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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0432
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404

Die Kirchenordnungen. Albertinisches Sachsen.

Philippus, aus der göttlichen schrift etliche opi-
nionen, so sich mit den gemeinen rechten nicht
durchaus vergleichen, gezogen, so sollen unsere
consistorialen auch dieselbigen in guter acht haben,
und darauf, so viel derer in unsern landen bis-
anhero gehalten, und durch den brauch der con-
sistorien angenommen, die urtheil und abschied
richten und fassen.
Nachdem aber in ermelten consistoriis bis-
hero in etlichen fellen ungleiche und widerwertige
urtheil gesprochen, haben wir den assessorn aller
consistorien auferlegt, die streitigen fell beneben
ihrem bedenken zuverfassen und uns zuübergehen,
darauf wir diese verordnung förderlich thun wollen,
das in denselben durchaus auch ein gleicheit ge-
macht, und forthin gehalten werde.
Wann auch in esachen bei den consistorien
umb dispensation angesucht würde, sollen sich die
consistorialen derselben nicht mechtigen, sondern
solches jederzeit an uns gelangen lassen, und
unsers fernem bescheids darauf erwarten.
IX. Von der jurisdiction jedes consistorii, und
wer demselbigen unterworfen sein solle.
Es sol aber jedes orts consistorio, so weit
sich dasselbige erstrecket, menniglich, wes standes
oder wesens er sei, niemands ausgeschlossen, in
den hieroben ausgedruckten und dergleichen fellen
und consistorial sachen unterworfen- sein, und alle
und jede personen in jetzgemelten fellen und
sachen vor dem consistorio, darunter sie gehörig,
auf vorgehende ladung zuerscheinen, klegers oder
des beklagten stat zuhalten, daselbsten christlichs,
rechtmessigs und billichs erkenntnis und abschieds
zugewarten, schüldig sein, bei strafe, welche von
dem consistorio nach gelegenheit der verbrechenden
und ungehorsamen theil zuerkant, und unnach-
lessiglich exequirt und volnstrecket werden soll.
X. Was für strafen das consistorium und des-
selben assessorn zuerkennen und zugebrauehen
haben sollen.
Jedes consistorium und desselben assessorn
haben von uns nicht allein macht und gewalt, die
irrigen sachen zuentscheiden, und die parteien,
wie sie sich zuverhalten, zuverabschieden, und die
fürgefallene sachen durch urtheil endlich zuerörtern,
sondern auch die verbrechungen auf gebürende
mass zustrafen und ausdrücklich peenen zusprechen.
Dann ob sich wol ihr erkentnis auf leib und
leben nicht erstrecket, welchs den gerichten der
weltlichen oberkeit vorbehalten, so sollen sie doch
nichts desto weniger zu erhaltung christlicher
zucht, civiles poenas, nemlich geldstrafen, appli-
candas fisco als dem gemeinen kasten, auch ge-
fengnis zusprechen hiemit von uns gewalt und
macht haben.

So viel aber die strafe des banns belanget,
welche auch dem consistorio zu exequiren zu-
gehörig, sol das consistorium mit allem fleis und
ernst darob sein, das derselbige in keinem wege
missbraucht, und demnach kein superintendens
eigens willens oder erkendnis jemand, so ausser-
halb oder in seiner kirchen zu gevattern gebeten,
von der tauf abstosse, das hochwirdige sacrament
oder die heilige absolution verhalte, noch viel
weniger ohn alle vorgehende ordentliche vermanung
offentlich in den bann thue, sondern hierinnen
sich der ordnung von der kirchen censur, wie an
seinen ort verfasset, gemess und gehorsam ver-
halten, bei ernstlicher strafe, so sie hierüber zu-
gewarten, da sie derselben zuwider gegen jemand
etwas unbedachts oder freventlichs vornemen
würden.
Desgleichen sollen auch die consistorialen
selbst keines weges macht haben, den bann wider
jemands zuerkennen, noch darvon zu absolvieren,
sondern disfals des synodi bei unserm obern con-
sistorio erkentnis erwarten, und desselben befehlich
und verordnung jederzeit gehorsamlich mit execution
des banns oder absolvirung von demselben, nach-
kommen und solchem nichts zuwider vornemen.
XI. Von execution der urtheil und des proeess,
so in den consistoriis ergangen.
Was die assessorn in jedem consistorio handlen,
verabschieden, erkennen, sprechen, und mandiren,
dem sollen unsere unterthanen, einwohner und
zugethane gehorsamen, und gebürliche volge leisten.
Und da einer oder mehr darinnen seumig, sollen
die consistorialen macht haben, arctiora mandata,
mit bedrauung einverleibter ernstlicher peen, als
geldstrafen, gefengnissen und dergleichen zu de-
cernieren.
Wann sich aber die parteien widersetzen und
nicht pariren würden, mögen die assessorn das
brachium seculare, als unsere regierung, und die
gerichts befehlch haber anrufen, und bei ihnen
umb die endliche execution und hülfe ansuchen.
So bald auch solchs an jedes orts oberkeit
gelanget, sol nicht allein den verordenten reten in
der regierung, sondern auch andern amptleuten,
schössern, gerichtshaltern in stedten und dörfern,
und allen örtern hiemit auferlegt sein, die
schreiben, mandata, abschied und urtheil, so ihre
kraft erreichet, und davon nicht ordentlich, wie
sich gebüret, appelliret worden, stracks ohne ver-
lengerung und verzug zu exequiren und zuvol-
strecken.
Doch behalten wir uns hiemit bevor, diese
unsere consistorial ordnung in einem jeden puncten
nach gestalt und gelegenheit der sachen, wie uns
jederzeit für notwendig ansehen wird, zu erkleren,
zu mindern, oder zu mehren.
 
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