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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0436
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408

Die Kirchenordnungen. Albertinisch.es Sachsen.

denn da solche ergerliche personen in den ordent-
lichen visitationibus oder sonsten angeben, mit
welchen nicht allein per gradus admonitionum zu-
handeln, sondern das gros ergernis alsbald die
öffentliche straf erfordert, sol der visitator, vermög
habender instruction, bei den erb und gerichts-
herrn, wie auch unsern amptleuten, wenn solches
offenbar und unleugbar, diese anregung und er-
innerung thun, ob solches laster gestraft, und was
sie deshalben für bericht von ihnen empfangen,
und ob nochmals mit ernst sie die verordente straf
vorzunemen oder unnachleslich zu exequiren sich
erkleret, fleissig verzeichnen, und in nechsten
synodum berichten, und gleichwol von wegen des
gegebenen ergernis, wann solche personen weltlich
gestraft, dieselbige auch für den pfarrer erfordert,
und zur warhaftigen innerlichen buss vermanet
werden, und da sie solches erkennen und besserung
zusagen, es auch darbei bleiben, und von den
sacramenten nicht abgehalten, und also ihnen weiter
zugesehen werden sol.
Wann aber sachen vorfallen, da nicht gleich
solcher ernst der straf erfordert und durch christ-
liche freundliche vermanung oftmals ein mensch
für grosser schand und laster verhütet werden
mögen, sollen die superintendenten und derselben
adiuncten die von Christo verordente gradus ad-
monitionum mit fleis anstellen.
Nemlich, da einer nicht aus bosheit oder vor-
satz, sondern lauter einfalt in irrthumb geraten,
oder verfüret worden, das er der gemeine gottes
sich eusserte, oder von den hochwirdigen sacra-
menten enthielte, oder sonst in seinem leben
und wandel in ein ergerlichen fall geraten,
sollen durch die superintendenten die pfarrer
und kirchendiener vermanet werden, das sie solche
personen für sich allein erfordern, sie deshalben
freundlich und mit christlicher sanfmut und be-
scheidenheit anreden, und da sie der sachen ge-
stendig, wie sie denn nicht jemand aus liederlichen
und unerheblichen ursachen, aus lautern und
blossen ungegründten verdacht, oder ihrer wider-
wertigen angeben, da die sach nicht notoria oder
ein gemein ergerlich geschrei, vornemen sollen
(quoniam de occultis non iudicat ecclesia,) sie aus
gottes wort ihres irrthumbs oder Unrechten be-
richten, und sie veterlich zur besserung vermanen,
und da sie solche versprochen und zugesagt, ihnen
bis auf künftige visitation zusehen.
Da aber die besserung nicht erfolget, sondern
das ergernis je lenger je grösser wird, sol der
pfarrer die zwene kirchveter, oder in den stedten
die verordneten aus dem rat darzu ziehen, und
nach erholung der erst beschehenen erinnerung
solche person nochmals zur besserung vermanen.
So dann auch solche ohne frucht abgegangen,
sol der visitator in nechster visitation ein solchen

ergerlichen menschen vor sich erfordern und in
gegenwart seiner obrigkeit, da die zur stelle sein
kan, des pfarrers und der kirchenveter oder der
verordneten des rats daselbsten gleicher gestalt
ihme sein ergerliches leben und die verachtung
veterlicher vermanung, welche durch den pfarrer
allein und denn in gegenwart der kirchenveter
zuvorn geschehen, ernstlich vorweisen und noch-
mals zur besserung mit mehr ernst vermanen,
darzu auch diese bedreuung daran hengen, da er
sich nicht bessern würd, das er alsdenn für das
consistorium erfordert und gegen ihm ernstliche
gebürende straf, andern zum exempel, vorgenommen
werden sol.
Wann aber auch solche besserung nicht er-
folget, sol er das letzte mal vor das consistorium
erfordert, und daselbsten ihm sein lesterlich erger-
lich leben sampt verachtung aller christlicher
vermanung mit ernst vorgehalten, und er aber-
mals zur buss und bekehrung vermanet, und ihme
daneben vermeldet werden, da nicht besserung bei
ihme erfolget, das er alsdenn durch den christlichen
bann, nach der ordnung Christi, aus der gemeine
gottes offentlich geschlossen, und mit ihme ge-
handelt werden sol, wie unter den general artikeln
vom christlichen bann und kirchen censur ver-
zeichnet worden.
Dergestalt christlicher oberkeit in ihr straf-
ampt nicht gegriffen, welche sich das consistorium
nicht anmasset, noch jemand unverschuldt oder un-
zeitig ubereilt würd, wann die gradus admonitionum
gehalten, viel weniger den kirchendienern hiemit
ein papistischer gewalt gegeben, den sie ihres ge-
fallens in der kirchen zu üben, sondern der ord-
nung gottes nachgesetzt, und vermög derselben
das ergernis bei allen lastern, wie sie namen
haben mögen, durch die christliche oberkeit, deren
es angekündiget werden sol, abgeschaffet, gestraft,
und christliche zucht erhalten, darüber sich billich
niemand hat zubeklagen.
Zum sechsten, sol unser praesident sampt
seinen ihm zugeordneten consistorialen auch daran
sein, damit nicht allein in dem meissnischen
kreise unser neuen aufgerichten schulordnung
durchaus gehorsamlich und unverendert von allen
schuldienern in den particular schulen nachgesetzt,
sondern auch das dergleichen aus den andern
beiden consistorien geschehe und durch die super-
intendenten, derselben adiuncten und pfarrern
darüber in ihren wöchentlichen inspectionibus und
halbjehrigen visitationibus gehalten werden, mit
allem ernst verschaffen und deshalben an ihnen
kein mangel erscheinen lassen.
Sonderlich aber das jederzeit die armen
knaben, so vor andern mit guten ingeniis begabet,
und fleissig studieren, und soviel proficirt, das sie
zubefördern, mit fleis verzeichnet, daraus unsere
 
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