3. Unterricht der visitatoren an die pfarrherrn im kurfürstenthum zu Sachsen. 1528.
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leid uber ihre sünde tragen, und erschrocken ge-
wissen haben, denn rohe furchtlose leute sollen
nicht dazu gehen, denn es stehet geschrieben in
der 1. zun Corinthern am 11.: Das thut so oft
ihrs thut, mein dabei zu gedenken.
Nu den tod Christi gedenken, ist nicht allein
die histori hören predigen, sondern erschrecken,
das gott solchen zorn erzeigt wider die sunde,
das er seinen eigenen son darumb tötet, und kein
engel, kein heilige für die sunde hat mögen gnug
thun, sondern Christus, der selbs gott ist, hat
müssen sich opfern etc. O wie harte strafe wird
uber die komen, so die sunde gering achten, so
sie hören, das sie gott so gros achtet.
Wer nu rechte gedechtnis des tods Christi
hat, der sol das sacrament empfahen, und trost
süchen, nicht das die eusserliche niessung das
herz tröste, sondern sie ist ein zeichen des trosts,
und der vergebung der sunden, welchs zeichen
vermanet das herz, das es gleube, das gott einem
reuenden die sunde vergebe.
Und sol das herz nicht allein durch die
niessung des sacraments, sondern auch durch die
wort, die bei dem sacrament sind, zu gleuben ver-
manet und erwecket werden, denn in den worten
verheisset gott vergebung der sunde, das ist mein
leib, der für euch dargeben wird. Item, das ist
der kelch des neuen testaments, das ist, der neuen
verheissung, der verheissen gerechtigkeit, des
ewigen lebens, in meinem blut, das für viel ver-
gossen wird, zu vergebung der sunde.
Also erlangen sie vergebung der sunde, nicht
durch die eusserliche niessung, sondern durch den
glauben, der durch die wort und zeichen erweckt
wird.
Es sollen auch die leute vermanet werden,
das dis zeichen nicht allein den; glauben zu er-
wecken eingesetzt sei, sondern uns auch zu lieb
vermanen, wie S. Paulus spricht, in der 1. zun
Corinthern am 10. capitel: Ein brot ists, und ein
leib ists, dieweil wir alle eins brots teilhaftig sind.
Das wir nicht sollen neid und hass tragen, son-
dern alle für einander sorgen, einander helfen,
mit almusen, und allerlei ander dienst, die uns
gott geboten hat,
Solche vermanung sol oft geschehen, denn
was ist das anders, denn den leib Christi schmehen,
neid und has tragen, und keine lieb erzeigen
wöllen, und darnach dennoch wöllen ein glied
Christi gehalten sein?
Von der rechten christlichen busse.
Die busse ist auch zum sacrament gezelet,
darumb das alle sacrament busse bedeuten, auch
um etlicher ander ursach willen, die hie nicht
von nöten sind zu erzelen. /
Sehling, Kirchenordnungen.
Nu haben wir oben angezeigt, das von nöten
sei, busse zu predigen, und das forchtlos wesen
zu strafen, das itzund in der welt ist, und zum
teil aus unrechtem verstand des glaubens kömpt,
denn viel so sie gehört haben 1), sie sollen gleuben,
so sind ihnen alle sünde vergeben, tichten sie einen
glauben, und meinen, sie seien rein. Dadurch
werden sie frevel und sicher. Solche fleischliche
sicherheit ist erger, denn alle irrthum für dieser
zeit gewesen sind. Darümb sol man alleweg, wenn
man vom glauben prediget, die leute unterrichten,
wo glauben sein müge, und wie man dazu kömpt,
denn rechter glaube kan nicht sein, wo nicht
rechte reue ist, und rechte furcht und schrecken
für gott.
Dieses stücke ist sehr von nöten, den leuten
fürzuhalten, denn wo nicht reue und leid uber die
sunde ist, da ist auch nicht rechter glaube. So
stehet im 147. Psalm: Der herr hat gefallen an
denen, die ihn fürchten, die auf seine güte warten.
