596 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder
mit barmherzigkeit lindern, von wegen des vor-
diensts und fürbits deines allerliebsten sohns Jesu
Christi unsers herren willen. Darumb bitten wir
dich, du wollest unser wolverdienten strafen gne-
diglich lindern, und alle betrübten, die dich an-
rufen, mit deinem heiligen geist trösten, das sie
in rechtem glauben und rechter anrufung bleiben,
und deine barmherzigkeit in ewigkeit preisen.
Amen.
Leisnig.
Hilfsmittel: Cochlaeus, Commentaria, 1549, S. 84; Kamprad, Leisniger Chronika,
S. 251 ff.; Seckendorff I, § 137, 138; Plitt, Einl. in die Augustana 1, 336; Richter,
Geschichte der Kirchenverfassung, S. 20; Koffmane, Luther und die innere Mission. Berlin
1883. S. 49 ff.; Riggenbach, Das Armenwesen der Reformation. Basel 1883. S. 16 ff.;
Nobbe, Regelung der Armenpflege im 16. Jahrhundert, in Zeitschrift für Kirchengeschichte
10, 569 ff.; Hering, in Studien und Kritiken, 1883 S. 661 ff., 1884 S. 247 ff., 253 ff., 1885
S. 195 ff., 242 ff.; Uhlhorn, Christliche Liebesthätigkeit III, 1890, S. 62 ff.; Köstlin,
Luther (2. Aufl.) I, 587; Kolde, Luther II, 122 ff.; Ehrle, in Jahrb. der Görres-Gesellschaft
9, 437 ff.; Anacker, Über die Kasten-Ordnung der Gemeinde Leisnig, in Mittheilungen des
Geschichts- und Alterthums-Vereins zu Leisnig, 1881, 6. Heft; Kawerau, in Luther’s Werke.
Weimar 1891. 12, 1 ff.; Derselbe, Zur Leisniger Kasten-Ordnung, im Neuen Archiv für
sächsische Geschichte 3, 78—85; Nobbe, Die Ordnung des Kirchenwesens zu Leisnig durch
die kursächsische Visitation von 1529. (Mittheilungen des Geschichts- und Alterthumsvereins
zu Leisnig. 1886. Heft 7); Zesch, Geschichtliche Entwickelung des Leisniger Stadtschul-
wesens bis zur Wende des 16. Jahrhunderts, in Mittheilungen des Geschichts- und Alterthums-
Vereins Leisnig. 1898. Heft 11; Rudolph, in Neue sächs. Kirchengalerie. Herausgeg. von
Buchwald. 1. Bd. (Ephorie Leisnig.) Leipzig 1900.
Archive: Dresden, H.St.A.; Ernestinisches Gesammtarchiv zu Weimar; Rathsarchiv zu
Leisnig; Pfarrarchiv zu Leisnig (woselbst namentlich das Original der Kasten-Ordnung).
I. In dieser kurfürstlichen Stadt fand die neue Lehre bald Eingang. Luther weilte
auf Bitten der Gemeinde 1522 dortselbst und berichtete dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen
von der Abschaffung der alten Gebräuche (de Wette II, 379 ff.). Vermuthlich wurde bei dieser
Gelegenheit auch mit Luther die Kasten-Ordnung durchberathen, welche Anfang 1523, von den
Predigern Heinrich Kind und Joh. Gruner redigirt, von der Gemeinde angenommen wurde.
Mit einem Begleitschreiben vom 25. Januar 1523 wurde sie an Luther übersendet. Dieser
sprach seine Zustimmung aus, und man ging nunmehr an die Einrichtung des Gemeinde-
kastens. Dieselbe stiess jedoch auf Schwierigkeiten, da der Rath Bedenken trug, seine Rechte
bezüglich der Stiftungen u. s. w. zu Gunsten der Kastenvorsteher aufzugeben. Luther kam in
demselben Jahre nach Leisnig, um die Schwierigkeiten zu beseitigen. In der Visitation von 1529
wurde die Kasten-Ordnung durch die Visitatoren und damit durch den Landesherrn bestätigt.
Noch 1599 wurde, wieKawerau in Weimarer Luther-Ausgabe 12, 7 hervorhebt, als sich bei
der Visitation zeigte, dass der gemeine Kasten in die alleinige Verwaltung des Rathes ge-
kommen war, auf die Kasten-Ordnung verwiesen. Dieselbe ist also nicht Entwurf geblieben
(so Richter u. A.), sondern Gesetz geworden und auch in’s Leben getreten, wenn auch viel-
leicht nicht in allen ihren Punkten. Über die praktische Durchführung der Ordnung vgl.
Zesch, a. a. O. S. 29 ff.
