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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (1. Band = 1. Abtheilung, 1. Hälfte): Die Ordnungen Luthers, die Ernestinischen und Albertinischen Gebiete — Leipzig: O.R. Reisland, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.26586#0749
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167. Zwickau. Verordnung der Visitatoren für Zwickau. 1529.

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bede rat und vorsteher gemeinen kastens .... sich vereinigt, wie es sich nun hinfort zutragen
wird, dass ein pfarrer. mit tod abgehen würde, so sollen die andern des abgangenen
ampt und stat ein halb jahr nach seinem tode versorgen .“ (weib und kinder sollen
dieses halbe jahr das volle Einkommen beziehen, dann aber die behausung räumen) und „also
irer anforderung genzlichen abgefertigt sein und bleiben. Solche begnadigung haben (folgen die
Namen der Pfarrer) mit dank angenommen.“
Die Verordnung von 1556 nimmt auf diese Regelung der Reliktenversorgung Bezug.
Sie fasst auch die Fürsorge für die Emeritirten in’s Auge.
Eine „Ordnung, wie es mit den stipendiaten des raths forderhin gehalten werden soll,
aufgericht anno 1584“ befand sich früher im Zwickauer Rathsarchiv, Alm. III, Schubkasten 3,
Nr. 17.
Auf der am 23. März 1580 abgehaltenen Lokal-Visitation erhalten wir einen Bericht
über die Einrichtung des Gottesdienstes. Derselbe wird aus Dresden, H.St.A., Loc. 2003,
Bl. 501a—50115 erstmalig abgedruckt. (Nr. 173.) Eodem loco, Bl. 502 horen wir, dass die
neue Ordnung der Schule „noch nicht introduciret“.
Die mit der Abschaffung des Exorcismus in ganz Sachsen entstandene Erregung war in
Zwickau eine besonders tief gehende. In einem im Zwickauer Rathsarchive, III. Alm., Schubk. 3,
Nr. 21 befindlichen Aktenbündel liegen zahlreiche Beschwerdeschriften gegen die Prediger.
Und obwohl der Rath seine Prediger in Schutz nahm, war die Gemeinde doch so erregt, dass
den kurfürstlichen Visitatoren nichts übrig blieb, als die drei Kirchendiener, Superintendent
Wolfgang Heit, Diakonus Christophorus Bohemus und Hospitalprediger Jakob Faltner zum frei-
willigen Verzicht auf ihre Stellen unter Vertröstung auf Translokation zu bewegen.

167. Verordnung der Visitatoren für Zwickau. Vom 30. Januar 1529.
[Aus Dresden, H.St.A., Loc. 10 598, Meissnische Visitation, S. 27 ff.]

Sonnabent nach Pauli bekerung.
Desselben tags ist mit dem rath zu Zwickau
gehandelt worden von allerlei sachen, und sonder-
lich wie es hinfur mit den cerimonien soll gehalten
werden, und bevor nach vermuge der visitation
unterrichts, sonderlich sind diese artikel wie her-
nach volgt hinfurder zuhalden gehandelt.
Die kirch zu Sant Catharin soll in ansehung
mancherlei bedenken bleiben, und dar in teglich
frue im summer umb vier, im winter umb sechs
hor, ehe man die thor aufschleust, an stat der
metten ein psalm oder zwen singen, darnach ein
lection aus dem neuen testament lesen, und das
gemein gebet thun, und mit einem christlichen
lobgesang beschliessen.
In der wochen sollen die zwen prediger zu-
sampt dem zu Sant Johans drei tage zu Sant Ca-
tharin und drei tage zu unser lieben frauen
predigen.
Die metten und salve sollen fallen zusampt
den horassen.
An werktagen soll man vor der predigt etlich
wenig psalmen singen und lection lesen lauts der
visitation unterricht.
Domit auch die vicarien nicht mussig geen,
so sollen sie frue und zur vesper mit und neben
den knaben singen.
Sehling, Kirchenordnungen.

Die messen in der wochen an werktagen sollen
abgeen, wem aber des sacraments von noten, dem
mag mans in seiner behausung, so er krank, oder
so er gesund in der kirchen nach der predigt on
messe reichen.
Aber am sontag und hohen festen soll man
messe halten wenn man communicanten hat.
Zur predigt, messe und vesper, auch den
todten mag man leuten, doch das es zur vesper
und den todten auch frue zur lection bei einem
leuten mit einer glocken bleibe.
Desgleichen mag man pro pace leuten, doch
das das folk des wol bericht werde.
All sontag und hohe feste solle frue in beiden
kirchen an stat der metten ein caplan auf ein
halbe stunde ein christliche kurze predigt dem ge-
sind thun.
Das leuten fur die seelen am sonnabent soll
abgeen.
Die korrock sollen auch in massen wie mit
dem pastor geredt und nicht mehr so gemein ge-
braucht werden.
Ein erbar rath soll sich der eesachen zusampt
dem pastor treulich annemen.
Es soll auch niemants braut und breutgam
wider aufbieten noch zusammen geben on wissen
und willen des pastors.

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