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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0390
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362

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

sonders aber die professores, haben solle, auch
perpetuos und immerwehrende commissarios ver-
ordnet, welche jerlich, aufs wenigst ein mal, die
universiteten visitieren, auch mitler zeit, und als
oft die hofgericht gehalten, ihre fleissige nachfrag
haben, so was ergerlichs bei denselben vorgefallen,
und wie sie es allenthalben befunden, uns genug-
samen schriftlichen bericht thun sollen, darauf wir
uns jeder zeit der gebür nach hoher schul und
gemeinem nutze zum besten zuerzeigen haben.
Desgleichen, und auf das unsere liebe getreue
unterthanen im werk zuspüren, das wir derselben
zeitliche und ewige wolfart zubefürdern zum höch-
sten begierig, haben wir auch ein notwendige
visitation der kirchen anordnen lassen, welche jer-
lichs zwei mal unnachlessig bei allen kirchen ge-
halten werden sol, darmit die diener derselben in
gebärendem fleis ihres ampts auch sampt ihren
zuhörern in christlichem leben und wandel ge-
halten, und also jedes orts gemeine, was sie an
ihren pfarrern, kirchen und schuldienern für be-
schwerliche gebrechen, fehl und mängel haben, so
sie für sich selbst, auf beschehene erinnerungen
und vermanungen nicht abschaffen und bessern,
ohn allen unkosten und beschwerlichs nachlaufen,
in wehrender visitation anbringen mögen.
Darauf alsbald auch jeder zeit die synodi bei
unserm obern consistorio des jars zwei mal an-
gestellet werden sollen, darinnen alle durch die
visitation eingebrachte mängel, soviel die lehr und
verrichtung des ampts der kirchen und schuldiener,
auch christliche zucht und abschaffung des hier-
durch gegebenen ergernis belanget, wie auch, was
sonst durch die kirchendiener ihres nottürftigen
unterhalts gebeuden, oder anderer sachen halben,
inmassen auch durch die erb und gerichtsherrn,
gegen und wider die kirchendiener, wie es namen
haben möcht, eingebracht, und bei den consistorien
wann sie sich wider die billigkeit beschweret zu-
sein erachten, gehört, erwogen und aus unserm
obern consistorio ihnen die gebür widerfahren sol,
das sie sich der billigkeit nach nicht zubeklagen
haben werden.
Wie wir denn unter andern auch, dieser ur-
sachen halben, eine gleichförmige consistorial ord-
nung, für beide unsere consistoria, zu Leipzig und
Wittenberg, begreifen und anstellen lassen, auch
darneben diesen ernstlichen befehl gegeben, das
in denselben, weil es kirchen und gewissens
sachen anlanget, unnothwendigen process ab-
schneiden, und so viel immer müglich, denselben
also anstellen, darmit die sachen, besonders wo
irrungen zwischen den kirchendienern und ihren
zuhörern den eingepfarten vorgefallen, nicht lang-
aufgezogen, sondern de simplici et plano procediert
und schleunig, weiterung und allerlei beschwer-
lich ergerniss zuverhüten, verrichtet werden.

Dieweil aber besonders umb des lasters der
unzucht und unordentlicher vermischung willen,
der zorn gottes uber die menschen kompt, wann
dieselbige nicht, vermöge seines göttlichen worts,
ernstlich gestraft werden, haben wir, so viel müg-
lich, solchem auch mit ernst zubegegnen, ein ord-
nung verfassen und mit fleis beratschlagen lassen,
daraus nicht allein die assessores in den consistorien,
sondern auch unsere amptleute, pfarrer, kirchen-
diener auf dem lande, wie auch unsere unter-
thanen und menniglich sich berichts zuerholen,
wie sie sich in solchen fellen zuverhalten, darmit
in verbotenen gradibus der blutfreundschaft oder
schwägerschaft sich niemand unwissend wider gottes
gebot und unser landsordnuug vergreife, und unsere
amptleut, wie auch die erb und gerichtsherrn,
als jedes orts oberkeit, wissen mögen, wie sie als-
bald die begangene unzucht, der gebür nach,
andern zum exempel und abscheu, zu abwendung
gottes zorn, und do es peinlich auf vorgehende
rechtsbelehrunge haben ernstlich zustrafen.
Nach dem auch in gehaltenen visitationibus
allerlei mängel und ungleichheit befunden, welche
nicht nur etliche wenig kirchen belangen, sondern
in gemein vielfeltig eingerissen sein, derwegen
hievor auch etlich general artikel, aus unserm be-
fehlch und verordnung, begriffen und in druck
verfertiget worden, darnach sich die pfarrer und
kirchendiener desgleichen auch die eingepfarten ver-
halten sollen, haben wir dieselbige gleicher gestalt
auch widerumb ubersehen, mit fleis beratschlagen,
und aus den gehaltenen synodis verbessern und
in eine ordnung bringen lassen, daraus sich die
pfarrer, kirchen und schuldiener, wie auch unsere
unterthanen wann in dergleichen sachen irrungen
oder missverstand vorfielen, sich leichlich gebüren-
des bescheids erholen, jeder sich seines ampts
und berufs in solchem allem verhalten, und ohn
alle weitleuftigkeit und unkosten durch den visi-
tatorn und superintendenten die parteien zu guter
bestendiger vergleichung gebracht, und den con-
sistoriis nicht unnothwendige vergebliche mühe
gemacht, sondern derselben, von wegen ihrer viel-
feltigen, obliegenden, hochnothwendigen geschäften,
wie billich, hierinnen verschonet werden möge.
Und darmit allen oberzelten ordnungen mit
fleis und gehorsamlich nachgesetzt werde, haben
wir bei unser regierung zu Dresden ein ober con-
sistorium verordnet, welches auch sein aufsehen
und inspection, nicht allein auf alle kirchen
sachen in gemein, sondern auch auf die andern
beide consistoria haben sol, darmit durch dieselbige
niemand wieder die billigkeit beschweret, und da
es an der execution in billichen und rechtmessigen
sachen den andern beiden consistoriis mangeln
würde, ihnen, beneben unser regierung, die hand
treulich bieten sollen. Wie dann auch hiemit
 
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