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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0337
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30. Instruktion zur Visitation. Vom 3. März 1555.

309

und bedrauung, das sie von uns den bevehlich
ketten, (wie wir ihnen den hirmit ernstlichen ein-
gebunden haben wollen,) keinen solchen verechter
zur gevatterschaft und gemeinschaft der hailigen
tauf kommen zu lassen, auch ihnen in ihren
todesnöthen das hochwirdige sacrament, welchs
sie in iren gesunden leben, aus rohem gewissen
veracht (one vorgehende rechtschaffene reu und
bus) mitzutheilen, desgleichen auch desselben ver-
storbenen leiche, mit der kirchendiener und schüler
gegenwertigkeit und christlichen gesengen und
ceremonien zu dem begrebnus keineswegs zu
beleiten.
So wollen wir auch das das offentliche schen-
ken, spielpletze, quasserei, tenze, spazierengehen
und stehen auf den kirchhofen, kremerei und
alles was von gottesdinst abziehen mochte, unter
der predigt, vor und nachmittage, durch unsere
verordente visitatores, ernstlich sol abgeschafft
werden.
Die pastores, diaconi, erbhern, rethe in stedten,
richter und etliche alte, in dörfern, sollen gefragt
werden, ob leute bei ihnen seint, die mit ehebruch
oder sonst mit unzucht, zauberei, oder ungezwei-
veltem wucher beruchtigt seint, und so imandes
streflich befunden wird, sol er alsbalde in gebur-
liche straf des leibs genommen, und sol den ge-
richtshern, schossern, ambtleuten und richtern,
ernstlich geboten werden, forthin solche untugent
zu strafen.
Von gütern so zu den pfarren, schulen
und andern geistlichen emptern ge-
widembt.
Nachdeme unsere vorfaren, die chur- und
fursten zu Sachsen, die pfarren, schulen und
anders, zu erhaltunge der kirchen, notwendig hie-
bevorn stadtlichen verordenet, sollen sich unsere
visitatores an iderm ort solcher verordenunge und
alles einkommens der pfarhern, diacon und schulen
mit vleis erkunden, auch dieselbe in ein richtig
vorzeichnus bringen und in unser canzlei uber-
antworten.
Und wann sie sich dessen also erkunden,
sollen sie fleissig nachforschunge haben, ob die-
selben einkommen und guter noch darbei seind.
Wurden sie nun befinden, das ihnen etwas durch
die erbhern, oder andere entzogen were, sollen
sie alsbalde die ernste vorfugunge thuu, das die-
selbe den pfarhern, kirchendiener und. schulen
widerumb zugeeignet werden. Weil auch umb besserer
underhaltunge willen der pastorn hiebevorn etz-
liche kirchen, so in der nachbarschaft gelegen, zu-
sammengeschlagen, sollen sie solche verordnunge
also bleiben lassen. Da auch die visitatores be-
fünden, das von wegen geringes einkommens der
pfarhern die notdurft noch were, etzliche kirchen

zusammenzuschlagen, so sollen sie solchs, doch
mit gutem willen derer, so hiran interesse haben,
verordenen, und gleichwol den pastorn daneben
bevehlen, die filial, so zu iren pfarren geschlagen,
mit vleis zu besuchen, und die mit der seelsorge
zu versehen; wurden aber sonderliche erhebliche
ursachen befunden, welcher halben hirinnen ende-
runge furzunehmen, sollen sie es mit der pastorn
und eingepfarten gutem willen, auf leidliche und
bequeme mittel handeln und warauf es behandelt,
uns dessen neben irem bedenken, berichten, wollen
wir darauf geburliche vorsehunge zu thun wissen.
Wo aber die einkommen der pfarren, an
etzlichen örten, so gar geringe, das die pastores
davon nicht nodturftig unterhalten, auch keine
kirchen mehr, zusammen geschlagen werden, noch
die eingepfarten ires unvormugens halben, etwas
mehr dabei thun kunten, derhalben sie gnugsame
erkundigunge, nicht allein von den pfarhern, son-
dern auch von den amptleuten, auch den kirch-
vetern und eingepfarten zu nehmen, bevehlich
haben, so sollen sie uns dasselbe neben irem be-
denken, wo mit solchen pfarren zu helfen, be-
richten, darauf wollen wir uns gnediglich zu er-
zeigen wissen.
Wie es mit der pfarren nach absterben
eines pfarhern sol gehalten werden.
Nachdeme sich auch durch absterben des alten
pfarhern zwischen dem nauen und des verstorbenen
weibe und kindern viel irrungen zutragen, zudeme
das man etzliche pfarren vor einem halben oder
ganzen jare mit keinem andern zu vorsehen,
sondern die seelsorge mit den umbliegenden pfar-
hern zu bestellen vormeint, welchs uns aber den
pfarkindern und umbliegenden priestern, auch dem
nauen pfarhern beschwerlich, und umb vielerlei
ursachen willen, unbequem sein deucht,
als sollen unsere verordente visitatores bei
diesem artikel ides orts diese vorsehunge thun.
Nemlich, wann ein pfarer nach dem willen gottes
vorstirbt, das alsdann die kirchveter dasselbe als-
balde dem superattendenten anzeigen.
Wann solchs geschicht, sol der superattendent
die seelsorge mit dem negsten daran gelegenen
pfarhern auf vier wochen lang bestellen, in den-
selben vier wochen sol durch unsere amptleute an
orten, da unseren amptleuten die pfarlehen one
mittel zustehen und an andern orten, die lehen-
hern, so des bishero im brauch gehabt, dem super-
attendenten ides orts einem andern angeben, und
volgends zur examination und ordination in massen
wie obgemelt, geschickt werden.
Mitler zeit aber und innerhalb obbemelter
vier wochen, ehe der neue pfarer anzeucht, so
sol zwischen ime und des verstorbenen pfarers
wittwe und kindern, ihres an und abzugs halben,
 
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