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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0240
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Die Kirchenordnungen. Ernestinisches Sachsen.

ministerium gegründet, nämlich, dass gott ihm
durch dieses ampt, und nicht anders, seine ewige
kirchen sammlet, und hat uns elenden menschen
befohlen, personen, die christliche lehr verstehen,
zu berufen, durch welcher stimm und dienst im
predigampt und sacramenten er gewisslich mit-
wirken und seligkeit geben will: so würden sie
grössern fleiss haben, die ordinatio recht und statt-
lich zu bestellen. Davon sollt man auch das volk
fleissig unterrichten, dass sie diese wohlthat gottes
lerneten erkennen und gross achten, dass gott
durch diesen beruf und dieses ampt gewisslich
wirken will, und das ministerium liebten und
hülfen erhalten. Wie wir warlich alle, ein jeder
nach seinem stand, schuldig sind, wie oft geboten
ist, und Christus spricht: wer euch verachtet, der
verachtet mich.
Es ist aber die ordinatio in den grossen
missbrauch kommen, da man rechter lehr nicht
mehr geachtet hat, und der irrthumb eingerissen
ist, man müsse priester haben, die für das volk
opfern, und mehrung dieses opfers sei der hoheste
gottes dienst.
So man nu wollte einigkeit machen und den
bischofen die ordination ernstlich befehlen, muss
zuvor einigkeit der lehr sein, wie gesagt ist. Dazu
müssen die befehl der ordination auf das predig-
ampt und reichung der sacrament gestellet werden,
nicht auf andre werk für lebendige und todten
zu opfern.
Man soll auch die gewissen nicht beladen mit
dem unchristlichen eheverbot, das alle zeit zu
grossen schrecklichen sünden vielen menschen
ursach gegeben, und ist daraus im priesterlichen
stand öffentliche heidnische unzucht und frechheit
gefolgt, welcher sünden sich alle theilhaftig machen,
die dieses eheverbot helfen stärken und handhaben.
Von der busse und beicht.
Das ist ganz öffentlich und unlaugbar, dass
die mönchlehre von der buss so verwirret und
voll irrthumb ist, dass sie nicht allein das volk,
sondern auch die scribenten nicht verstanden haben.
Sie haben eine reu gedichtet, und gesagt, die
selbige verdiene vergebung; doch wisse niemand,
wenn die selbige reu genugsam sei. Von sünden
haben sie auch schreckliche irrthumb. Die grossen
innerlichen sünd achten sie nicht, zweifel und
allerlei innerliche unreinigkeit; dagegen haben sie
eigne kindische sünde erdichtet aus menschlichen
satzungen etc.
Darnach von der erzählung, genugthuung, in-
dulgentien, haben sie so grobe irrthumb, dass man
sie greifen möcht, und ist am tag, dass sie kein
wort geredt haben vom glauben und vertrauen,
dadurch man vergebung der sünden erlanget. Und
ist also ihre lehre von der buss im grund eine

heidnische lehr, die das gewissen in zweifel von
vergebung stecken lässt, oder bauet auf genug-
thuung, wie der alcoran sagt, was man für jede
sünd thuen müsse.
Nu ist die lehr von der buss, von erkennt-
niss der sünd, von wahrhaftiger reu, und vom
glauben an Christum und von rechter besseruug
der fürnehmsten stuck eines in christlicher lehre,
und ist hoch vonnöthen, dass sie rein erhalten
werde. Und sollten wir billig gott dankbar sein
für diese grosse wohlthat, dass gott diese lehr
wiederum rein und klar seiner kirchen hat scheinen
lassen, dass gott fürchtige herzen besser wissen,
was sünd ist und nicht sünd ist, und erkennen
ihr elend und göttlichen zorn mehr denn zuvor,
und suchen gnad und trost durch Christum, und
wissen, wie sie vergebung erlangen sollen. Wer
diese erkenntniss nicht hoch und werth achtet, der
ist weit von dem christlichen wesen und verstand
weg kommen.
Dieweil denn alle verständige wissen, dass
eben dieser artikel ganz treulich und rein in
unsern kirchen gelehret und erkläret wird, und
dass ganzer christenheit nothdurft ist, dass er rein
erhalten werde: so wollen und können wir kein
änderung, keine verdunkelung und kein flickwerk
an der lehr dieses artikels willigen oder zulassen.
Und wiewohl die jetzigen neuen gaukler, die
den alten irrthumben neue färblin anstreichen,
grübeln und suchen, dass sie unser lehre tadeln:
so wissen doch alle verständigen, dass dieser
artikel in allen stucken bei uns recht und selig-
lich gelehrt wird.
So sind wir selbs geneigt, die beicht in
rechter christlicher form zu erhalten, das volk
darin zu lehren, zu verhören, item, dass der ver-
stand bleibe und dieses zeugniss der kirchen,
dass das heilige evangelium vergebung der sünden
gewisslich verkündige, in gemein und in sonder-
heit. Und so man eine heilsame reformation wollte
fürnehmen, wäre besonder nöthig, den ganzen
artikel von der busse, auch die lehr von der beicht,
privatabsolution und vom glauben dermassen zu
predigen und zu handhaben, wie wir nu oft gründ-
lichen und christlichen bericht davon gethan.
Vom bann aber und von der strafe, so dem
bann folgen sollt, wird hernach gesagt in kirchen-
gerichten. Denn jetzund reden wir noch von
christlichem brauch der sacrament.
Von der communio und mess.
So bald erstlich gott ceremonien durch Adam
und hernach durch Abel angerichtet, hat Kain
und seine nachfolger und also furthin alle gott-
losen die göttlichen ceremonien verkehret, und
mancherlei abgötterei angerichtet. Also ists auch
gangen im volk Israel, dass die ceremonien, von
 
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