Auch sagt gott selbs zu Ezechiel am 3.: Wenn
der prediger nicht straft deren 2) irrsal und sunde,
die er leret, so wölle er derselbigen seelen von
ihren henden foddern. Solch urteil spricht gott
uber diese prediger, so die leut wol trösten, und
sagen viel vom glauben und vergebung der sunde,
sagen aber nicht von busse, gottes forcht und
gottes gericht. Solche prediger strafet auch
Hieremias am 7. cap., da er spricht: Man sol denen
nicht gleuben, so schreien, frid, frid, so doch
gott zornig sei, und sei nicht recht frid.
Ja zu besorgen ist, das gott werde diese pre-
diger und schüler hart strafen, umb solcher sicher-
heit willen. Denn das ist die sunde, darüber
Hieremias schreiet am 6.: Sie haben sich nicht
gewust zu schemen. Und S. Paul zun Ephesern
am 5. verdammet die, so on schmerzen ihres
herzen, in sicherm wildem wesen leben, und
spricht: Des solt ir wissen haben, das kein buler3)
oder unreiner, oder geiziger (welcher ist ein
götzendiener) erbe hat in dem reich Christi und
gottes. Last euch niemand verfüren mit vergeb-
lichen worten, denn umb dieser willen kömpt der
zorn gottes uber die kinder des unglaubens,
darümb seid nicht ihr mitgenossen.
Nu ist rechte busse, herzlich reu und leid
uber seine sunde haben, und herzlich erschrecken
für gottes zorn und gericht. Dis heisst reu und
erkentnis der sunde. Item, tödtung des fleisches,
heisst auch fürnemlich busse. Also mancherlei
namen hat die reu in der schrift.
1) 1538 statt [so ... haben]: so gehört haben.
2) 1538 statt [deren]: „den.“ Jenaer Ausgabe
vom J. 1554: „Wenn die prediger nicht strafen den irrsal
und sünde der, die sie leren.“
3) 1538 statt [Des ... buler]: Das solt ir wissen
haben, das kein hurer.
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leid uber ihre sünde tragen, und erschrocken ge-
wissen haben, denn rohe furchtlose leute sollen
nicht dazu gehen, denn es stehet geschrieben in
der 1. zun Corinthern am 11.: Das thut so oft
ihrs thut, mein dabei zu gedenken.
Nu den tod Christi gedenken, ist nicht allein
die histori hören predigen, sondern erschrecken,
das gott solchen zorn erzeigt wider die sunde,
das er seinen eigenen son darumb tötet, und kein
engel, kein heilige für die sunde hat mögen gnug
thun, sondern Christus, der selbs gott ist, hat
müssen sich opfern etc. O wie harte strafe wird
uber die komen, so die sunde gering achten, so
sie hören, das sie gott so gros achtet.
Wer nu rechte gedechtnis des tods Christi
hat, der sol das sacrament empfahen, und trost
süchen, nicht das die eusserliche niessung das
herz tröste, sondern sie ist ein zeichen des trosts,
und der vergebung der sunden, welchs zeichen
vermanet das herz, das es gleube, das gott einem
reuenden die sunde vergebe.
Und sol das herz nicht allein durch die
niessung des sacraments, sondern auch durch die
wort, die bei dem sacrament sind, zu gleuben ver-
manet und erwecket werden, denn in den worten
verheisset gott vergebung der sunde, das ist mein
leib, der für euch dargeben wird. Item, das ist
der kelch des neuen testaments, das ist, der neuen
verheissung, der verheissen gerechtigkeit, des
ewigen lebens, in meinem blut, das für viel ver-
gossen wird, zu vergebung der sunde.
Also erlangen sie vergebung der sunde, nicht
durch die eusserliche niessung, sondern durch den
glauben, der durch die wort und zeichen erweckt
wird.
