Einleitung
cerius wurde zur führenden Persönlichkeit der Reformationseinführung in Nassau-Dillenburg: 1537 wurde
er Superintendent, 1538 Hofprediger, nach dem Tod Heilmann Bruchhausens am 1. Dezember 1539 dessen
Nachfolger im Dillenburger Pfarramt und 1541 schließlich Generalsuperintendent, eine Position, die er bis
1548, als er die Grafschaft infolge des Interims verlassen musste, inne hatte.39 Sarcerius war nicht nur
hinsichtlich der Organisation des evangelischen Kirchenwesens der führende Kopf, er verfasste auch zahl-
reiche theologische Werke und Lehrtexte, darunter einen 1537 gedruckten Katechismus,40 der in Nassau-
Dillenburg vermutlich neben dem Nürnberger Enchiridion in Gebrauch war.41
Mit der brandenburg-nürnbergischen Kirchenordnung von 1533 hatte Wilhelm I. dem Kirchenwesen
seines Landes zwar eine Ordnungsgrundlage gegeben, es zeigte sich jedoch, dass diese den Nassauer Ver-
hältnissen nicht genügte, so dass Graf Wilhelm I. ergänzend hierzu eine eigene Ordnung erließ (Nr. 2), die
von Heilmann Bruchhausen von Crombach und Leonard Wagner erarbeitet worden war.42 Das Regelwerk
ist nicht datiert, über seine zeitliche Einordnung gibt jedoch zunächst ein kleiner beiliegender Zettel Aus-
kunft: Es scheint diese kirchenordnung ins jahr praecise 1536 zu gehören wegen des fol. 3 am ende der vorrede itzt
verordneten superattendenten, denn doch kein früherer als Erasmus [Sarcerius] bekannt ist. Die hier genannte
Datierung auf 1536 ist jedoch nicht exakt; Sarcerius war in diesem Jahr zwar bereits als Rektor der Siegener
Lateinschule tätig, er wurde aber erst am 31. August 1537 zum Superintendenten ernannt.43 Die Ordnung
kann demnach erst nach diesem Datum entstanden sein, vermutlich in der zweiten Jahreshälfte 1537.44
Bei der Erarbeitung des Regelwerks griffen Bruchhausen und Wagner auf die Kirchenordnung von 1532
(Nr. 1) zurück. Manche Abschnitte wurden übernommen und zum Teil erweitert, andere völlig neu for-
muliert. Im Vergleich mit ihrer Vorgängerin fällt die Ordnung wesentlich ausführlicher aus.45 Sie umfasst 13
Kapitel, in denen sie Regelungen zu Taufe, Abendmahl, Beichte, Kinderzucht, Feiertagen, Benediktionen,
Predigten, priesterlichem Leben, Büchern, Examinierung und Anstellung der Geistlichen, Synoden, Visi-
tationen sowie zum Superintendentenamt traf.46 Hier zeichnen sich erste Strukturen der evangelischen
Kirchenleitung in Nassau-Dillenburg ab: Das Superintendentenamt war 1537 eingerichtet worden, Eras-
mus Sarcerius der erste Amtsinhaber, der für den 29. April 1538 eine Synode nach Dillenburg einberief. In
den zehn Jahren bis zum Interim leitete er insgesamt 33 derartige Zusammenkünfte, die zunächst in Dil-
lenburg und ab 1541 auch in Siegen stattfanden.47
Stupperich, Sarcerius, S. 33-47; Diesner, Sarcerius,
S. 3-9; Münch, Zucht und Ordnung, S. 44 Anm. 149;
Nebe, Zur Geschichte 1864, S. 16-29; Wartenberg,
Sarcerius, S. 121-124; Steubing, Biograhische Nach-
richten, S. 1-16; Eskuche, Sarcerius; Röselmüller,
Sarcerius.
39 Hatzfeld, Reformation, S. 102; Peters, Sarcerius,
S. 32-34; Wartenberg, Sarcerius, S. 124; Stuppe-
rich, Sarcerius, S. 34f.; Grün, Zur Geschichte, S. 258f.;
Münch, Contribution, S. 83.
40 Abdruck in Reu, Quellen III, 2/3, S. 1228-1307, vgl.
Reu, Quellen III, 1/2, S. 1194*-1197*.
