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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0651
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121. Verordnung der Visitatoren zu Oschatz. 1539.

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scheune, darinnen seine früchte erhalten werden,
innen zu haben und zu gebrauchen nachgelassen
sein, jedoch dass er solches alles nach vollendung
berührter zeit zu enträumen und dem rath zuzu-
stellen hat. So dann, wie gemeldet, die pfarre
den visitatoren anstatt des landesfürsten ledig auf-
getragen und zugestellt, so haben sie derselben
und aller andern geistlichen erledigten lehen und
gestiften' (so itzo in dieser christlichen noth-
wendigen veränderung ferner zu halten sich nicht
gebühren will,) einkommen, nutzung und zinsen,
so sich ungefähr auf die 500 gulden erstrecken,
diese nachfolgenden 2 jahre einem ehrbaren rath
zugestellt und eingeräumt. Und dieweil diesorts
zu kirchen - und schulämtern zum wenigstens
10 personen erforderlich sind, als ein pfarrer, der
superattendent mit sei, ein prediger, ein diacon,
kirchner, organist und calcant, auch schulmeister
sammt einem bacalaureurs und cantor und letzt-
lich eine weibsperson zu aufrichtung einer jung-
frauen- oder mädchen-schule, welche wie man sich
versieht, soweit als man sie nicht vor der hand
hat, zu erlangen sein werden, so werden sie hierzu
mit namen deputirt und ihre besoldung folgender
gestalt verordnet 5 es sollen nämlich gegeben und
gereicht werden ihm, Antonius Just, dem pfarrer
und superattendent, anderthalbhundert gulden,
ihm, Christoffel Strobel, dem prediger einhundert
gulden, ihm, Jacob Kelner, diacon, siebenzig
gulden, dem kirchner und organist je dreissig
gulden, dem calcanten fünf gulden, dem schul-
meister achtzig gulden und seinen zweien ad-
juvanten jeglichem fünfzig gulden, und der frau
zur mädchenschule fünfzehn gulden neben dem
precio, so sie von den kindern auf ermessung des
superattendenten und eines raths zu gewarten haben
soll, jedoch dass die unvermöglichen in dem ver-
schont werden sollen.
Und sind die obgemeldeten personen des kirch-
ners, organisten, calcanten, schulmeisters und baca-
laureus an ihren ämtern, wie sie daran gefunden,
gelassen worden, auch will ein ehrb. rath zu
Oschatz die jahresbesoldung und unterhaltung
einer jeglichen obvermeldeten person, oder so an
deren stelle kommen möchten, auf ein jeglich
quartal den vierten theil, und aufs nächste anzu-
fangen, die nächsten zwei jahre von wegen ob-
berührten einkommens der pfarre und anderen
geistlichen lehen und gestiften reichen und geben,
auch was darüber zuzubüssen, ihm selbst zum
besten gutwillig und unbeschwert, ersetzen, sowie
die vorgemeldeten personen, pfarrer und diacon,
mit nothdürftiger behausung, und des gebäudes
halben mit unterhaltung derselben versorgen und
versehen. Und dass ein rath hierzu desto besser
kommen möge, so soll ihm auch das opfergeld,

auch das precium (schulgeld) der schüler zu
empfahen und einzunehmen gebühren, jedoch dass
die armen knaben, die solch precium nicht zu
geben vermögen, verschont bleiben.
Nachdem aber hiebevor den kirchen- und
schuldienern andere zugänge zugestanden und ge-
hört haben, als taufgeld, aufgebotgeld und wenn
die leichen zur erde bestattet werden, oder was
dergleichen mehr sein mag, und ob ihnen nun
dieselbigen zugänge hinfürder zu erhalten, auch
wie viel, das soll auf eines zukünftigen super-
attendenten und eines raths bedenken gestellt sein,
aber doch in allewege, da jedes dergleichen ferner
zu geben für gut angesehen würde, dass die un-
vermögenden damit nicht begriffen oder beschwert
werden. — Ob sichs auch zutrüge, dass die ob-
gemeldeten personen des pfarrers und des einen
diacon, beide von Rochlitz, nicht zu erlangen, so
wird unserm landesfürst, seiner fürstl. gnaden,
pfarrer und superattendenten nach seinem willen
und gefallen anhero zu verordnen vorbehalten
sein, oder werden sr. fürstl. gnaden jetzt verordnete
visitatoren einen andern zum förderlichsten be-
stellen und verordnen • mit welches superatten-
denten und eines raths sämmtlichen willen und
gefallen die andern kirchen- und schuldiener, so
oft es noth, von neuem anzunehmen oder die an-
genommen , so es auch noth, zu enturlauben
haben sollen.
Es sollen auch die obgemeldeten kirchen- und
schuldiener dem pfarrer und superattendenten
dieses orts in ziemlichen und gebührlichen sachen
gehorsam und unterwürfig sein, welcher auch
nicht allein allhier in dieser stadt, sondern der
anderen umliegenden ämtern als Mühlberg und
Döbeln als superattendent geordnet sein soll.
Dagegen sollen der pfarrer und caplan zu
Oschatz predigen auf tage und masse wie her-
nach folgt:
Am sonntag in der pfarre zu S. Egidius soll
der pfarrer und superattendent das evangelium
dominicale morgens zu gewönlicher zeit predigen,
nachmittags soll der prediger um zwölf die epistel
vom sonntag predigen und mit fleiss auslegen,
oder den katechismus zum anfang, wie es der
pfarrer für das beste ansieht.
Die woche durch soll der prediger oder ein
diacon auf den montag, dienstag früh zu be-
quemer zeit die epistel Pauli ad Titum predigen,
wenn die aus ist, die epistel zu den Collossern
vornehmen, und wenn die geendet, soll er sie
wieder vorne anheben, dass also die summe christ-
licher lehre dem volk daraus also möge gebildet
werden; auf den donnerstag und freitag soll der
andere diacon den evangelisten Matthäum predigen
itzund zu einem anfang.
 
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