Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0292
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
264

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

dawider gehandelt, das im ernste und unnach-
lessliche straff widerfaren solle, sich derwegen
ein itzlicher vor schaden wissen zuvorhutten.
Und ob etliche, wie man sich denn versehen
will, zwischen der kunftigen visitation, so wils
got bald folgen wirt, der christlichen ceremonien
mit taufen, mess halten, und andern gern bericht

wissen wolte, und sich in denselbigen christlich
halten, derselbig oder dieselbigen mogen sich,
dieweil man ietzt solchs umb eile willen mit
jenem notturftiglich nicht verordenen kann, bei
denen nechsten superattendenten der stedte erholen,
do sie den guten freuntlichen und notturftigen
bericht bekommen sollen.

24. Kirchenordnunge zum anfang, für die pfarherrn in herzog Heinrichs zu Sachsen u. g. h. fürstenthum.
1539.
[Nach der ersten Ausgabe: Wittenberg 1539. Hans Lufft. 6 B. 4°. Die Abweichungen der Ausgaben von
1540 ff. und 1555 ff. sind in Anmerkungen wiedergegeben; diese Gruppen von Ausgaben werden mit A und B
bezeichnet. Vgl. oben S. 88 ff.]

Vorrede an die pfarherr und christ-
lichen leser.
Gnade und friede gottes in Christo. Dis kurze
büchlin haben wir aus befelh der oberkeit, zu
fodderung der kirchen sachen, derhalben also
einfeltig gestellet, damit etliche frome, gottfürchtige
pfarherr, welche itzund an stat der ungelerten
papisten gesetzt sind, und weiter eingesetzt werden
sollen, mögen in diesem fürstenthum (da nu die
lere des evangelii neulich ist angenomen) ein
geordent weise und form haben, sich mit denen
kirchen zu vergleichen, da allbereit vor vielen
jaren des babsts misbreuche abgethan sind.
Und dieselbigen gottfürchtigen und guten
herzen, die da recht erkennen, welch ein gros
befelh, hohe ampt, trefflich, wichtig titel das ist,
wenn sich einer schreibt seelhirt, pfarher in der
stad N. N., in dem dorf, und wie fur einen grossen
herrn und hohe maiestet die jenige treten, die,
wie Paulus sagt, fur gottesaugen, an gottes stat
predigen, leren, an gottes stat die heiligen sacra-
ment reichen, fur dem angesicht Christi und so
vieler engel, mit iren pfarkindern beten, dank-
sagen, psalmsingen etc. werden uns danken, das
wir inen brüderlich mitteilen ein christliche form,
die babstgreuel und abgötterei , in ein recht
apostolischen, christlichen gottesdienst zu ver-
endern, und werden wissen, das es billich ein
gros, teur, herzlich zucht und ernst sein sol, das
es auch billich mit aller ehrerbietung, furcht,
zittern, sol zugehen (sonderlich da die christen
gemein in der kirchen bei einander ist) wenn man
gott dienen wil.
Denn es ist recht geredt, wie die collect
lautet (so die papisten oft selbs gebraucht) deus,
cui servire regnare est. Denn welcher pfarher
treulich den namen und die gnade Christi prediget,
die tauf und sacrament in rechtem brauch reichet,
der ist freilich alle stunde ein gewaltig siegmann,
ein könig und herrscher uber die grosse macht und
schrecklichs reich des satans, der thut alle stunde

dem feind schaden, und vermehret das reich
Christi, wie auch der 68. psalm, die aposteln und
pfarher könige der heerscharen nennet.
Es ligt ein treu seelsorger alle stunde zu
felde, im heer des herrn Zebaoth, bewacht, errettet,
und schützt seine pfarkinder, wider allerlei list,
verreterei, wider so starken streit und sturm des
teufels, und ist ein pfarher oder prediger ampt,
nicht ein müssiggang oder scherzwesen, wie denn
Paulus Timotheum ein streiter und kriegsman
Christi nennet, aber davon wissen die papisten
eben so viel, als ein rind.
Denn ein recht papist ist nichts anders, denn
ein bauchdiener, der gar nichts darnach fraget,
ob er x. xx. jar in einer ganzen stad, drei, vier
tausent seele verseumet, ja ob er in stedten,
dörfern drei vier pfaren auf ein mal habe, und
unzelich viel arme seelen und gewissen jemerlich,
trostlos lasse, welche er weder leren, trösten noch
unterrichten kan, sein sorge ist nicht seelsorge,
sondern korn und meelsorge. Sein beste kunst
ist, das er sein zinsregister lese, und macht wol
das ganz jar kein feder nass, denn wenn er auf
michaelis und martini, in das register (dedit)
schreibt.
Ein recht natürlich papist ist ein solch
lesterlich unmensch, das er beides verlacht, spottet
und veracht, es sei recht, religion, oder ir eigen
erfunden schein, allerlei satzung, es sei bapst oder
evangelium, denn man weis noch wol, wie die
papisten ir eigen winkel und papisten messe
spotteten, ist gelt und presenz vorhanden (sprachen
sie) so wachsen uns die messe im leib, wie den
hünern die eier. Item wie sie ir eigen horas
canonicas verlacheten, nicht viel gelt oder korn
habe ich (sprach einer zum andern) aber gewis
retardat, und ungebetete vesper und metten habe
ich etlich boden vol.
Welche nu solche rohe böse leut sind, das
sie die religion verachten, schmehen und spotten
dürfen, die sind auch gewislich aller ander böser
lesterlicher untugent, aller sünde und schande vol,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften