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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0193
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3. Unterricht der visitatoren an die pfarrherrn im kurfürstenthum zu Sachsen. 1528.

165

sünde wegnimpt. Zu dem, so sind die messen
für die lebendigen, und nicht für die todten aus-
gesetzt, den leib und blut Christi zu geniessen,
und Christus tod zu gedenken. Nu kan je
Christus tod niemand, denn der im leben ist, ge-
denken.
Wes sich auch die priester mit dem canon
halten sollen, wissen sie wol aus andern schriften,
ist auch nicht von nöten, den leien davon viel zu
predigen.
Etliche singen deudsche, etliche lateinische
messen, welchs wir lassen geschehen. Doch wird
für nützlich und gut angesehen, wo das meiste
volk des lateins unverstendig, daselbs deudsche
messe zu halten, damit das volk den gesang und
anders, was gelesen wird, deste bas vernemen
müge, wie S. Paulus sagt in der 1. zun Corinth.
am 14.: Wenn du aber benedeiest mit dem geist,
wie sol der an stat des leien stehet, sagen, amen1),
auf deine danksagung, sintemal er nicht weis, was
du sagest? Du sagest wol fein dank2), aber der
ander wird davon nicht gebessert. Nu saget je
S. Paulus auch an demselben ort, lasset es alles
geschehen zur besserung.
An hohen festen, als christag, ostern, auffart,
pfingsten, oder der gleichen, were gut, das zur
messe etliche lateinische gesenge, die der schrift
gemes, gebrauchet würden. Denn es ist ein un-
gestalt, imerdar ein gesang singen. Und ob man
schon deudsche gesang wil machen, das sich des
nicht ein iglicher vermesse, on die gnade dazu
haben.
Wiewol nu gesagt ist, das man (auf das die
leute gottes wort hören und lernen mögen) etliche
feiertage halten möge und solle, so ist es doch
nicht die meinung, als solt man der heiligen an-
rufen und fürbit dadurch bestetigen oder loben.
Denn Christus Jhesus ist allein der mitler, der
uns vertrit, wie Johannes in seiner epistel am 2.,
und S. Paulus zun Röm. am 8. cap). anzeigen3).
Die heiligen aber werden rechtschaffen also
geehret, das wir wissen, das sie zum spiegel der
göttlichen gnade und barmherzickeit uns für-
gestellet sind. Denn gleich wie Petrus, Paulus,
und andere heiligen unsers fleischs, bluts und
schwacheit, aus gottes gnaden durch den glauben
sind selig worden, also empfahen wir trost, durch
diese exempel, gott werde uns unsere schwacheit
auch zu gut halten, und schenken, wenn wir ihm
wie sie trauen, glauben, und ihn in unser schwacheit
anrufen.

1) 1538 statt [Wenn du aber .. amen]: Wenn
du aber segenest im geist, wie sol der, so an statt des
leien stehet, amen sagen.
2) 1538 statt [Du sagest .. dank]: Du dank-
sagest wol fein. /
3) 1538 statt [anzeigen]: anzeigt.

Der heiligen ehre stehet auch darin, das wir
uns im glauben und guten werken uben und zu-
nemen, wie wir von ihnen sehen und hören, das
sie gethan haben.
Darümb sollen die leute durch der heiligen
exempel, zum glauben und guten werken gereizt
werden, wie zun Hebreern am 13. stehet: Gedenkt
an eure fürgenger, die euch das wort gottes ge-
sagt haben, welcher ausgang schauet an, und
folget ihrem glauben.
Also vermanet S. Peter die weiber in seiner
1. episteln am 3. cap., sie sollen ihrer mutter Sara
folgen im schmuck des herzen, in sanftem und
stillem geist, und spricht: Also haben sich vor-
zeiten auch die heiligen weiber geschmückt, die
ihre hoffnung auf gott satzten, und ihren mennern
gehorsam waren, wie die Sara Abraham gehorsam
war, und hies ihnen herre, welcher töchter ihr worden
seid, so ihr wol thut, und euch nicht förchtet für
einigem scheusal1).
Von ehe sachen2).
Von der ehe sollen die pfarherr die leute
vleissig unterrichten, wie sie gott eingesetzt habe,
darümb wir gott umb hülfe bitten und hoffen
sollen in allen anstössen in der ehe. Denn weil
gott die ehe eingesetzt und gesegnet hat, Gen.
am 2. so haben sich eheleute aller gnaden und
hülfe zu gott in allen ihren nöten zu versehen und
vertrösten. So spricht Salomo in Sprüchen am 18.:
wer ein weib findet, der findet was guts, und
schöpfet ein wolgefallen von gott. Wie auch
zucht in der ehe gehalten werden, und eins gegen
dem andern gedult und liebe tragen und uben sol,
zun Ephes. am 5.; das sie3) auch nicht von ein-
ander mügen gescheiden werden, und4) eins das
ander verlassen, wie Matth, am 19. Christus selbs
spricht.
Und dieweil wir finden, das man der christ-
lichen freiheit in vielen stücken leichtfertig und
trotzig misbrauchet, und on alle not, ergernis und
unlust anrichtet, so sollen die pfarherr in den ehe-
sachen, was die grad der sippschaft und der
gleichen betrifft, bescheidenlich und vernünftiglich
leren und handeln, denn wie uns S. Paulus leret
zun Galatern5), ist die christliche freiheit nicht
dazu gegeben, das ein iglicher seine lust oder für-
witz darin suche oder büsse, sondern, das er mit
freiem gewissen, seinem nehisten zu dienst lebe
und wandele. Ir seid (spricht er) zur freiheit

1) 1538 statt [und euch .. scheusal]: und nicht
so schüchtern seid.
2) 1538 statt [Von ehesachen]: Vom ehestande.
3) 1538 [sie] fehlt.
4) 1538 statt [und]: noch.
5) 1538 statt [Galatern]: Galatern am 5.
 
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