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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0335
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30. Instruktion zur Visitation. Vom 3. März 1555.

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ihnen ernstlich gebieten, das sie zu bestimpter
zeit nach ides orts gelegenheit das junge volk im
catechismo obberurter unser christlichen religion
hören, dann die jugent fasset die lare nicht, so
sie nicht zu ausdrucklichem nachsprechen gehalten
wird, und sonderlich sollen sie die kirchendiener
dahin weisen, das sie in dörfern und kleinen
flecken die zeit der sontagspredigt nach mittage
also anwenden, das alsdann die jugent im cate-
chismo vorhort werde. Desgleichen sollen sie
auch die versehunge thun, das die kirchendiener
in allen stedten und dörfern die jugent und
andere unvorstendige, wann sie zur beicht und
absolution kommen, auch sonst zu ider bequemig-
keit und notturft im catechismo und also von dem
klaren vorstande der zehen gebote, symboli, der
sacrament und orationes dominicae fragen, und
in dem allen bestes vleis und christlich under-
richten, da auch ein kirchen oder schuldiener so
ungelert befunden wurde, das er das volk in der
summa christlicher lehre nicht underrichten konte,
der sol entsatzt, und in kein ander kirchspiel ge-
schoben, sondern das ampt einem andern tuchtigen
bevohlen werden.
Also sollen auch unsere visitatores den pfar-
hern und diaconen ides orts mit fleiss embinden,
das sie die kranken personen oftmals trösten
und in christlicher lahr underrichten, sonderlich
wann sie in gefehrlichen krankheiten oder todes-
noten sein.
Daneben sollen auch unsere verordente visi-
tatores eines idern orts, da sie der kirchendiener
halben erkundigunge nehmen werden, dieselben
von irem beruf und ordination befragen, und den
amptleuten, lehenhern, der pfarren und communen
bevehlen, das sie niemands zu predigen verstadten,
der nicht darzu ordentlich berufen ist, das sie
auch keinen zum pfarrampt annehmen, der nicht
mit offentlicher ordination und testimonio darzu
bestetigt ist, und weil an solcher ordination, das
diesselbe mit vleis und auf vorgehende examina-
tion geschehe, viel gelegen, sollen die jenigen, so
einen kirchendiener berufen und zu der ordination
schicken werden, denselben mit zehrunge also ver-
sehen, das er derer an den geordenten orten ab-
warten kann. Es soll auch niemand, der zuvorn
anderswo ein pfarre regiret, und vorwaltet hat,
widerumb zu einem pfarhern aufgenommen werden,
er habe dann ein gut testimonium seines vorigen
wandels und der ursachen seines abzugs vorzu-
legen. Wo aber ein pfarherr einem jungen man,
der in der hailigen schrift studiret, vergönnen
wolte, sich einsmals oder zwier, auf seiner be-
vohlenen pfarre zu üben, das sol ime bescheident-
lich zu thun, unvorboten sein, doch das derjenige,
welcher sich also üben wil, zuvorn seiner pre-
digten concept den superattendenten des pfarers,

in des bevohlenen kirchspiel er diese predigt thun
will, ubersehen lasse.
Von superattendenten.
Es sollen unsere verordente visitatorn die
superattendenten ides orts vleissig vormanen, das
sie zum oftermal die dorf pfarhern zu sich be-
scheiden, oder wo sie darzu weil haben, unvor-
markt selbst besuchen, ire predigten, desgleichen
ire pfarkinder hören, damit sie sehen mugen, was
sie lehren und wie sie leben, auch was sich die
pfarkinder und sonderlich die jugend gebessert.
Und damit sie sich des uncostens, so ihnen
auf solche besuchunge gehen mochte, destoweniger
zu beschweren, und an uns in allem deme, das
zu forderunge gottes wort auch zu wolfart und
besserunge unserer underthanen dinstlich, kein
mangel sei, so soll der superattendens, so ob-
berurter gestalt seine dorfpfarrer visitiren und be-
suchen wurde, underschiedlich verzeichnen, in
welchem dorf und auf welchen tag er daselbst
gewest, und was er vor essen und trinken aus-
gelegt habe, und da es der stadt weit entlegen,
das er ein oder zwei pferde mieten musse, was er
zu mitlohne gegeben, und uns solche vorzeichnus
alle quartal zu unsern eigenen handen uberschicken,
darauf sol ihme das ausgelegte geld erstattet
werden.
Sie sollen auch den superattendenten ides
orts auf legen, und bevehlen, das ihr ider jerlichen
in seiner bevohlenen superattendenz ein synodum
halte und sich darin bei den pfarhern darein ge-
horig, irer lahr und sitten und anderer vorfallender
gebrechen erkunden, und so er gebrechen findet,
dieselben in besserunge richten, oder den un-
gehorsam und andere mengel, dero vorrichtunge
ihme entstehet, dem negsten consistorio anzeigen.
Es soll auch den kirchvetern, ides orts da
pfarren seint, eingebunden werden, das sie ire
kirchendienere, wann sie zu solchem synodo er-
fordert, mit zehrunge versehen.
Die pastores und kirchendiener ides orts
sollen auch durch die amptleute, erbherren oder
comunen one ursach und vorwissen der super-
attendenten nicht entsatzt werden, welchs unsere
visitatorn also zu geschehen ides orts befehlen
sollen.
Unsere visitatores sollen auch von unsern
ampt und bevehlichsleuten, auch von den rethen
in stedten, kirch und schuldienern erkundigunge
nehmen, wie sich die superattendenten ides orts,
in lehr, leben und wandel, halten, und da etwan
mangel befunden, derhalb geburlich einsehen thun.
Von ceremonien.
Mit den ceremonien bei der tauf, communion,
festen und gesengen, sollen sie keine veranderunge
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