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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0250
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Nassau-Weilburg

sen geschaffen seyn, daß entweder der Text ordent-
lich nacheinander durchlauffen werde und bey ei-
nem jeden Geschichtq, Sententz, bißweilen auch bey
etlichen besondern Worten, was für Lehr, Straff,
Besserung, Vermanung, Trost darauß zu nemmen
sey, erinnerung geschehe oder aber etliche gewisse
Hauptstücke der Christlichen Lehr, auß dem vorge-
lesenen Text gezogen, welche stück im selbigen Text
unnd dessen worten eigentlich84 gezeigt, dem Volck
kürtzlich unnd deutlich fürgetragen, mit andern
Sprüchen der Göttlichen Schrifft, Gleichnussen
unnd Exempeln erkläret, bewiesen und also fürge-
bildet werden, daß auch die allereinfeltigsten etwas
darauß vernemen unnd behalten mögen. Und sollen
die Prediger bey den Worten deß vorgelesenen Texts
in alleweg bleiben, dieselben offt widerholen, erklä-
ren und den Zuhörern dermassen eynbilden85, damit
sie dier desto besser und fester zu gedächtnuß zie-
hen, und hierinn ein solcher bedacht, bescheiden-
heit, ernst und eiffer gebraucht werden, daß jeder-
man sehen und spüren möge, auch im Hertzen zeug-
nuß geben müsse, daß da anderß nichts dann die
Ehr Gottes und der Gemeine besserung gesucht wer-
de. Dann darumb ist es nicht zu thun, daß weitleuff-
tig und mit vielen worten von sachen geredt werde
und der Prediger |L1v| sein Kunst und Memorien
ostendir und beweise, sondern daß die unverstendi-
gen unterwiesen, die nachlessigen erweckt, die ro-
hen, sicheren86 geschreckt, die blöden87 und er-
schrockenen getröstet und also die Kirche Gottes
erbauwet und gebessert werde.
sZur morgen- oder mittags Predigt sol man ver-
lesen und außlegen die Epistolas Dominicales oder
q Agende 1618: Geschicht und.
r Agende 1618: dieselbige.
s-s Agende 1618: Zur Mittags Predigt.
t-t Agende 1618: zum wenigsten.
u KO/Agende 1609: in zweyen.
v-v Agende 1618: sollen die Predigten auch getrewlich.
Agende 1618: da die Communen volckreicher und mehr
dann ein Kirchendiener ist.
x Agende 1618: aber, wo es immer seyn kan.
y Agende 1618: Superintendenten und Inspectorn.
z-z Fehlt Agende 1618.
a Agende 1618: Es.
b-b Agende 1618: solche auff die Sonn- unnd Feyertage drey
Viertheil einer Stunde wehren oder zum höchsten uber
eine Stunde nicht verlängern, Aber die Wercktags Pre-

einen Psalmum Davidis oder sonsten einen andern
Text auß dem alten oder neuwen Testament, davon
nach gelegenheit der zeit und stunde der Kirchen
nützlich tractiert und geredt werden möcht.
Zur Vesper Predigts kan nichts bequemlichers
oder fruchtbarlichers fürgenommen werden dann die
erklärung der Hauptstück Christlicher Religion, so
man Catechismum nennet, dessen sich dann alle Pa-
stores zum höchsten befleissen sollen, daß sie ein
stück nach dem andern kürtzlich und deutlich
außlegen und dieselbige Außlegung alle jar ‘oder
zweytu ein mal zum ende bringen.
An Wercktagen vsol in einer jeden Statt unnd
Dorff, wie biß daher gebreuchlich gewesen, die Pre-
digtenv versehen und dahin mit allem fleiß getrach-
tet werden, daß in Stätten wzum allerwenigstenw
zweymal, auff den Dörffern aberx einmal in der Wo-
chen zu einer gewissen hierzu bestimpten stunde ge-
meine Versamlungen, da Gottes Wort verkündiget
unnd das Gebet vor alle notturfft gesprochen, ge-
halten werden. | L2r | Zu solchen Predigten aber kan
man nicht allenthalben einerley Text zu gebrauchen
vorschreiben, sondern es mögen die Pastores nach
gelegenheit der zeit und der Kirchen ein gewiß Buch
auß dem alten oder neuwen Testament, doch mit
vorwissen, raht und bewilligung irer Superintenden-
teny fürnemmen und dasselbig ordentlich biß zum
ende, wie es auffs allerbequemlichst zund fruchtbar-
lichstz geschehen kan, außlegen und erklären.
Unda sollen die Pfarrherrn ire Predigten also anstel-
len, daß bam Sontag, wann die gemeinen grossen
Versamlungen geschehen, nicht lenger dann drey
viertheil einer stund oder zum höchsten ein stunde
digten zum längsten drey Viertheil Stunde, Die Sontäg-
liche Catechistische Mittagspredigt nicht uber ein halbe
Stund erstreckt werden, damit man die Leuthe mit der
viele und länge nicht uberschütte und verdrossen mache,
Dieweil je deß gemeinen Manns Verstand sich nicht der-
massen auff einmal so viel mit Lust zu fassen auffthun
mag, Sondern mit ihme gleichsam einem Krancken zu
handlen, dem man offt, aber wenig auff einmahl fürstel-
len muß.

84 Genau, im einzelnen.
85 Einprägen.
86 Sorglosen.
87 Schwachen, Ängstlichen.

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