
achten und handeln! Ist doch die taufe unser
einiger trost und eingang zu allen götlichen
güttern und aller heiligen gemeinschaft. Das
helfe uns gott, Amen.
Ich hab aber noch nichts sonderlichs wollen
verendern im tauf büchlin, wie wol ichs leiden
möcht, es were besser gerüst, denn es auch un-
vleissige meistere gehabt hat, die der taufe her-
lickeit nicht gnügsam bewogen. Aber die schwachen
 
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