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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0245
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14. Wittenbergische Reformation. 1545.

217

in der kirchen erhalten wird, nämlich also, dass
Christus selb für und für rechte predigen erwecket
und erhält, die sein gegeben evangelium rein lehren,
und, so es verdunkelt, wiederum klar machen;
und ist kräftig mit dem predigampt, sammlet ihm
sein ewige kirchen, gibt seinen heiligen geist, er-
hält also selb sein buch, predigen und schüler,
wie in Esaia geschrieben stehet, Esa, 51 : ich habe
meine wort in deinen mund gelegt, und will dich
schützen unter dem schatten meiner hand, dass
du mir den himmel pflanzen sollt etc. Und ist
diese verheissung oft wiederholet allen christen
zu grossem trost, dass wir wissen, dass gott seine
kirch, lehr und predigampt selb erhalten will.
Denn so es auf menschliche fürsichtigkeit, fleiss,
macht und schutz gebauet wäre, so hätte es einen
schwachen grund, und wäre bald ganz vertilget
mit den städten und königreichen, die zerrissen
werden, wie die heidnischen alten religion mit
ihren städten und königreichen vertilget sind.
Aber gott spricht im gedachten kapitel Esaiä, er
wolle sein predigampt und evangelium um sein
selbs willen und seines namens willen erhalten
und nicht vertilgen lassen. Also spricht Christus
auch im andern psalmen, er wolle predigen von
diesem wort: der herr hat zu mir gesagt, du bist
mein sohn etc. Diese seine predigt wird Christus
für und für thuen durch sich und seine diener,
und nicht unterdrucken lassen.
Das sei erstlich gesagt vom predigampt, dass
man wisse, dass wir bekennen, wie es auch ewige
unwandelbare wahrheit ist, dass das predigampt
und dienst der sacrament nöthig ist, und dass die
kirche daran gebunden ist, und dass kein gottes
volk, keine auserwählten sind, ohne allein in dem
haufen, da die stimme des evangelii und die sacra-
ment sind.
Zum andern ist weiter diese grosse wohlthat
zu erkennen und dafür zu danken, dass gott der
kirchen befohlen hat, dass sie selb personen zum
predigampt und dienst der sacrament wählen soll,
und will durch dieselbigen von der kirchen er-
wählten personen kräftig sein, erweckt viele unter
den selbigen, und erleucht sie mit besondern
gaben zu besserung der kirchen; wie Paulus Tito
befohlen, dass er priester in die städte setzen und
verordnen sollt, und wird der ordinatio zu Timo-
theo auch gedacht. So weiss man, dass gewöhn-
lich gewesen, dass die kirch, das ist ehrliche und
gottfürchtige personen aller stände, haben bischofe
berufen und erwählet.
Zum dritten ist wahr, dass man den personen,
die zum predigampt und dienst der sacrament be-
rufen sind, und also das hoch göttliche werk aus-
richten, das evangelium recht lehren und die
sacrament nach göttlichem befehl reichen, sie
heissen bischofe, pfarner, seelsorger oder pastores,
Sehling, Kirchenordnungen,

aus gottes befehl gehorsam in allen sachen, die
das evangelium gebeut oder verbeut, schuldig ist,
bei vermeidung ewiger verdammniss; laut dieser
spruch: wer euch höret, der höret mich, und wer
euch verachtet, der verachtet mich.
Weiter ist man schuldig, den selbigen seel-
sorgern gehorsam zu sein in den kirchengerichten,
welche mit der kirche sollen bestellt sein, also
dass der beklagte erscheinen, und, so er über-
wiesen ist, die straf annehmen soll. Darnach sind
äusserliche ordnungen der zeit und lection, so in
rechtem christlichen verstand von den seelsorgern
nach gelegenheit jeder ort gemacht werden. Darin
ist das volk gehorsam schuldig so fern, dass es
nicht ärgerlich dagegen handle zu unnöthiger zer-
trennung der kirchen.
Und in summa, dem predigampt oder ministe-
rio evangelii, dadurch gott wirket und bei uns ist,
ist man rechte herzliche ehrerbietung mit rechter
demuth schuldig, und ist der hohest gottesdienst,
dieses ministerium helfen erhalten mit nahrung,
schutz und aller gutwilligkeit. Darum auch gott
reiche belohnung den gottfürchtigen, so dem
ministerio gutes erzeigen, verheissen; wie Christus
spricht: wer dem geringsten unter den meinen
einen trunk wasser gibt, um der lehr willen, dem
soll es belohnet werden etc.
Das ist in gemein geredt vom predigampt,
das ist, von allen seelsorgern, so in der lehr und
reichung der sacrament, ihren beruf, jeder an
seinem ort, recht ausrichten.
Darüber spricht man weiter: unter diesen
seelsorgern muss dennoch eine ordnung sein; sie
haben nicht alle gleiche gaben, können nicht alle
richter sein in schweren artikeln der lehre; sie
können nicht alle die gericht ordnen und halten.
Und dieweil in dieser elenden natur für und für
allerlei gebrechen fürfallen, müssen etliche be-
sondre ort und personen sein, da man sich raths
zu erholen wisse, item, die auf andre ein auf-
sehen haben; und die selbigen ort müssen mit
personen und unterhaltung also versorgt sein, dass
es, so viel menschliche fürsichtigkeit bedenken
kann, eine beständige ordnung sei. Darum müssen
bischofe, als ein grad über andre priester, sein,
und dieselbigen müssen bestellte regiment haben,
und bedürfen viel personen zur ordinatio, zu
unterweisung der ordinanden, zur visitatio, zun
gerichten, zu rathen, zu schreiben, zu botschaften,
zu den synodis und concilien; wie zu sehen, dass
Athanasius, Basilius, Ambrosius, Augustinus viel
zu thuen gehabt, ihre und frembde kirchen bei
rechter lehr wider allerlei ketzer zu behalten. Zu
dieser ihrer arbeit haben sie viel personen brauchen
und schicken müssen etc. So nu die jetzige form
der episcopat zerrissen würde, wollte eine barbarei
folgen und eine verwüstung, der niemand kein
 
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