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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0626
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598 Die Kirchenordnungen. Die Städte und Ortschaften der ernestinischen und albertinischen Länder.

109. Ordnung eines gemeinen kastens. Radschlag wie die geistlichen guter zu handeln sind. 1523
[Nach dem Drucke in der Weimarer Luther-Ausgabe 12, 16—30.]

In dem namen der heiligen ungeteilten drei-
faldikeit, amen.
I. Wir erbar manne, rat, viertelmeister,
edelsten und gemeine einwoner der stadt und
dorfer eingepfarter versamlunge und kirchspiels
zu Leisnek. Nachdem durch die gnade des all-
mechtigen gotes, aus offenbarunge christlicher
evangelischer schrifte, wir nicht alleine ein be-
stendigen glauben, sunder auch gruntlich wissen
entpfangen, das alle innerliche und eusserliche
vermogen der christglaubigen zu der ehre gottes
und liebe des nechsten eben christen menschen,
nach ordenunge und aussatzung gotlicher warheit,
und nicht nach menschlichem gutdunken, dienen
und gereichen sollen,
bekennen und thun kund hierumb gegen-
wertiglich, das wir fur uns und unser nachkomen,
nach gehabtem zeitigen rathe der gotlichen schrift-
gelerten, diese nach folgende bruderliche ver-
einigunge zwischen unsere gemeinsamkeit, die
itzunt ist und kunftig sein wirdet, treulich und
unverrucklich gehalten zu werden, ufgerichtet und
beschlossen haben. Nemlich
Bestellunge des pfarrampts.
Wir wollen und sollen zu aller zeit unser
christliche freiheit, sovil die bestellung unsers ge-
meinen pfarrambts mit berufung, erwelunge,
setzunge und entsetzunge unser selen sorger,
alleine zuverkundigung des gottes worts und mit-
teilunge der sacrament, belangen thut, nicht
anders, dann nach aussetzung und verordenung
gotlicher biblischer schrifte handeln, uben und
gebrauchen. Und in solchem erzgeistlichen fur-
nemen, als die armen, einfeltigen, der gotlichen
schriftgelerten bewerlichen, wolgegrunten unter-
weisung und ratschlage in warer demut gehorsam-
lichen, durch die gnade gottes underwurfen und
gefolgig sein, wie wir des eine klare verzeichnus
bei uns in unser gemeinen verwarung haben und
unverandert enthalden werden soll.
Vom anhoren gottlichs worts.
Wir wollen und sollen, auch ein jeder haus-
wirt und hauswirtin in unserm kirchspiel, fur sich
selbst auch seine kinder und hausgesinde, dahin
zuhalten aus christlicher liebe verpflichtet sein,
das heilsame, trostliche wort gottes zu geordenten
tagen und stunden, sovil uns got gnade verleiet,
treulich anhoren und zur besserunge einbilden.

Ehre und gebot gotes handhaben.
Uber der ehre gottes wollen und sollen wir
hauswirte und hauswirtin, sovil wir von got gnade
haben, ein jeder in seinem haus, fur sich selbst,
kinder und hausgesinde, vestiglichen halten. Offent-
liche gottes lesterunge, ubermessig zu trinken,
hurerei, betriegliche toppel spiel, und andere sunde
und laster , welche gotlichen geboten gestracks und
wissentlich entkegen, mit ernstem vleis vermeiden,
verhuten und weren. Ab auch bei einigem unser
gemeinsamkeit hir inne verhenknuss oder unfleis
vermerkt wurde, sall alsdan eine ganze eingepfarte
versamlunge gut fug und macht haben, sich hir-
umb anzunemen, durch geburliche mittel, hulfe
und zuthun der obrigkeit, solchs zu wirdiger strafe
und seliger besserung zubringen.
II. Vermogen, vorrath und einnahme
zum gemeinen kasten.
Uf das nun unser christlicher glaube, in
welchem alle guter zeitlich und ewiglich von dem
ewigen gott durch unsern herrn und seligmacher
Christum, aus lautern gnaden und barmherzigkeit,
erworben und uns mitgeteilet, zu eigentlicher
frucht der bruderlichen liebe, und die selbige liebe
in die warheit und werke der milden gutigkeit
komen und gefurt werden mogen, haben wir erst-
gnante gemeine eingepfarte versamlunge, fur uns
und unser nachkomen, in volkomener einmutig-
keit, ein gemeinen kasten verordent, erhaben und
ufgerichtet, verordenen, erheben und ufrichten
denselbigen hiermit gegenwertiglich in kraft dieser
unser bruderlichen vereinigunge, uf meinunge,
masse und gestalt, wie volget.
Zu dem vermogen und vorrathe in den ge-
meinen kasten sollen diese namhaftige stucke,
zinse, guter, gerechtigkeiten, gelt und habe, allent-
halben zu haufe geschlagen, eingesamlet, gebracht,
als ewig verwidembt und einverleibt sein und
bleiben.
Ein nahme pfarrguter und gerechtigkeit.
Alle guter und gerechtigkeit, erblehen, erb
und gatter zinse, erbgerichte, haus, hofe, garten,
acker, wiesen, vorrathe und farende habe, nichts
ausgeschlossen, sovil allenthalben zum pfarre und
seelsorger ambt, alhier bei uns, durch die anfeng-
liche stifter und volgende mehrer, dar zu gegeben,
verordent, und uber vorwerte zeit gehorig und in
gebrauch gewesen. Welche guter und gerechtig-
keit allenthalb wir eingepfarte versamlunge, wes
wir von wegen unsers gemeinen pfarrambts, fugs
 
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