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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0041
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Einleitung

ging er zur weiteren Ausbildung nach Wittenberg.18 Wilhelms älterer Bruder Heinrich hatte 1504 die Nach-
folge im niederländischen Nassau-Breda angetreten, so dass er der einzige Erbe der Dillenburger Stamm-
lande war; am 30. Juli 1516 kam er an die Regierung.
Seit Mitte der 1520er Jahre lässt sich in der Grafschaft Nassau-Dillenburg eine reformatorische Bewe-
gung ausmachen. Wilhelm I. hatte zwar bereits 1518 den Ablasshandel in seinem Land verbieten lassen,
dieser Akt kann jedoch nicht als Zeichen seiner persönlichen Hinwendung zu Luthers Lehre gewertet wer-
den, denn in den folgenden zehn Jahren lassen sich keine konkreten Maßnahmen zur Einführung der
Reformation in der Grafschaft erkennen. Wahrscheinlicher ist hingegen, dass sich Wilhelm erst Ende der
1520er Jahre, nicht zuletzt aufgrund seiner engen Verbindung zu den sächsischen Kurfürsten, insbesondere
zu Johann Friedrich, der evangelischen Lehre zuwandte.19
Seit 1529 nahm Wilhelm personelle Veränderungen auf den wichtigsten Pfarrstellen seines Landes
vor.20 Am 31. März dieses Jahres beförderte er Heilmann Bruchhausen von Crombach,21 den ersten evan-
gelischen Prediger der Grafschaft, zum Dillenburger Hofkaplan, nach dem Augsburger Reichstag 1530
versetzte er am 31. Oktober den Dillenburger Pfarrer Johannes Wissenbach und den Siegener Christian
Moringk in den Ruhestand. Auf die Dillenburger Pfarrstelle gelangte Heilmann Bruchhausen, auf die
Siegener am 14. Februar 1531 Leonard Wagner.22 Auch seinen Regierungsstab formte Wilhelm um. 1531
setzte er den Rat Wilhelm Knüttel,23 1532 den Kanzler Jakob Otto, 1533 den Ritter Johann Hilchin von
Lorch und den Rat Gottfried von Hatzfeld ein, allesamt Protestanten, die gemeinsam mit Jost Hoen, dem
Rektor der Dillenburger Lateinschule,24 die Erneuerung der gräflichen Verwaltung betrieben.25 Auch Wil-
helms 1531 eingegangene zweite Eheschließung mit der entschiedenen Lutheranerin Juliana,26 Gräfin von
Stolberg-Wernigerode, dokumentierte seinen Bekenntniswechsel.
Um die Einführung der Reformation in seinem Land auch politisch abzusichern, bemühte sich Wil-
helm I. bereits 1531 um die Aufnahme in den Schmalkaldischen Bund. Philipp I. von Hessen, der aufgrund
des jahrzehntelangen Streits, den die Landgrafen mit den Nassau-Dillenburgern um die Grafschaft Kat-
zenelnbogen führten, die Aufnahme zu unterbinden suchte, konnte jedoch nicht verhindern, dass Wilhelm I.
dem Bündnis Ende 1535 beitrat.27

18 Peters, Sarcerius, S. 24.
19 Schmidt, Glaube, S. 29f.; Heiler, Von der Frühzeit,
S. 69-73; Wartenberg, Sarcerius, S. 121; Rött-
sches, Luthertum, S. 14f.
20 Münch, Zucht und Ordnung, S. 37f.; Schmidt,
Glaube, S. 27, 30; Weiss, Einführung, S. 11, 14; Hei-
ler, Von der Frühzeit, S. 71; Weber, Schelme, S. 42
Anm. 5; Schröer, Reformation, S. 142.
21 Heilmann Bruchhausen (☨ um 1539) stammte aus Crom-
bach im Siegerland. Er hatte in Erfurt und Wittenberg
Theologie studiert, Becker, Heilmann, S. 84-92;
Münch, Zucht und Ordnung, S. 38 Anm. 90; KNODT,
Kirchenordnung, S. 233; Hatzfeld, Reformation,
S. 95; Heiler, Von der Frühzeit, S. 70, S. 71 Anm. 14;
Steitz, Geschichte I, S. 51; Wienecke, Einführung,
S. 81; Weiss, Einführung, S. 11; Peters, Sarcerius,
S. 27f.; Schröer, Reformation, S. 141; Arnoldi,
Geschichte 3, 1, S. 171f.
22 Leonard Wagner war von 1531 bis zu seinem Tod 1569 -
mit Unterbrechung durch das Interim - Pfarrer in Sie-
gen, KNODT, Kirchenordnung, S. 236; Münch, Zucht
und Ordnung, S. 38 Anm. 92; Schlosser, Kirchenge-
schichte, S. 3.

23 Zu Wilhelm Knüttel siehe Hatzfeld, Wilhelm Knüttel,
S. 21-34.
24 Jost Hoen stieg 1538 zum Leiter der Dillenburger Gra-
fenschule auf, Hatzfeld, Reformation, S. 104f.;
Menk, Politik, S. 133. Die Reversbriefe von Hilchin
von Lorch und Jost Hoen sind abgedruckt bei Heiler,
Von der Frühzeit, S. 83-85. Zur Dillenburger Latein-
schule siehe Becker, Lateinschule.
25 Peters, Sarcerius, S. 30; Steitz, Geschichte I, S. 51.
26 Zu Juliana von Stolberg-Wernigerode liegen mehrere
jüngere Studien vor: Lücke, Monika, Juliana von
Stolberg-Wernigerode. Ihr Weg vom Harz nach Hanau-
Münzenberg und Nassau-Dillenburg, in: FrauenOrte 1,
Halle 2008, S. 69-81; dies., Juliana von Stolberg, Mutter
von Wilhelm von Nassau, in: Dies., Juliana - eine „Ora-
nierin“ aus Stolberg im Harz, Stolberg 2006, S. 8-25;
Ossner, Ilse, Die Seele des Hauses Nassau-Dillenburg.
Juliana Gräfin von Stolberg-Wernigerode, wurde vor 500
Jahren geboren, in: Dillenburger Blätter 2005, S. 17-27.
Ferner sei verwiesen auf Wolf, Juliana, S. 26-43; Ja-
cobs, Juliana von Stolberg.
27 Hatzfeld, Reformation, S. 108; Peters, Sarcerius,
S. 27, 29.

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