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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0353
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32. General-Artikel und gemeiner Bericht. Vom 8. Mai 1557.

325

Bei den kirchen-vätern sol er anhalten, das
sie von der kirchen-einkommen eine deutsche
biblia, augspurgische confession, und deren ob-
gemelte repetition, agenda, auch die deutsche locos
communes erkaufen, die bei der pfarr bleiben und
in das inventarium vorzeichnet werden, dieselbe
sol er und der cüster fleissig zu lesen schuldig sein.
Wann er auch von seinem superattendenten
zum synodo berufen wirdet, sol er mit einer Ver-
zeichnis seiner gebrechen gehorsamlich erscheinen,
und die zerunge zu solcher reise von den kirch-
vätern fordern, die ime von dem gottes - kasten
kraft unsers befehlichs zimlicher weise sol erstattet
werden.
Er sol auch in den sontags - predigten seine
pfarkinder oftmals vormanen zu fleissiger anhörunge
gottes worts, ofter entpfahunge des hochwirdigen
sacraments des leibes und blutes Christi, zu teg-
licher anrufunge zu gott für gut regiment, für
friede, glück und wolfart s. churf. g. und der
underthanen mit angehefter ernstlicher vorwar-
nunge, das er von s. churf. g. befehlich habe,
wider solche vorachter gottes worts zu vorfahren,
in allermas oben bei den artikeln der stadt pfar-
herrn vormeldet ist, deme er der dorf-pfarrer
dann auch also wol, als die stadt-pfarherr, gebür-
lich folge thun sollen.
Jedoch sollen die dorf-pfarherr vor erzeigunge
solches ernstes seinem superattendenten oder nech-
sten stadt - pfarherrn umb rath zu fragen schuldig
sein, damit nicht ex privato affectu und unbedech-
tig in solchen hohen dingen etwas gehandelt
werde, doraus hernach mancherlei unrichtigkeit
erwachsen möchte.
Desgleichen sol er auf der canzel strafen die
unordnungen, so etwa under der predigt auf spiel-
pletzen, zechen, tenzen, kremerei, fröhnen, diensten
getrieben würden, und die richtere oder gerichts-
vorwaltere sonderlich vormanen, doran zu sein,
das derjenige gebüsset werde, so die predigt ane
nötige ursachen vorseumet, und da die richter
uber solche vormanunge hinlessig weren, sol er
sie vor dem erbherren vorklagen.
Es sollen auch die pfarherrn auf den dörfern
gewisse register halten, wieviel, und wes kinder
und leute sie jerlich teufen, copuliren, oder in
ehestand einsegenen, und solche register also in
der kirchen vorwarunge beilegen, damit die zu
jederzeit zu befinden.
Da ein pfarherr mit tode abgehen würde, sol
der superattendens vorschaffen, das dieselbe kirche
mit der nechsten flecken pfarherr einem, oder
jemands anders, der darzu tüglich und unvor-
dechtig sei, so lange bestellet und vorsehen werde,
bis die witfrau aus den pfargütern abgefertiget
werde, welches dann nach ausgang eines viertel
jars ungefehrlich geschehen sol, damit alsbald ein

neuer pfarherr in die pfarre müge gebracht und
eingeweiset werden, und die pfarr nicht öde ge-
lassen, noch das kirchen-ampt, oder die eingepfarten
und kirchen-kindere hiran geseumet werden.
Es sol auch der superattendens neben dem
collatore, lehenherrn, rath, richtern und gemeinden
eine billiche vorgleichunge machen nach gelegen-
heit des inventarii, der zeit des jars, under dem
vordienten gewechs auf dem felde, und anderm
einkommen der pfarr, damit der witwen und iren
kindern dasjenige, so der vater seliger fast vor-
dienet hat, nicht entzogen, und doch die pfarre
nicht gar voröset und ausgeschepft werde, das der
naue pastor nachmals gar nichts finde, und lange
zeit vorgeblich dienen müsse, sondern das gleich-
heit hirinnen gehalten, keinem mehr und dem
andern weniger gegeben, oder aber sonsten aus
gefastem neide oder unvorschulter abgunst dem
einen theil unbillich vorgehalten, und dem andern
zugewendet werde.
Sonderlich sollen die superattendenten darob
sein, das dem inventario genug volge geschehe,
und alles das, so vorzeichent ist, in dem werth
und wirden bei der pfarr gelassen werde, wie es
der verstorbene pfarherr erstlich gefunden hat.
Nachdem auch an etzlichen orten die schösser
und lehenherrn sich anmassen, die pastores, so
von nauen angenomen und auf die pfarren sollen
gesetzt werden, selbst einzuweisen, und von den-
selben für solche einweisung einen gülden oder
gülden groschen zu fordern, achten s. churf. g.
solche naue auflage unbillich, und das die schösser
und lehenherrn ane das schuldig sein, den armen
unvormügenden pastorn auch ane einige vorgel-
tunge alle mögliche fürderunge gott und dem
heiligen predigt-ampt zu ehren zu beweisen, der-
halb sollen sie gar nichts vor solche einweisunge
fordern oder nehmen.
Von schulen.
Die superattendenten und pastores sollen sich
mit allem ernst und fleis der schulen annehmen,
und dieselben neben dem rath wol bestellen,
auch sol alle halbe jar ein examen der knaben
in der schulen in beisein des pfarherrs, desgleichen
bürgermeisters, stadschreibers, und anderer zwene
des raths, so es vorstehen, gehalten werden, auch
umb mehrers ansehens willen, und damit die
knaben zu grossem fleis in der lehrunge gereizet
werden, und sich auf die examina freuen und
rüsten mögen, etzliche groschen aus dem gemeinen
kasten genomen, und dafür semmeln oder der-
gleichen gekauft, und nachmals den knaben, die
in dem examine mehr dann andere löblich respon-
dirt, und sich das vorgangene halbe jar merklich
gebessert haben, als zur vorehrunge, ausgeteilet
werden.
 
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