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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0065
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Unterricht der Visitatoren 1528.

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statten. Die auf der Visitation hervorgetretenen Gebrechen waren, wie oben S. 36 bemerkt, in
14 Articuli zusammengefasst worden. Diese dienten jetzt den Zwecken der weiteren Berathung1).
Am 21. August erhielt Luther das Verzeichniss der Punkte vom Kurfürsten überschickt
(Weimar A. Ji. Nr. 196): „Ihr wisst, was wir hiervor mit euch und andern gelerten der Visitation

1) Diese Articuli gelangen hier zum Abdruck (Burkhardt, Gesch. der Visit. S. 21 Anm. 6 giebt nur
eine kurze Übersicht). Unsere Quelle ist Weimar A. Reg. Ji. Nr. 200. Das betr. Stück trägt die Aufschrift
„Die Artickel so durch die rete zur visitation vorordenth und andere unterteniglich bedacht 1527“ und zeigt
Spuren von Besiegelung.
Erstlich das die visitatores nicht fur gut gehalten haben, weiter zu visitirn sie wissen denn ob unser
gnedigster herr der churfurst zu Sachsen an irer handlung gefallen hetten.
Zum andern beschweren sich vil der auflage. Es lassen sich auch etlich vom adel horen sie wollen ire
leut dazu nicht halten die auflag zu geben, und achtens fur ein untreglich beschwerung.
Hie wirt bedacht das man mit den edelleuten wie bisher verfaren lasse und gnedig suchung bei inen
thue ungezweifelt die das evangelion annemen, werden dieser auflage unbeschwert sein. Dann wo man der auf-
lage zu unterhaltung der pfarren nicht bedorfe, do sol man die auflage zum gemeinen kasten oder kirchenbau
anlegen domit ungleicheit verhutt werde, und sich niemant zubeclagen habe es sei inen und nicht auch andern
aufgelegt, domit daraus nicht zeruttung erfolge, sonder allenthalben gleicheit gehalten werde.
Zum dritten. So wollen die stifter burger und andere an viel enden irer eldern stiftung und testament
und legata an sich ziehen und die kirchen berauben unangesehen das on solche stiftung die pfarrer nicht
mogen vorsehen werden.
Solche stiftung sollen in gemeinen kasten geschlaen werden. Wo aber der stifter freuntschaft arm were,
soll inen etwas zu einer erstatung auf ein mal gegeben werden. Wer es aber ins patronatus und die freuntschaft
wer des durfftig soll man inen jerlich dovon etwas geben.
Zum vierten. Etlich verleihen ire lehen mit disem bescheid das man inen an etlichen ortern den
zehenden, an etlichen auch die ecker geben muss. Ditz soll man niemants verstaten sonder die lehen un-
zerissen verleihen.
Zum funften. Es wellena) etlich lehenhern die priester von den pfarren stossen nach irem gefallen und
sie allein fur schreiber und knechte halten.
Do soll man den lehenhern gutlich anzeigen, das es inen und iren untertanen zu gut und hail irer
selen geschee und derhalben begeren die pfarrer ires seelambts und studiums zuwarten lassen, auch der itzigen
kein abstossen und sonst keinen neuen denn mit wissen und zuthun der ampt und superattendenten aufnemen.
Zum sechsten was zuthun sei wenn die vom adel und andere nicht gestaten wellen, das ire priester
weiber nemen oder das sacrament nach Christus aufsatzung under beder gestalt nemen.
Dises falls sollen die vom adel und andere durch die rete zur visitation verordnet vorwarnet, und
wo sie sich nicht weisen lassen wolten durch sie die visitatores auch amptleut und superattendenten vortzeichnet
und unserm gnedigsten herrn dem churfursten angetzeigt werden, darauf seine c. f. g. wohl darob sein werden,
das die arme untertanen mit gottes wort unversaumbt bleiben.
Zum sibenden von stiften auf der edelleut schlossern.
Diss soll man auch gnediglich bei inen suchen wie bisher bescheen den pfarren zu gut zufolgen lassen
und wer sich dess wegert soll auch meinem gnedigsten herrn dem churfursten angetzeigt werden.
Zum achten von den lehen und prebenden auf meines gnedigsten herrn schlossern.
Wirt bedacht wo es unserm gnedigsten herrn gefellig das dieselben prebenden und stifftung zu besserung
der nechstgelegenen geringen pfarren folgen sollen.
Zum neunden, was man mit den ornaten thun soll, damit sie nicht verderben.
Dess sollen die rete zur visitation vorordnet befel haben die ornat zuchtiger weise zuvorkaufen armen
leuten und dem gemeinen kasten zu gut.
Zum zehenden, wess man sich in dem halten soll, das die paurn zum puss und reissgeldt die kelch
und andere cleinoter verkaufft, welche die visitatores widerumb zu erstaten befolen haben.
Hie wirt bedacht das man derhalb ein gemeinen befelh in die ambte geben soll.
Zum eilfften, wess man sich gegen den erzeigen soll, so den vorrat, parschafft und anders in kirchen
an sich gezogen haben.
Diss soll auch mit einem gemeinen bevelh vorhutt und bestelt werden.
Zum zwolften, wie man den armen pfarren helfen soll.

a) In der Handschrift hiess es ursprünglich „es wellen sich“. Das „sich“ ist dann gestrichen.
 
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