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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0017
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Vorwort der Bearbeiterin

Der vorliegende Band führt die Sehling’sche Editionsreihe kirchenordnender Dokumente des 16. Jahrhun-
derts fort. Nachdem bereits 1965 und zuletzt 2011 je ein Band mit Ordnungen der Territorien und Reichs-
städte auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Hessen erschienen ist, vollendet dieser die Edition für den
hessischen Raum.
Der Band enthält die Kirchenordnungen der Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg.
In diesen drei Territorien war vor dem Interim die Reformation Wittenberger Prägung eingeführt worden,
in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts leiteten viele Landesherren jedoch den Wechsel zum reformier-
ten, an Calvins Theologie ausgerichteten, Bekenntnis ein. Die Kirchenordnungen dieser drei Grafschaften
spiegeln auf der einen Seite den innerevangelischen Konfessionswechsel wider und geben auf der anderen
Einblicke in die kirchlichen Verhältnisse reformierter Territorien im Reformationszeitalter.
Wie bereits in Band IX bei der Landgrafschaft Hessen nach 1567 sowie bei der Grafschaft Solms zu
beobachten war, schlägt sich auch bei den Territorien, die in diesem Band behandelt werden, die dynasti-
sche Zersplitterung auf die Religionspolitik nieder. Die Grafenhäuser Nassau, Hanau und Ysenburg zerfie-
len in mehrere Linien, die zu verschiedenen Zeiten die Reformation einführten, eine jeweils eigenständige
Religionspolitik betrieben, separate Kirchenordnungen erließen und die teilweise auch innerevangelisch
getrennte Wege gingen: Während Nassau-Dillenburg nach 1578 den Wechsel zum reformierten Bekenntnis
vollzog, blieben die Linien Nassau-Weilburg/Saarbrücken und Nassau-Wiesbaden/Idstein bei der lutheri-
schen Lehre. Eine besonders volatile dynastisch-konfessionelle Situation bestand in der Grafschaft Ysen-
burg, wo der zu Beginn des 16. Jahrhunderts ausgebrochene Konflikt unter den Grafen der beiden Linien
Birstein und Ronneburg auch auf dem Feld des Bekenntnisstandes ausgetragen wurde: Das mehrmalige
Aussterben einzelner Linien und der nachfolgende Erbfall der Teilherren untereinander führten bis Ende des
16. Jahrhunderts zu häufigen Wechseln von lutherischem und reformiertem Bekenntnis. Demgegenüber
stellt sich die Grafschaft Hanau-Münzenberg das gesamte Reformationsjahrhundert hindurch als politisch
und konfessionell einheitliches Territorium dar. Unter dem Einfluss der Kurpfalz und Nassau-Dillenburgs
vollzog Graf Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg 1595 ebenfalls den Wechsel zum reformierten
Bekenntnis.
Auch bezüglich der erhaltenen Kirchenordnungen für die drei in diesem Band repräsentierten Graf-
schaften bestehen Unterschiede. Während die Überlieferungssituation für Hanau-Münzenberg und Nassau
generell als gut zu bezeichnen ist, stellt sich die Lage für die Grafschaft Ysenburg als disparat dar. Die
Archivalien für den Ronneburger Landesteil sind im Fürst von Ysenburgischen Archiv auf Schloss Büdin-
gen zugänglich, die Akten der Birsteiner Linie konnten hingegen nicht eingesehen werden, da das Fürstliche
Archiv auf Schloss Birstein bis auf weiteres geschlossen ist. Einige Birsteiner Quellen sind zwar auch in
Büdingen überliefert, die Dokumentation der Kirchenordnungen für diesen Zweig des Hauses Ysenburg
bleibt jedoch lückenhaft.
In den vorliegenden Band wurden 99 eigenständige Texte aufgenommen, von denen 64 hier erstmals
abgedruckt sind. Die Verteilung dieser Erstdrucke auf die drei Grafschaften fällt unterschiedlich aus. Wäh-
rend von den Nassauer Kirchenordnungen nur knapp die Hälfte zum ersten Mal ediert werden konnte -
darunter jedoch auch die einflussreiche Nassau-Saarbrücker Kirchenordnung von 1574/76 - fällt die Quote
bei den Texten aus Hanau-Münzenberg und Ysenburg deutlich höher aus. Nahezu alle Ordnungen dieser
beiden Grafschaften wurden hier zum ersten Mal ediert.

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