Es sollen auch die leute vermanet werden,
das dis zeichen nicht allein den; glauben zu er-
wecken eingesetzt sei, sondern uns auch zu lieb
vermanen, wie S. Paulus spricht, in der 1. zun
Corinthern am 10. capitel: Ein brot ists, und ein
leib ists, dieweil wir alle eins brots teilhaftig sind.
Das wir nicht sollen neid und hass tragen, son-
dern alle für einander sorgen, einander helfen,
mit almusen, und allerlei ander dienst, die uns
gott geboten hat,
Solche vermanung sol oft geschehen, denn
was ist das anders, denn den leib Christi schmehen,
neid und has tragen, und keine lieb erzeigen
wöllen, und darnach dennoch wöllen ein glied
Christi gehalten sein?
Von der rechten christlichen busse.
Die busse ist auch zum sacrament gezelet,
darumb das alle sacrament busse bedeuten, auch
um etlicher ander ursach willen, die hie nicht
von nöten sind zu erzelen. /
Sehling, Kirchenordnungen.
Nu haben wir oben angezeigt, das von nöten
sei, busse zu predigen, und das forchtlos wesen
zu strafen, das itzund in der welt ist, und zum
teil aus unrechtem verstand des glaubens kömpt,
denn viel so sie gehört haben 1), sie sollen gleuben,
so sind ihnen alle sünde vergeben, tichten sie einen
glauben, und meinen, sie seien rein. Dadurch
werden sie frevel und sicher. Solche fleischliche
sicherheit ist erger, denn alle irrthum für dieser
zeit gewesen sind. Darümb sol man alleweg, wenn
man vom glauben prediget, die leute unterrichten,
wo glauben sein müge, und wie man dazu kömpt,
denn rechter glaube kan nicht sein, wo nicht
rechte reue ist, und rechte furcht und schrecken
für gott.
Dieses stücke ist sehr von nöten, den leuten
fürzuhalten, denn wo nicht reue und leid uber die
sunde ist, da ist auch nicht rechter glaube. So
stehet im 147. Psalm: Der herr hat gefallen an
denen, die ihn fürchten, die auf seine güte warten.
Auch sagt gott selbs zu Ezechiel am 3.: Wenn
der prediger nicht straft deren 2) irrsal und sunde,
die er leret, so wölle er derselbigen seelen von
ihren henden foddern. Solch urteil spricht gott
uber diese prediger, so die leut wol trösten, und
sagen viel vom glauben und vergebung der sunde,
sagen aber nicht von busse, gottes forcht und
gottes gericht. Solche prediger strafet auch
Hieremias am 7. cap., da er spricht: Man sol denen
nicht gleuben, so schreien, frid, frid, so doch
gott zornig sei, und sei nicht recht frid.
Ja zu besorgen ist, das gott werde diese pre-
diger und schüler hart strafen, umb solcher sicher-
heit willen. Denn das ist die sunde, darüber
Hieremias schreiet am 6.: Sie haben sich nicht
gewust zu schemen. Und S. Paul zun Ephesern
am 5. verdammet die, so on schmerzen ihres
herzen, in sicherm wildem wesen leben, und
spricht: Des solt ir wissen haben, das kein buler3)
oder unreiner, oder geiziger (welcher ist ein
götzendiener) erbe hat in dem reich Christi und
gottes. Last euch niemand verfüren mit vergeb-
lichen worten, denn umb dieser willen kömpt der
zorn gottes uber die kinder des unglaubens,
darümb seid nicht ihr mitgenossen.
Nu ist rechte busse, herzlich reu und leid
uber seine sunde haben, und herzlich erschrecken
für gottes zorn und gericht. Dis heisst reu und
erkentnis der sunde. Item, tödtung des fleisches,
heisst auch fürnemlich busse. Also mancherlei
namen hat die reu in der schrift.
1) 1538 statt [so ... haben]: so gehört haben.
2) 1538 statt [deren]: „den.“ Jenaer Ausgabe
vom J. 1554: „Wenn die prediger nicht strafen den irrsal
und sünde der, die sie leren.“
3) 1538 statt [Des ... buler]: Das solt ir wissen
haben, das kein hurer.
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