Die Original-Handschrift befindet sich in Leisnig im Pfarrarchive (Beschreibung bei
Anacker S. 49; Kawerau, a. a. O. S. 9; eine Abschrift im Weimarer Archive). Sie führt
den Titel: „Brüderliche voreinigunge des gemeinen kasten ganzer eingepfarten vorsamlunge
zu Leisnek.“ Luther liess sie in der Hoffnung, „dass sie ein gemein exempel würde, dem
mit barmherzigkeit lindern, von wegen des vor-
diensts und fürbits deines allerliebsten sohns Jesu
Christi unsers herren willen. Darumb bitten wir
dich, du wollest unser wolverdienten strafen gne-
diglich lindern, und alle betrübten, die dich an-
rufen, mit deinem heiligen geist trösten, das sie
in rechtem glauben und rechter anrufung bleiben,
und deine barmherzigkeit in ewigkeit preisen.
Amen.
Leisnig.
Hilfsmittel: Cochlaeus, Commentaria, 1549, S. 84; Kamprad, Leisniger Chronika,
S. 251 ff.; Seckendorff I, § 137, 138; Plitt, Einl. in die Augustana 1, 336; Richter,
Geschichte der Kirchenverfassung, S. 20; Koffmane, Luther und die innere Mission. Berlin
1883. S. 49 ff.; Riggenbach, Das Armenwesen der Reformation. Basel 1883. S. 16 ff.;
Nobbe, Regelung der Armenpflege im 16. Jahrhundert, in Zeitschrift für Kirchengeschichte
10, 569 ff.; Hering, in Studien und Kritiken, 1883 S. 661 ff., 1884 S. 247 ff., 253 ff., 1885
S. 195 ff., 242 ff.; Uhlhorn, Christliche Liebesthätigkeit III, 1890, S. 62 ff.; Köstlin,
Luther (2. Aufl.) I, 587; Kolde, Luther II, 122 ff.; Ehrle, in Jahrb. der Görres-Gesellschaft
9, 437 ff.; Anacker, Über die Kasten-Ordnung der Gemeinde Leisnig, in Mittheilungen des
Geschichts- und Alterthums-Vereins zu Leisnig, 1881, 6. Heft; Kawerau, in Luther’s Werke.
Weimar 1891. 12, 1 ff.; Derselbe, Zur Leisniger Kasten-Ordnung, im Neuen Archiv für
sächsische Geschichte 3, 78—85; Nobbe, Die Ordnung des Kirchenwesens zu Leisnig durch
die kursächsische Visitation von 1529. (Mittheilungen des Geschichts- und Alterthumsvereins
zu Leisnig. 1886. Heft 7); Zesch, Geschichtliche Entwickelung des Leisniger Stadtschul-
wesens bis zur Wende des 16. Jahrhunderts, in Mittheilungen des Geschichts- und Alterthums-
Vereins Leisnig. 1898. Heft 11; Rudolph, in Neue sächs. Kirchengalerie. Herausgeg. von
Buchwald. 1. Bd. (Ephorie Leisnig.) Leipzig 1900.
Archive: Dresden, H.St.A.; Ernestinisches Gesammtarchiv zu Weimar; Rathsarchiv zu
Leisnig; Pfarrarchiv zu Leisnig (woselbst namentlich das Original der Kasten-Ordnung).
I. In dieser kurfürstlichen Stadt fand die neue Lehre bald Eingang. Luther weilte
auf Bitten der Gemeinde 1522 dortselbst und berichtete dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen
von der Abschaffung der alten Gebräuche (de Wette II, 379 ff.). Vermuthlich wurde bei dieser
Gelegenheit auch mit Luther die Kasten-Ordnung durchberathen, welche Anfang 1523, von den
Predigern Heinrich Kind und Joh. Gruner redigirt, von der Gemeinde angenommen wurde.
Mit einem Begleitschreiben vom 25. Januar 1523 wurde sie an Luther übersendet. Dieser
sprach seine Zustimmung aus, und man ging nunmehr an die Einrichtung des Gemeinde-
kastens. Dieselbe stiess jedoch auf Schwierigkeiten, da der Rath Bedenken trug, seine Rechte
bezüglich der Stiftungen u. s. w. zu Gunsten der Kastenvorsteher aufzugeben. Luther kam in
demselben Jahre nach Leisnig, um die Schwierigkeiten zu beseitigen. In der Visitation von 1529
wurde die Kasten-Ordnung durch die Visitatoren und damit durch den Landesherrn bestätigt.
Noch 1599 wurde, wieKawerau in Weimarer Luther-Ausgabe 12, 7 hervorhebt, als sich bei
der Visitation zeigte, dass der gemeine Kasten in die alleinige Verwaltung des Rathes ge-
kommen war, auf die Kasten-Ordnung verwiesen. Dieselbe ist also nicht Entwurf geblieben
(so Richter u. A.), sondern Gesetz geworden und auch in’s Leben getreten, wenn auch viel-
leicht nicht in allen ihren Punkten. Über die praktische Durchführung der Ordnung vgl.
Zesch, a. a. O. S. 29 ff.
Die Original-Handschrift befindet sich in Leisnig im Pfarrarchive (Beschreibung bei
Anacker S. 49; Kawerau, a. a. O. S. 9; eine Abschrift im Weimarer Archive). Sie führt
den Titel: „Brüderliche voreinigunge des gemeinen kasten ganzer eingepfarten vorsamlunge
zu Leisnek.“ Luther liess sie in der Hoffnung, „dass sie ein gemein exempel würde, dem