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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0236
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Nassau-Weilburg

zur buß unnd besserung zu vermahnen, So wöllen
wir, daß unsere jPredicanten nicht alleinj das Volck
für diesen Lastern auß Gottes Wort mit ernstlichem
eiffer, wie sie zu thun schuoldig seyn, treuwlich ver-
warnen, Sondern auch hierauff neben den Senioren
und Kirchen Vorstehern jedes orts sonderliche ach-
tung geben unnd, da sie jemands mit diesen Lastern
kündtlich behafftet seyn vermercken, also daß sein
Gottslaestern und vollsauffen Statt- oder Dorffrüch-
tig und der Christlichen Gemein ärgerlich wer, als-
dann densel- | E2v | ben in sonderheit36 vorfordern,
seiner schweren Sünden und Göttlichs Zorns, damit
er sich unnd die gantze Gemein beladen thete, erin-
nern, mit ernster bedrauwung, da er nit abstehen
noch zur besserung sich begeben würde, daß er zum
heyligen Nachtmal deß Herren, auch Gevatter-
schafften und andern Christlichen Ceremonien und
Wercken nicht gelassen, darzu, so er ubereylet unnd

in solchem sündlichen und ärgerlichen wesen auß
diesem zeitlichen Leben abgefordert würde, nicht
Christlich noch wie andere bußfertige, fromme Chri-
sten zur Erden bestattet werden solte.
Unnd ob diese zum ersten, andern unnd dritten
mal geschehene verwahrnung ohne frucht abgienge,
Sollen die Predicanten, Senioren unnd Kirchen Vor-
steher unsern Beampten, denen wir auch für sich
selbßt hierauff fleissige achtung zu geben hiermit
aufferlegen und befehlen, ein solche verderbte und
ärgerliche Person anzeigen, Die erst-I E3r | mals ein
ziemliche Geltstraff nach gelegenheit von derselben
eynfordern, Zum andern mal sie mit dem Thurn,
auch Wasser unnd Brot, ein zeitlang straffen, Endt-
lich aber, da solches alles nicht helffen wil, der Statt,
Ampts oder Landes nach gelegenheit der Uberfah-
rung auff ein gewisse zeit verweisen sollenk.

Von heimlichen Verlöbnussen und fleischlichenl vermischungen

Nachdem auch die heimliche Verlöbnusse und
fleischliche vermischungen weit eynreissen unnd
uberhandt nemmen, daß es schier vom jungen Volck
darfür geachtet werden wil, wann nur eins von dem
andern ein heimliche Zusag | E3v | und verweh-
nung37 der Ehe halber erlanget oder sich miteinan-
der fleischlich vermischen, daß darauß ein Eheliche
verbindung erfolgen müsse, Solches aber nit allein
dem von Gott dem Allmächtigen eyngesatzten unnd
gesegneten Ehestande zu sondern unehren, darzu
den Eltern zu abbruch ires Vätterlichen und gebü-
renden Gehorsams, dem vierdten Gebott38 Gottes
zuwider, gereicht, sondern auch durch solche vilfal-
tige schande und uppigkeiten39 der Zorn Gottes ge-
haufft und gemehret wirt. Damit dann diser Leicht-
fertigkeit mit ernst begegnet, auch das gemein Volck
obermeldtes ires hierunder gefasten wahns40 und un-
verstands offentlich berichtet werde unnd soviel
j-j KO 1618: Pfarrer unnd Kirchendiener nicht allein offt-
maln.
k KO 1618: sollen, Inmassen von solchen Straffen deß Flu-
chen und Gottslästern wie auch vollsauffens hierunden
unter der Rubric: Von der Kirchen Censur weiter Special
Verordnung geschehen.
l KO 1618: fleischlichen, unordenlichen.

mehr ursach haben mög, sich für solchen Gott dem
Herrn mißfelligen und zum höchsten straffbaren
Hendeln zu hüten, So setzen, ordnen und wöllen wir,
daß hinfüro in unserem Gebiet menniglichen, weß
Standes ein jeder sey, der heimlichen | E4r | Ehever-
löbnussen unnd vielmehr der unordentlichen, Gott
dem Herren zum höchsten mißfelligen, fleischlichen
vermischungen sich gäntzlichen bey ungnediger,
ernster straff, die nicht allein den Personen, so sich
heimlich verloben und zur ungebür vermischen, son-
dern auch allen denen, die darbey seyn oder sonst in
einichen wege darzu hülff, raht und fürschub geben,
unnachläßlich widerfahren sol, eusser und enthalte
und die Ehe anderß nicht dann nach Gottes ord-
nung, in seinem Namen, mit wolbedachtem muht,
hertzen und sinn und seiner Eltern oder, in mangel
derselben, derjenigen, so an statt der Eltern seyn,
als Vormünder und anderer nechstgesibter und an-
36 Abgesondert, einzeln, Grimm, DWb 16, Sp. 1580.
37 Versprechen, Grimm, DWb 25, Sp. 2074.
38 Ex 20,12; Dtn 5,16.
39 Irrtum, Einbildung.
40 Irrtums, Grimm, DWb 27, Sp. 602f.

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