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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0495
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44. Etliche visitation verordnung und artikel zu Freiberg aufgericht, anno domini 1538.

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folk sich in die sache weiss zu schicken, und die
jungen gesellen, sich solchs greulichs haus zu ent-
halten, gewehnen.
Wasser, salz, fladen, wurz, palmen, habern und
dergleichen sall hinfurt nicht geweihet werden,
desgleichen sollen die weiber nach iren sechs
wochen nicht eingeleitet werden, sondern es sol
einer itzlichen nach deme sie sich kreftig befindet,
zur kirchen zu gehen und gotte umb gethane be-
gnadunge irer geburt zu danken, gar nicht vor-
kerlich sein.
Es sollen hinfurder die beichtfeter von den
leuten nichts vordem, nach in der beicht nehmen,
ob mans ihnen gleich auch ungefordert und also
von guten willen geben wölte.
Die tumherrn, prister, predigen und andere
der kirchendiener und personen söllen auch un-
vorpflicht sein, in koer röcken zu gehen und stehen,
sondern mögen sich eines ehrlichen cleides ge-
prauchen.
Die pfarrer und predigen sollen stets ohne
44. Etliche visitation verordnung und arti
[Nach Weimar Ji. Nr. 1127. Auf der Rückseite des let:
artikel zu Freiberg gestellt gewilligt und
[1.] Nachdem der durchlauchtig hochgeborn
furst und her, her Heinrich herzog zu Sachsen, land-
grave in Duringen und marggrave zu Meissen aus
furfallenden hendeln, auch kunftige irrung, un-
richtickeit und beschwerung mit gottes hulf zu-
verhuten, verursacht, geburlich einsehung in sachen
die religion und gottes wort belangend zuhaben,
als ist bis auf ferner bestellung eines wesentlichen
superattendenten der wolwirdig und wolgelart her
Leonhard Bayer magister, pfarrer zu Zwickau,
ein zeit lang zu einem superattendenten gin Frei-
berg verordent.
2. Sonderlich mit disem ausgedruckten bevel,
die sachen mit gottes hulf mit allem vleis dohin
zurichten, das die predigten und lare des heiligen
evangelii eintrechtig gefurt, auch die prediger one
zwitracht der lere und mit dem eusserlichen
wandel on jemands ergernis bei einander stehen
und leben mochten, und do der gemein man aus
voriger zwitracht der prediger ergernis genommen,
das dieselbe durch gottes gnad wider daraus ge-
furt und in einickeit wider zusammen gehalten
werden.
[3.] Dieweil auch so vil befunden, das unmog-
lich das grosse folk und comun zu Freiberg in einer
einigen kirchen mit reichung des hochwirdigen
sacraments des waren leibs und bluts Christi nach
notturft genugsam zuversorgen, derhalben soll man
hinfur alle sontag und hohe feste Christi unsers
lieben hern und heilands, auch Marie der reinen
junkfrauen, die sich auf die feste Christi zihen

unterlass das ganze jar uber den catechismum
predigen und von wort zu wort ufs einfeldigste
auslegen, das also der grund christlicher lehr ahne
aufhoren in der kirchen gehandelt werde, und
dieweil man befindet, das viele leute nicht beten
können, mögen die prediger zuweilen schwere
evangelion auf die sontage nachlassen zupredigen
und an derselbigen statt den catechismum getreu-
lich treiben, domite doch die alten leute beten
lern und volgent auch ire kinder rechtschaffen
und grundlich wissten zu lernen.
Dise artikel zeigen das nötigste und grobste
alleine an, so in den pfarreien sal geendert
werden und hinfurt also gehalden werden. Aber
die pfarrer sollen die biblien furnehmlich deutsch,
so doctor Martin Luther verdolmetscht, welche sie
verstehen können, item das büchlein der curfürst-
lichen visitationen zu Sachsen lesen und sich dar-
nach richten und bei ungenediger straf wider gottes
wort nichts leren, tuen oder fuernehmen.
el zu Freiberg aufgericht, anno domini 1538.
en Blattes findet sich die Aufschrift „Die neue visitation
zu dank allenthalben angenommen 1538.“]
in dreien kirchen, als nemlich im stift, zu Sant
Niclas und zu Sant Peter, hochbemelte getliche
sacrament des waren leibs und bluts Christi reichen.
4. Doch diser gestalt, das hinfurt nicht mer
denn ein einiger pfarrer und superattendent zu
Freiberg sein soll, in welches billichen gehorsam
die andern prediger und diacon in christlichen
und kirch sachen sein sollen.
5. Das auch der prediger zu Sant Niclas in
seinem ampt und dienst bleiben soll.
6. Dergleichen sollen auch die ander kirchen
zu Freiberg ir predigten und reichung der heiligen
tauf wie bisher behalten.
7. Desgleichen auch das junkfrau closter iren
prediger und tauf behalten sollen.
8. So auch zu weiln etliche junkfrauen com-
municirn wolten, so soll ir prediger die christlich
mess halten und inen das getlich sacrament nach
einsetzung Christi reichen.
9. Nachdem dann an den enden, do das
evangelion rein gepredigt, nicht ublich ist, das man
in der wochen ausserhalb der hohen feste mess
halte, demnach soll hinfur in der wochen kein
mess gehalten werden
10. So es aber zu sterbenden leuften oder
sonst zu ferlichen krankheiten kome, mag ein
superattendent und pfarrer auf vorgeend anzeigung
entweder eine kurze mess mit einer kurzen christ-
lichen predigt, oder nach der predigt mit des er-
wirdigen und hochgelarten hern doctor Martin
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