41 Peters, Sarcerius, S. 33; Wartenberg, Sarcerius,
S. 123; Stupperich, Sarcerius, S. 37f. Möglicherweise
wurde auch ein katechetisches Werk von Reinhard
Lorich (☨ 1564), dem Vater des Hadamarer Pfarrers Ger-
hard Lorich, verwendet, Ohrndorf, Einführung,
S. 78f.
42 KNODT, Kirchenordnung, S. 234-236; Nebe, Zur
Geschichte 1864, S. 11; Münch, Nassau, S. 239; ders.,
Zucht und Ordnung, S. 40 Anm. 114; ders., Contribu-
tion, S. 82; Röttsches, Luthertum, S. 16f.
43 Sarcerius’ Reversbrief ist abgedruckt bei Heiler,
Bestallungsbriefe, S. 80f. und ders., Von der Frühzeit,
S. 81-83. Vgl. ebd., S. 74; Peters, Sarcerius, S. 34.
44 Münch, Zucht und Ordnung, S. 40 Anm. 112; Heiler,
Von der Frühzeit, S. 74; Hatzfeld, Reformation,
S. 102; Schmidt, Glaube, S. 33. Zur strittigen Datie-
rung auf 1536 oder 1537 siehe KNODT, Kirchenordnung,
S. 234f.; Schlosser, Kirchengeschichte, S. 3. Demge-
genüber plädierte Bauermann, Haltung, S. 10 Anm. 6
für Anfang 1538.
45 Schmidt, Glaube, S. 33f.; Peters, Sarcerius, S. 35.
46 Zum Inhalt siehe Wienecke, Einführung, S. 88-91;
KNODT, Kirchenordnung, S. 237-246; Schröer, Refor-
mation, S. 145-148; Hatzfeld, Reformation, S. 102f.;
Münch, Zucht und Ordnung, S. 41f.; Schmidt,
Glaube, S. 33f.; Peters, Sarcerius, S. 35; Stupperich,
Sarcerius, S. 40-42; Arnoldi, Geschichte 3, 1,
S. 179-184; Nebe, Zur Geschichte 1864, S. 11-14.
47 Münch, Zucht und Ordnung, S. 41-48; Schmidt,
Glaube, S. 33f.; Peters, Sarcerius, S. 35f. Zum Ablauf
der halbjährlichen Synoden siehe ebd., S. 41f.; Goebel,
Uebersicht, S. 291f.
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cerius wurde zur führenden Persönlichkeit der Reformationseinführung in Nassau-Dillenburg: 1537 wurde
er Superintendent, 1538 Hofprediger, nach dem Tod Heilmann Bruchhausens am 1. Dezember 1539 dessen
Nachfolger im Dillenburger Pfarramt und 1541 schließlich Generalsuperintendent, eine Position, die er bis
1548, als er die Grafschaft infolge des Interims verlassen musste, inne hatte.39 Sarcerius war nicht nur
hinsichtlich der Organisation des evangelischen Kirchenwesens der führende Kopf, er verfasste auch zahl-
reiche theologische Werke und Lehrtexte, darunter einen 1537 gedruckten Katechismus,40 der in Nassau-
Dillenburg vermutlich neben dem Nürnberger Enchiridion in Gebrauch war.41
Mit der brandenburg-nürnbergischen Kirchenordnung von 1533 hatte Wilhelm I. dem Kirchenwesen
seines Landes zwar eine Ordnungsgrundlage gegeben, es zeigte sich jedoch, dass diese den Nassauer Ver-
hältnissen nicht genügte, so dass Graf Wilhelm I. ergänzend hierzu eine eigene Ordnung erließ (Nr. 2), die
von Heilmann Bruchhausen von Crombach und Leonard Wagner erarbeitet worden war.42 Das Regelwerk
ist nicht datiert, über seine zeitliche Einordnung gibt jedoch zunächst ein kleiner beiliegender Zettel Aus-
kunft: Es scheint diese kirchenordnung ins jahr praecise 1536 zu gehören wegen des fol. 3 am ende der vorrede itzt
verordneten superattendenten, denn doch kein früherer als Erasmus [Sarcerius] bekannt ist. Die hier genannte
Datierung auf 1536 ist jedoch nicht exakt; Sarcerius war in diesem Jahr zwar bereits als Rektor der Siegener
Lateinschule tätig, er wurde aber erst am 31. August 1537 zum Superintendenten ernannt.43 Die Ordnung
