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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0451
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40. Des durchlauchtigsten, hochgebornen fürsten u. herrn, herrn Augusten, herzogen zu Sachsen, Ordnung. 1580. 423

aus seinen diaconis oder dem superintendenten,
geweiset habe, und werden sich alle pfarrer gegen
solchen personen, so sich zu predigen anbieten,
guter vorsichtigkeit und bescheidenheit wol wissen
zugebrauchen, damit nicht ungeschickte, ungelerte,
oder verdechtige personen zu dem hochwirdigen
predigampt zugelassen, dardurch die gemeine ver-
ergert, auch sie selbst in gefahr und beschwer-
ligkeit geraten möchten.
IIII. Vom catechismo.
Dieweil keine nothwendigere predigt ist, als
des heiligen catechismi, in welchem die summa
und inhalt der ganzen heiligen schrift altes und
neuen testaments begriffen, darein auch alle andere
predigten den einfeltigen leuten zu besserm be-
richt , zu sterkung ihres glaubens in den unter-
schiedlichen stücken desselben gezogen werden
können, sollen die pfarrer und kirchendiener
ihnen ermelte predigt des catechismi vor allen
andern mit besonderem fleis angelegen und be-
fohlen sein lassen, damit der gemeine, besonders
aber das junge und albere volk denselben desto
bass verstehen lernen, und, was jeder zeit geprediget
wird, fassen mögen.
Zum ersten, sollen sie keinen andern catechis-
mum dem volk in der kirchen vortragen, noch in
der schule leren lassen, dann wie derselbig durch
weiland den hocherleuchten man doctor Martin
Luther seligen in druck gegeben, und seinen tomis
eingeleibet worden ist.
Zum andern. Damit derselbige jederman ge-
mein und wol bekant werde, sollen die pfarrer in
dörfern alle sontage vor dem evangelio den ganzen
catechismum, doch ohne die auslegung, nemlich
allein die einfeltigen wort der zehen gebot, die
artikel des christlichen glaubens, das heilige vater
unser, die wort von der heiligen tauf und dem
sacrament des altars mit lauter stimme, deutlich
und verstendlich, sampt dem morgen und abend-
segen und dem gebet vor und nach dem essen
vorsprechen, auch das junge und albere volk ver-
manen, fleissig zuhören, damit die eltern nachmals
bei ihren kindern und hausgesinde, auch daheim
zu hause denselben nützlich treiben und sie darzu
anhalten können.
Zum dritten, sollen die pfarrer und kirchen-
diener sich befleissigen, das sie den catechismum
stetigs auf eine form und weise tractieren und im
leren desselben nicht weit davon ausschweifen,
ihre kunst und geschickligkeit zubeweisen, sondern
dem jungen volk denselben aufs aller einfeltigst
fürtragen und also auch wieder von ihnen er-
fordern und examiniren und keine andern bei-
fragen, so darinnen nicht begriffen, gebrauchen,
dann das arme junge ungeschickte volk irre ge-
macht wird und wenig behalten kan, so man gar

weitleuftig und mit ungleicher form und weise
zureden, den catechismum handelt.
Darzu die pastores in stedten und dörfern,
besonders das junge volk, die kinder, knecht und
megde fordern und die eltern, herrn und frauen,
ernstlich ermanen sollen, das sie dieselbigen fleissig
zu solcher predigt und auslegung des catechismi
schicken und bei ernstlicher straf solche nicht
verseumen, und da ihnen ein stück des catechismi
vorgehalten und ausgeleget worden, die eltern,
herrn oder frauen, sie daheim befragen, was sie
daraus gelernet und behalten, dardurch sie gleich
von kindheit an aufgemuntert und gewenet werden,
fleissig auf die predigt zumerken.
Zum vierden. Nach dem das junge volk in
der wochen von wegen des ackerbaues und anderer
arbeit verhindert, das sie nicht leichtlich zur kirchen
kommen, soll der catechismus alle sonn und feier-
tage nach mittage dem jungen volk auf weise und
mass, wie droben vermeldet, gepredigt, die epistel
aber mit einer kurzen summa gelesen und auf
einen andern tag in der wochen ausgeleget werden,
auf welchen tag denn gleicher gestalt, oder einen
andern, der pfarrer das examen im catechismo
mit den jungen kindern halten sol.
Es sollen aber die pfarrer die gelindigkeit
gebrauchen, das sie das arme, einfeltige, arbeit-
sam volk nicht ubel anfaren und von solchem
wochentlichen verhören abschrecken, sondern fein
freundlich ansprechen und in der erste mit ziem-
licher antwort zufrieden sein, die den catechismum
gelernet, loben, die andern locken und zur besse-
rung vermanen mit erzelung der frucht und
nutzes, so aus solchem lernen erfolgen werde.
Es sollen auch die pfarrer die hausveter und
hausmütter von der canzel vermanen, das sie ire
kinder und gesinde mit freundligkeit zu solchem
examen weisen und halten, auch zu gutem exempel
und anreizung der jugent selbst unbeschwerlich
und willig zu der verhör sich einstellen wolten.
Da aber in den dörfern zum examine des
catechismi, besonders in den filialn, oder da
sonsten so viel volks in eine pfarr gewidemt, das
es dem pfarrer alles zuverrichten unmüglich,
solchs den küstern oder kirchnern zu halten be-
fehlen (welchs doch anders nicht geschehen soll,
denn da sie zuvor durch ein ernstlich vorgehend
examen, bei dem consistorio gehalten, hierzu
tüchtig erkant) und sol ihnen gleicher gestalt
ernstlich eingebunden werden, das sie den cate-
chismum fleissig treiben und in befragunge und
verhörung der jugent gleichmessige bescheidenheit
gebrauchen auf form und weise, wie oben ver-
meldet.
Und darmit das gesinde beten lerne, sollen
die eltern etzliche stunden in der wochen selbst,
besonders aber, wann sie vom essen gehen, oder
 
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