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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0449
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 421

wie auch auf die verordnete fest die historien der-
selbigen predigen, und ausserhalb fürnemer ehe-
haften ursachen keines mals unterlassen, damit
die hausveter dieselbigen als bekante evangelia
sampt ihren auslegungen ihren kindern und ge-
sinde daheime desto besser scherpfen und ein-
bilden können.
In der wochen aber, da der kirchendiener in
einer stad viel, sollen sie mit gemeinem rat die
predigten also unter sich teilen, das nicht allein
aus dem neuen testament ein evangelist oder
epistel S. Pauli, oder eines andern apostels, son-
dern auch aus dem alten testament etzliche
bücher, der christlichen gemeine geprediget und
erkleret werden.
Zum dritten, sollen die pfarrer und kirchen-
diener durch ihre superintendenten und verordnete
visitatorn vermanet und mit ernst dahin gehalten
werden, weil, gott lob, an predigten und anzal
derselben nicht mangel, darzu lange predigten nicht
bauen, dardurch das volk zum gehöre entweder
verdrossen gemacht oder aber, ehe sie das letzte
fassen, des ersten wieder vergessen, das sie nicht
lange predigen, sondern ihre predigten also an-
stellen, das sie an sonn und feiertagen, wie auch
auf die hohen fest, aufs lengste nicht uber eine
stunde, desgleichen auch die nachmittag und werk-
tag predigten eine halbe stunde, oder mehr nicht
dann aufs lengste drei vierteil stunden sich er-
strecken, damit die zuhörer bei gutem willen be-
halten und mit grossem fleis dieselbige besuchen.
Dardurch auch die kirchendiener verursachet i
werden, das nicht viel und mancherlei in einer
predigt, sondern nur etzliche wenig stück, eins,
zwei oder drei, dem volk unterschiedlich und mit
guter ordnung fürgehalten, welches auch die un-
verstendigen fassen und behalten mögen.
Sonderlich aber sollen sie sich in ihren pre-
digten befleissigen, wann sie ihre lehr mit zeug-
nissen heiliger schrift beweisen und bestetigen,
das sie die sprüche ganz, wie sie von den pro-
pheten und aposteln beschrieben und mit den
worten anziehen, wie sie d. Luther verdeudscht
hat, damit die zuhörer solche nachsuchen und
ihnen dergestalt die predigt nützlicher machen
und tiefer einbilden können.
Zum vierden. Nach dem auch die pfarrer
aus geringen, liederlichen ursachen die predigten
an werktagen, besonders zu sommerszeiten, ein-
stellen, und genzlich unterlassen, sollen dieselbigen,
ausserhalb etzlicher wochen in der ernte, wann
die arbeit am nötigsten, unnachlessig gehalten
werden, dann sich allewegen, wo nicht viel, doch
etzliche, besonders alte und erlebete personen,
sampt den kindern bei denselben finden, auch
darzu ernstlich vermanet werden sollen.
Zum fünften. Nach dem klagen eingebracht,

das die pfarrer ihres gefallens an sonn und feier-
tagen zu ungleichen stunden die predigten in den
pfarren und filialn anstellen, dardurch das volk
verhindert, das sie sich nicht auf gewisse zeit zur
predigt schicken können, solchem zubegegnen, und
das, soviel müglich, die predigt gottes worts nicht
versaumet, sollen die pfarrer, so keine filial zu-
verrichten haben, durch das ganze jahr an allen
sonn und feiertagen eine gewisse bestimpte stunde,
als im sommer auf sieben, im winter aber auf
acht uhr, gewisslich und unverlengt halten, und
ihres gefallens solche stunde nicht endern noch
verrücken.
Welche aber filial zuversorgen haben, auf das
sie mit der andern predigt im filial gleicher ge-
stalt auf gewisse, bestimpte stunde, nach jedes orts
gelegenheit, halten, auf das die mittages predigt
auch zu rechter zeit könne angestellet und ver-
richtet werden, darnach sich die eingepfarrten zu-
richten wissen, sollen sie in der kirchen, da die
communion gehalten wird, nach der zal der com-
municanten ein viertel oder halbe stunde desto
früer anfangen und solches der gemeine den son-
tag zuvor auf der canzel anzeigen, damit sie sich
haben an beiten orten darnach zurichten.
Zum sechsten. Weil sich auch befunden, das
an den orten, da neben der pfarrkirchen auch filial
zuversehen, dem pfarrer aber von wegen un-
gelegenheit des orts in beiden kirchen die predigt
für mittage zuhalten unmüglich, das die ein-
gepfarten aus keiner kirchen in die andere und
also umb der predigt willen dem pfarrer folgen
wollen, wann er nemlich an einem ort vor mittage,
uber acht tage aber am andern ort seine predigt
verrichtet, daher die in filialn und eingepfarten
dörfern oft in vierzehen tagen keine predigt haben,
und an stadt des gehörs gottes worts spazieren
oder ihrer arbeit nachgehen, sollen die verordneten
jedes orts visitatores diese anordnung thun und
nach gelegenheit der umbstende solches auf das
beste, so müglich, mit beider theil gutem willen
bestellen und die eingepfarten ernstlich vermanen,
das sie die predigt unversaumpt besuchen und
sich deshalben billich nicht zubeschweren haben.
Zum siebenden. Nach dem den pfarrern und
kirchendienern mit ernst auferleget und ein-
gebunden , das sie in iren predigten iren eignen
affect mit holhippeln, poldern oder schmehen
nicht nachhengen, sondern sich aller christlichen
sanftmut und bescheidenheit nach der lehr S. Pauli
gebrauchen, ist solches von uns keines weges
dahin gemeinet, das die kirchendiener mit ge-
bürendem, brennendem ernst und christlichem
eifer das lesterliche und gottlos leben der pfarr-
kinder nicht strafen und also die laster nicht
rüren dörfen, welche der allmechtige ihnen so
ernstlich auferlegt und befohlen, Esai. am 58.
 
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