kann demnach erst nach diesem Datum entstanden sein, vermutlich in der zweiten Jahreshälfte 1537.44
Bei der Erarbeitung des Regelwerks griffen Bruchhausen und Wagner auf die Kirchenordnung von 1532
(Nr. 1) zurück. Manche Abschnitte wurden übernommen und zum Teil erweitert, andere völlig neu for-
muliert. Im Vergleich mit ihrer Vorgängerin fällt die Ordnung wesentlich ausführlicher aus.45 Sie umfasst 13
Kapitel, in denen sie Regelungen zu Taufe, Abendmahl, Beichte, Kinderzucht, Feiertagen, Benediktionen,
Predigten, priesterlichem Leben, Büchern, Examinierung und Anstellung der Geistlichen, Synoden, Visi-
tationen sowie zum Superintendentenamt traf.46 Hier zeichnen sich erste Strukturen der evangelischen
Kirchenleitung in Nassau-Dillenburg ab: Das Superintendentenamt war 1537 eingerichtet worden, Eras-
mus Sarcerius der erste Amtsinhaber, der für den 29. April 1538 eine Synode nach Dillenburg einberief. In
den zehn Jahren bis zum Interim leitete er insgesamt 33 derartige Zusammenkünfte, die zunächst in Dil-
lenburg und ab 1541 auch in Siegen stattfanden.47
Stupperich, Sarcerius, S. 33-47; Diesner, Sarcerius,
S. 3-9; Münch, Zucht und Ordnung, S. 44 Anm. 149;
Nebe, Zur Geschichte 1864, S. 16-29; Wartenberg,
Sarcerius, S. 121-124; Steubing, Biograhische Nach-
richten, S. 1-16; Eskuche, Sarcerius; Röselmüller,
Sarcerius.
39 Hatzfeld, Reformation, S. 102; Peters, Sarcerius,
S. 32-34; Wartenberg, Sarcerius, S. 124; Stuppe-
rich, Sarcerius, S. 34f.; Grün, Zur Geschichte, S. 258f.;
Münch, Contribution, S. 83.
40 Abdruck in Reu, Quellen III, 2/3, S. 1228-1307, vgl.
Reu, Quellen III, 1/2, S. 1194*-1197*.
41 Peters, Sarcerius, S. 33; Wartenberg, Sarcerius,
S. 123; Stupperich, Sarcerius, S. 37f. Möglicherweise
wurde auch ein katechetisches Werk von Reinhard
Lorich (☨ 1564), dem Vater des Hadamarer Pfarrers Ger-
hard Lorich, verwendet, Ohrndorf, Einführung,
S. 78f.
42 KNODT, Kirchenordnung, S. 234-236; Nebe, Zur
Geschichte 1864, S. 11; Münch, Nassau, S. 239; ders.,
Zucht und Ordnung, S. 40 Anm. 114; ders., Contribu-
tion, S. 82; Röttsches, Luthertum, S. 16f.
43 Sarcerius’ Reversbrief ist abgedruckt bei Heiler,
Bestallungsbriefe, S. 80f. und ders., Von der Frühzeit,
S. 81-83. Vgl. ebd., S. 74; Peters, Sarcerius, S. 34.
44 Münch, Zucht und Ordnung, S. 40 Anm. 112; Heiler,
Von der Frühzeit, S. 74; Hatzfeld, Reformation,
S. 102; Schmidt, Glaube, S. 33. Zur strittigen Datie-
rung auf 1536 oder 1537 siehe KNODT, Kirchenordnung,
S. 234f.; Schlosser, Kirchengeschichte, S. 3. Demge-
genüber plädierte Bauermann, Haltung, S. 10 Anm. 6
für Anfang 1538.
45 Schmidt, Glaube, S. 33f.; Peters, Sarcerius, S. 35.
46 Zum Inhalt siehe Wienecke, Einführung, S. 88-91;
KNODT, Kirchenordnung, S. 237-246; Schröer, Refor-
mation, S. 145-148; Hatzfeld, Reformation, S. 102f.;
Münch, Zucht und Ordnung, S. 41f.; Schmidt,
Glaube, S. 33f.; Peters, Sarcerius, S. 35; Stupperich,
Sarcerius, S. 40-42; Arnoldi, Geschichte 3, 1,
S. 179-184; Nebe, Zur Geschichte 1864, S. 11-14.
47 Münch, Zucht und Ordnung, S. 41-48; Schmidt,
Glaube, S. 33f.; Peters, Sarcerius, S. 35f. Zum Ablauf
der halbjährlichen Synoden siehe ebd., S. 41f.; Goebel,
Uebersicht, S. 291f.
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