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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0187
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3. Unterricht der visitatoren an die pfarrherrn im kurfürstenthum zu Sachsen. 1528.

159

Erstlich, das sie gleuben, das im brot der
warhaftige leib Christi, und im wein das ware
blut Christi ist. Denn also lauten die wort Christi
in den evangelisten, Mattheo, Marco und Luca
Das ist mein leib, und trinket alle daraus, das
ist mein blut des neuen testaments, . welches ver
gossen wird für viele zu vergebung der sünden.
So sagt auch Paulus in der 1. zun Corinthern am
11. Das brot das wir brechen, ist der ausgeteilte
leib Christi. Wo nu solt verstanden werden, nicht
der ware leib, sondern das wort Gottes allein, wie
es etliche auslegen, so were es nicht ein aus-
teilung des leibs Christi, sondern allein des wort;
und geists. So spricht auch Paulus in benanten
episteln, das diese speise nicht für eine gemeine
speise sol gehalten werden, sondern für den leib
Christi, und strafet die, so es on furcht, wie ein
gemeine speise nemen.
Die pfarherr sollen auch davon lesen, was
die alten geschrieben haben, auf das sie sich und
andere deste besser unterrichten künden. Es
spricht Hilarius auch im achten buch von der
heiligen dreifaltickeit, das man daran nicht zwei-
veln sol, das da warhaftiger leib und blut Christi
sei, weil es Christus gesagt habe.
Und ist solchs zu bedenken, das solch gros
mirakel geschicht, nicht aus des priesters ver-
dienst, sondern darumb, das Christus also geordnet
hat, das sein leib da sei, so man communicirt
Wie die sonn teglich aufgehet, nicht umb unser
verdienst willen, sondern das gott also geordnet hat.
Der ander artickel ist, das sie die leute
unterrichten, das recht ist, beide gestalt nemen.
Denn nachdem das heilige evangelion (gott lob)
an tag komen ist, darinnen wir des klerlich be-
zeuget werden, nemlich des beider gestalt des
sacraments zu reichen und zu nemen seien, denn
Christus hat solchs also geordenet, wie die drei
evangelisten Mattheus, Marcus und Lucas anzeigen
Auch hat es S. Paul inen vorzeiten also gegeben,
wie man sihet in der ersten zu den Corinthern am 11
Und keinem menschen gebürt solche göttliche ein
setzung zu endern, denn auch keines menschen
letzter wille zu endern ist, wie S. Paulus zu den
Galatern schreibt, viel weniger sol gottes selbs
letzter wille verendert werden.
Demnach haben wir die pfarherr und prediger
unterrichtet, solche lere des evangelii von beider
gestalt, stracks und frei zu leren für jederman,
er sei stark, schwach oder halsstarrig, und in
keinen weg die eine gestalt billichen, sondern
strafen als unrecht, und wider die einsetzung und
letzten willen unsers heilands und herrn Jhesu
Christi. Das also die lere an ihr selbs frei1), rein

1538 statt [Das also ,/. frei]: Das also diese
lere frei.

und öffentlich getrieben, werde. Dieweil1) aber
gleichwol niemands zum glauben zu zwingen, noch
von seinem unglauben mit gebot oder gewalt zu
dringen ist, sintemal gott kein gezwungen dienst
gefellet, und eitel freiwillige diener haben wil,
und dazu auch die leute mancherlei gesinnet,
und geschickt befunden werden, das unmüglich
gewest oder noch ist, gewis mas oder personen
zu stimmen, denen solche beider gestalt nach der
lere Christi zu reichen oder zu wegern sein solt,
derhalben ob wir wol die lere rein und frei
zu predigen leichtlich unterricht geben mügen,
als die Christus selbs gegeben, so haben wir doch
den brauch und ubung solcher lere, nicht also in
gewisse mas, weise oder personen stellen künnen,
angesehen, das durch den gemeinen gebrauch einer
gestalt die leute hart gefangen gewest, und noch
wol etliche sein mügen, die solchs brauchs halben
etwas schwerlich zweiveln. Darumb mus man
auch dem tage seine zwelf stunden lassen, und
die sachen gott bevelhen.
Doch weil dieser artickel teglich fürfellet und
das gewissen betrifft, damit die pfarherr nicht gar
on alle unterricht gelassen werden, haben wir diese
nachfolgende weise und unterricht, auf gottes berat,
zu versuchen, bis der heilige geist besser gebe,
uberantwortet.
Erstlich, wie itzt droben angezeigt ist, das in
alle wege und aller dinge fest uber der lere ge-
halten, und stracks geprediget und bekand sol
werden, das beider gestalt des sacraments zu
brauchen sei, nach Christus einsetzung. Und solche
lere sol beide für den schwachen und halsstarrigen
und jederman gehen und bleiben unverruckt.
Aufs ander, wo aber schwache sind, die bis-
her nichts davon gehört, oder nicht genugsam mit
den sprüchen des evangelii unterrichtet und ge-
sterkt sind, und also on halsstarrickeit, aus
blödickeit und forcht ires gewissens, nicht künten
beider gestalt empfahen, die mag man lassen einer-
lei gestalt noch eine zeitlang geniessen, und wo
sie es also begeren, mag ein pfarherr oder pre-
diger wol den selbigen reichen. Ursach ist die:

9 Die Sätze [Dieweil . . wie hoch sie auch
solchs für geben] fehlen in der Ausgabe von 1538.
Statt deren heisst es in derselben: Wo aber hals-
starrige sind, die es weder lernen noch thun wollen,
da sol man stracks keine gestalt inen reichen, sondern
sie faren lassen, wie S. Paulus Titum, zun Galatern
am 2. cap. nicht wolt beschneiten lassen, da die jüden
darauf drangen, und die freiheit verdammen wolten.
Denn solche halsstarrigen sind nicht allein unvoll-
komen im brauch der lere, sondern sie wollen_ die lere
dazu auch verdampt und unrecht haben, das ist nicht
zu leiden noch zu dulden, denn die lere sol stracks
und rein laufen, und hinfurt mehr auch im. brauch
bleiben, weil sie gnugsam erkand, auch etliche viel
drüber gelidden haben. Der dritte artickel, daran
auch u. s. w.
 
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