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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0355
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32. General-Artikel und gemeiner Bericht. Vom 8. Mai 1557.

327

Also sollen sich auch die glöckner hüten und
mit vleiss vorsehen, das sie zwischen der gemeine
kirchfart und pfarherrn keine meuterei, faction,
oder widerwillen, daraus vorkleinerunge des pfar-
herrn und vorachtunge der predigt, beicht und
sacraments zu folgen pflegen, erregen, sondern
allezeit gegen irem pfarherrn freundlich, ehrerbietig,
und zu friede und einigkeit geneigt sein; do aber
anders vormarkt, sollen sie dergestalt, wie obvor-
meldet, vom ampt entsatzt, und andere fromme
und ruhige diener an ire stat geordnet werden.
Und nach dem an etzlichen orten die custodes
unbillich beschweret worden sein mit dem botkorn
oder leikauf, das sie jerlich von ihrem dienst
zween, drei oder vier scheffel korn, etwa einen
gülden der gemeine haben geben müssen im namen
und schein, als solte der custos von nauen bestellet
und gemietet werden, welchen abzug dann die
gemeine vorsoffen hat, haben die visitatores vor-
möge s. churf. g. befehlichs solche unchristliche
der armen diener beschwerunge und unleidliche
Schinderei durchaus abgeschafft und vorboten, das
kein custos forthin das geringste der gemeine zu
botkorn oder leikauf reichen oder geben sol, one
das erste mal, wan er angenommen, und mit fuhr i
geholet ist, alsdann mag er, sich mit den nachbarn
bekant zu machen, etliche groschen der dorfschaft
zu vortrinken geben, jedoch das auch in solchem
ein mass gehalten, und der naue custos nicht uber
sechs groschen zu geben gedrungen werde.
Und do die bauern iren schreibern die ge-
wönliche förderung mit holzführen, viehut, und
dergleichen wolten entziehen, darumb, das sie solch
botkorn oder leikauf nicht mehr jerlich bequemen,
sol der richter und andere obrigkeit schuldig sein,
die bauern mit ernst und betrauung harter straf
dahin zu halten, das sie iren schreibern dasjenige
thun, wie zuvorn, do sie das botkorn und leikauf
empfangen haben.
Mit der viehut sol es, soviel müglich, also
gehalten werden, das, wo die bauren des viehes
umb die zech hüteten, beide die dorf-pfarherrn
und custodes derselben zechhut gefreiet und ent-
nommen sein sollen. Dann weil solche personen
zum kirchen-dienst bescheiden und vorordnet sein,
und warten müssen, welche stund sie zum kind-
taufen, oder zu den kranken in todesnöten er-
fordert werden, können sie nicht zugleich auf
solch ir ampt warten, und auch des viehes hüten.
Derowegen sollen sie mit der zechhut nicht be-
schweret werden, auch den bauren nichts dafür
zu gelten oder zu geben schuldig sein, und gleich-
wol macht haben, ir viehe under der gemeine viehe
zu treiben, und hierinnen von den bauern nicht
gefehrt werden, welche vorpflichtet sein sollen,
vor den schaden gut zu sein, so des pfarherrs
oder cüstors viehe in solcher zechhut vorloren

würde gleich so wol, als sie den andern nach-
barn, so umb die zech selbst hüten, für den schaden
abtrag thun müssen.
Da man aber vom viehe einem bestelten hirten
lohnet, sollen pfarherr und cüstor gleiche bürden
mit den nachbarn tragen, und vor ir viehe auch
reichen und geben nach gewonheit des orts gleich
andern ohne gefehrde.
Als auch die glöckner gemeiniglich sehr ge-
ringe besoldung haben, das sie sich mit iren weib
und kindern davon nicht zu erhalten, sonsten
auch die kirchenkinder und gemeine einen müssig-
genger auf solchen dienst zu erhalten unvor-
mögend, derwegen auch gut und nötig, das hand-
wergsleute hierzu berufen und angenommen, damit
nun am kirchen-dienste kein mangel sei, so lassen
s. churf. g. nach, das die kirchner, so auf den
dörfern handwerge können, dieselben nicht ausser-
halb auf den herrn-höfen, oder sonsten, sondern
allein daheim in iren heusern zur notturft, und
nicht zu feilem kauf, den umligenden stedten und
meistern desselbigen handwergs zu nachteil treiben.
Hieran sie dann die stedte und derselben
handwergsmeistere, oder communen unbetrübt und
unvorhindert lassen sollen. Do aber zwischen stedten,
dörfern, oder derselben erbherren sonderliche vor-
trege, wie viel meistere eines handwergs jedes
orts geduldet werden solten, aufgerichtet, so sol
der kirchner um dieser s. churf. g. nachlassung
willen nicht befreiet, sondern mit in dieselbige
zal gerechnet werden.
Damit sich auch die glöckner deste bas zu
erhalten, so sollen inen, beide pfarherrn und kirch-
nern, jeder auf die quartal, und also viermal im
jar, do die kirchen vormögend, einen groschen,
oder do sie arm, auf ein quartal einen halben
groschen, und also das jar uber zwene groschen
zu geben schuldig sein.
Do auch die gewonheit, den pfarherrn und
glöcknern brot zu geben, darauf sie etzliche umb-
genge einzumanen haben, doch von vielen pauern
in deme, das sie solch brot, so inen sol gegeben
werden, ubel oder viel zu klein backen, betrieg-
lich gehandelt wirdet, so sol hinfüro ein jedes der
brot, so man dem pfarherr und glöckner zu geben
schuldig ist, eines groschen werth sein, oder, so
es geringer und dem kirchner nicht annemlich,
ein silbern groschen dafür gegeben werden.
Und weil es vorschiener zeit gewonheit ge-
wesen , das man den kirchnern auf den dörfern
den grünen donnerstag oder Ostereier, desgleichen
den heiligen abent, oder neu jar, so sie den spreng-
kessel oder geweihete wasser umbgetragen, nun
aber, weil solches gefallen, nicht mehr geben
wollen, gleichwol es umb ein geringes zu thun ist,
also das sich desselbigen jemandes zu beschweren
nicht ursache, so achten s. churf. g. gut und billich,
 
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