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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0090
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Nassau-Dillenburg

nicht meher, dan das man Gottes spott und lestert,
dan merck doch, in der beicht spricht der priester
ain urtail an Gottes stat, das felet und wirt nit war.
Warumb aber? Das darumb, das derjhene, der das
beichtet, solichs nit gern thut, hort auch die abso-
lution nit gern, glaubt auch nit daran. Die schult ist
aber nun nit am priester, sonnder an dem, der da
beichtet, der da treugt49 und die absolution nit von
hertzen begert.
Nun kan ein jeglicher wol selbs I 12r | erachten,
das Got gar kein lusten darzu hab, das man sein
wort also vergeblich fuer. Derhalben sollen die pfar-
her unnd prediger mit ernst anhalten und dem volck
die obgesagten ursachen, warumb die kirch die oren-
beicht nit wol entraten konne, mit fleiß inbilden
unnd die leute treuwelich underweisen, warumb
christlich, hailsam unnd gut sey, sein sunde, on die
niemant sein mag, eim erbarn, verstendigen priester
zu beichten und also bey demselbigen christlichen
rath, underweisung unnd absolution zusuchen, da-
mit das christlich volck zu solicher beicht mit christ-
licher underweisung geraitzt, auff das sie solichs auß
christlicher forcht, lieb unnd gehorsam williglich
und nit auß zwangk des bans thun, das auch son-
derlich dadurch das gemein volck in christlicher
zucht erzogen und erhalten unnd das hailig sacra-
ment in aim rechten, waren glauben andechtiglich
unnd mit aller ererpietung empfanngen werde, unnd
das sie ir hoffnung unnd vertrauwen allein in Gott
setzen, auch frucht und werck, so auß ainem rech-
ten, waren, ungefelsten christlichen glauben fliessen,
volnbringen unnd irer oberkeiten, die all von Gott
dem almechtigen verordnet seint50, gehorsam sein
und sich fur aller auffrur, emporung und dergleichen
ubel huten sollen. Doch ob sie unrechtfertig gut hin-
der ime51 oder iren neben christen mentschen unbil-
lich beschwert oder etwas wieder Gott recht unnd
mit gewalt abgenomen hetten, sollen sie die beicht-
veter dahin weisen, den beschwerten oder besche-
digtten oder seinen erben, wo die furhanden seint,
49 Betrügt.
50 Röm 13,1.
51 Sich.
52 Zu erstatten.
53 Fühlen, Gefühl.
54 Mönchischer.

zu widerlegen52 oder nach rath der beichtveter, wan
es on ergerniß nit anders gescheen mag, zuverglei-
chen oder zuergetzen, unnd kein beichtvatter sein
beichtkindt 12v | in solichen fellen dahin weisen, das
er solich unrechtfertig gut ime, dem beichtvater, sei-
ner kirchen oder pfar gebenn odder damit aigennut-
zigen stifftungen auffrichten, sonder das sunst in al-
mußen wennden soll.
Unnd vor allen dingen soll der beichtvatter in
der beicht ganntz fursichtiglich unnd bedechtlich
handlen, das er die beichtkhinder nit auff das feu-
len53 treibe nach alter und neuwer monischer54 weiße
und widertaufferische volnkhomenhait, als solt man
nit würdig sein, zum sacrament zugehen, eß were
dan, das man sich volnkhomlich fule unnd ain gant-
zen volnkhomenden glauben hab unnd ain soliche
liebe, wie Christus gegen unns gehabt hadt, da er
sich von unserntwegen an das kreutze ließ schlagen.
Dan also sich fulen, wurde ein ursach sein, das ein
nymmermher zum sacrament durfft gehen, wurde
also davon abgeschreckt, dan das wissen wir je wol
und ist die lauter warheit, gleichwie Christus nit
umb der gerechten, sonder umb der sunder willen
komen ist55, also hadt er auch das hochwirdig sa-
crament des altars nit von wegen der volnkhomen-
den, sonnder von wegen der armen, schwachen,
krancken, elendigen, sundigen unnd beschwerten ge-
wissen ingesatzt.
Es soll auch allen beichtvettern bey aller ernst-
licher straffe bevolen sein, das sie irer beichtkhinder
in der beicht nicht ungeschickts, geverlichs oder arg-
wonigs fragen, darauß ein beichtkhindt, man oder
weib, geargert oder zu boßem möcht gereitzt wer-
den, sonder sie allein zu erkentnus irer sunden und
wie sie dieselben von grundt ires hertzens reuwen
unnd ir sundtlichs leben bessern sollen, vleissig ver-
manen. Waß den beichtvetern weiter underrichtung
von der beicht vonnotten ist, mugen sie bey I 13r |
dem Philippo Melanchtone nemen, in Locis com-
munibus56 unnd in der apologia der confession0',
55 Mt 9,13; Mk 2,17; Lk 5,32.
56 Philipp Melanchthon, Loci communes von 1521, siehe
MELANCHTHON, Heubtartikel, S. 358-361.
57 Apologie der Confessio Augustana von 1531, BSLK
S.249-252.

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