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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0230
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Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

auf das sie die reine christliche lehre dem volk
treulich fürtragen, und sich aller rotten, secten,
verdechtiger bücher und lehr enthalten.
Und nach dem es bei dem gemeinen man,
und unerfahrnen, viel unrichtigkeit ursacht, so die
eusserlichen kirchen ordnungen, gottesdienst und
cäremonien, nicht mit reverenz, ordentlich, und
nicht gleichförmig gehalten werden, auch etlicher
pfarherr mit vleiss darinnen ungleicheit fürnemen,
so sollen sie acht haben und einsehen, damit die
cäremonien, mit den gesengen, kleidung der
priester, reichung der sacrament, als der tauf und
altars, ordentlich und gleichförmig, auch die fest,
an einem ort, wie am andern, gleich und in massen,
wie solches zu Wittemberg und Torgau geschicht,
gehalten werden, der heiligen schrift gemess, wie
solchs zu friede und einigkeit der kirchen und
lehre nütz sei.
Von der tauf.
Darumb sollen die kindlein so in nöten,
durch die weiber getauft, keins orts wieder ge-
tauft, noch auch etlich tag ungetauft gelassen werden.
Wo es auch in kindes nöten fürfiele, das die kind-
lein nicht gar geboren, sondern allein mit einem
hendlein, oder füsslein, zum gesicht kommen,
sollen dieselben kindlein nicht getauft werden,
bis sie gar zur welt bracht, es sollen aber die
jenigen, so darumb und neben sind, für solch kind-
lein ein gemein gebet zu gott thun.
Es sol auch die tauf auf keine gewisse an-
gesatzte tag, nach gefallen der priester, oder der
freundschaft. gewehlet werden.
Und der misbrauch, da etliche die kinder
nicht ins wasser tauchen, noch sie damit begiessen,
sondern streichen in allein ein tröpflein auf den
leib, oder an die stirn, sol keins wegs gehalten
werden.
Es soll auch keiner zu der gefatterschaft, bei
der taufe zugelassen werden, er sei denn unser
waren und christlichen religion, so sollen auch die
priester, so die kinder taufen, nicht fragen, wer
des kinds vater sei.
Vom heiligen hochwirdigen sacrament,
des leibs und bluts, unsers herrn Jesu
Christi.
Soll aufsehens geschehen, das die pfarrer
gleichformigen gebrauch und ordnung halten mit
der beicht, und das einem iglichen, so seine sünde
beklagt, sonderlich christliche absolution mit-
geteilet werde, und ob an einigen ort geschehen
were, das das volk ungebeicht das heilige sacrament
empfangen, oder ob das irgends ein pfarherr die
jenigen, so morgends zu communiciren gedacht
hetten, in einen haufen treten lassen, und inen

ein gemein absolution gesprochen, das sol keines
weges sein. 1
Sondern das heilige sacrament des altars sol
niemands gereicht werden, er habe sich denn zu-
vor bei seinem seelsorger angegeben, und als einen
busfertigen mit beklagung des drucks seines ge-
wissens, und was im der geistlichen güter oder
habe mangel, in gemein, oder besondern verhören
lassen, und darüber trost empfahen, da auch die
seelsorger zweifeln, das die person, die artikel
des glaubens nicht könne, sie derselben auch sonst
im catechismo verhören, damit dennoch niemand
unwissend, wer er sei, oder was er vom glauben,
oder sacrament halte, zu schmach desselben darzu
gestattet werde.
Es sol auch das heilige sacrament keinem
menschen anders, denn in zweierlei gestalt gegeben
werden. Item sie sollen darauf achtung geben,
damit das heilige sacrament nicht in ciboriis be-
halten , noch uber die gassen nach papistischem
gebrauch getragen, sondern bei den kranken die
communion halten, darumb sollen alle ciboria ab-
gebrochen sein und bleiben.
Und fürnemlich sollen sie alle priester und
pfarherr ernstlich vermanen, das ja niemand der
nun das heilige sacrament unter beider gestalt
empfangen, sich durch falsche lere wider abfüren,
noch auch einigen tyrannen so weit erschrecken
lasse, das er es anderweit in einerlei gestalt wider
empfahe, in welchem beide der es reicht, und
der es empfehet, schrecklich und greulich sündigen.
Festa.
Darzu sollen sie achtung geben, das die hohen
festa, als ostern, pfingsten, weinachten, jedes orts,
drei tage nach einander, und alle sontage, und
andere heilige und evangelische fest, ordentlich,
ehrlich, mit grossem ernst und reverenz, als gött-
lich ampt und gottes dienst, mit predigen und
gesengen, wie es die historien geben, gehalten
werde, in dem sie sich der kirchen zu Wittem-
berg, und Torgau oder Zwickau, gemess halten,
und ires gefallens aus eigenem fürnemen, kein
neu fest oder cäremonien, uber die, so dieser zeit
in unsern kirchen im brauch, nicht anrichten sollen.
So sollen sie auch durch ire befehlhaber, so
darzu verordent, nachfrage thun, und vleissig
achtung geben, damit das gemeine volk, sonder-
lich das bauers volk, sich in der kirchen züchtig,
eingezogen, wolgebere, und ehrlich erzeige und
halte, als an dem ort, da gott der herr durch sein
wort und sacrament reichung gegenwertig ist.
Wenn auch heiden und türken sich in iren
betheusern und tempeln, still mit schulgehorsam
halten, und das die jenigen, die im anders und
etwa den predigern in der kirch widersprechen,
oder mit unchristlichen geberden, sich erzeigen,
 
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