32. Kirchenordnung 1574/1576
die morgen-, mittags- unnd vesper-, dergleichen die
Wercktags Predigten nicht uber ein halbe stund, er-
streckt werden, damit das Volck mehr mit lust und
begirde lenger zuzuhören dann mit eckel und ver-
druß abgehen und ein andermal desto begierlicher
und embsiger zu verkündigung Göttliches Worts ey-
len möge. An Sontagen unnd andern Feyer- und
Wercktagen, wann man zur Kirchen zu gehen und
aber doch neben dem Gesang kein Predigt zu halten
pflegt, sol allwegen ein Capitel auß dem alten oder
neuwen Testament dem Volck fürgelesen werdenb.
Auff daß manc auch ein gewissen Scopum habe,
nach welchem alle Predigten und Lehren in unsern
Kirchen dirigirt und gerichtet werden, so sollen in al-
|L2v| len und jeden puncten Christlicher Lehr die
Prophetischen und Apostolischen Schrifften das
rechte Fundament, die einige norma iudicii, Regel
unnd Richtschnur seyn, nach welcher alle fürfallen-
de streit unnd irrung dirimirt unnd hingelegt wer-
den mögen, unnd nechst der heyligen Göttlichen
Schrifft die drey bewehrte Symbola: Apostolicum,
Nicenum und Athanasianum88, dergleichen died
Augspurgische Confessione 89, dieser unser zeit Sym-
bolumf, als die in der Prophetischen und Apostoli-
c Agende 1618: man aber.
d Agende 1618: die ungeenderte.
e Agende 1618: Confession, so in Anno dreyssig Keyser
Carlen, dem fünfften dieses Namens, ubergeben.
f Agende 1618: Symbolum sampt derselbigen Apologia,
Schmalcaldischen Articuln und beyden Catechismis
Doctoris Lutheri seeligen etc.
g-g Agende 1618: soll man.
h Fehlt Agende 1618.
i Fehlt Agende 1618.
j Agende 1618: sich.
k-k Agende 1618: sich.
l-l Agende 1618: die Erfahrung bezeuget.
m Agende 1618: mag. Wann aber je die Zeiten und der Kir-
chen Notturfft erfordert, irrige, widerwertige Opinionen
zu rügen und straffen, soll dasselbige also mit beschei-
denem Christlichen Eyffer unnd eyfferiger Christlicher
Bescheidenheit geschehen, daß der eigentliche Status
controversiae nicht verruckt, sondern wohl inn acht ge-
nommen unnd darauff die Thesis oder reine Lehr auß
Gottes Wort bestättiget, die Antithesis aber und unreine
Gegenlehr nach solcher proba Göttlicher Warheit gerich-
tet und mit gutem Grunde widerleget werde.
schen Schrifften warhafftig fundirt und gegründet
unnd zum eigentlichen unnd notwendigen bericht
von einem jeden Artickel gnugsam seind, darauß
auch alle Certamina bey einfeltigen, Gottsfürchti-
gen unnd friedliebenden Hertzen, so viel zu unserer
Seelen Heyl und Seligkeit nottwendig ist, leichtlich
entscheiden unnd beygelegt werden können. Was
aber neuwe, spitzfündige Fragen, unnötige Dispu-
tationes unnd Schulgezänck, so von etlichen mit
grossem ärgernuß vieler Gottseliger Hertzen auff-
bracht werden, belangen thut, hiermit gpflegen wirg
nit allein dem einfeltigen Völcklein zuh verschonen
unnd sie auff die Predigstül nicht kommen zul las-
sen, sondern auch sonsten in allwege unsj deren zu
eussern und derwegen mit niemands in zanck und
streit kuns zuk begeben, dann fwir haltens gewißlich
darfürl, daß in diesen letzten zeiten von etlichen
müssigen Leuten viel auffbracht, disputiert und ge-
schrieben werde, daß unter das ungeistliche, lose ge-
schwetz, wortgezänck unnd närrische, unnütze fra-
ge, darfür der Apostel so treuw-I L3r | lich und ernst-
lich warnet90, nicht unbillich gezehlet werden mö-
genm.
Von der Vesper Lection uff Sambstage
Es solle auch in den Stätten unnd Flecken, da man mit
dem Feldbaw nicht so viel zu thun hat und da solches
nützlich unnd erbawlich anzustellen, alle Sambstag umb
zwey oder drey Uhren mit vorgehenden kurtzen Gesang
eine Vesperlection gehalten werden, da der Kirchendie-
ner allewegen ein Capittel auß der Bibel soll verlesen
unnd solches also kurtz, Summarischer weiß mit seinen
vornehmbsten Lehrstücken erklären, daß der gantze Ac-
tus uber ein halbe Stund oder zum allerlängsten drey
Viertheil Stund nicht wehren möge, entlichen mit dem
kurtzen Gesang: Verley uns Frieden gnediglich [siehe
Anm. 108], und folgendem Gebet beschliessen:
Allmächtiger Gott, Himmlischer lieber Vatter, wir
dancken dir von Hertzen, daß du uns abermals heut die-
sen Tag und die gantze verschienene Wochen so gnädig-
lich vor allem Ubel behütet. Wir bitten dich, du wöllest
uns armen Sündern gnädig und barmhertzig seyn unnd
uns alle unsere Sünde, die wir heut diesen Tag unnd die
88 Apostolisches, nizänisches und athanasianisches Glau-
bensbekenntnis, BSLK S. 21-30.
89 Confessio Augustana von 1530, BSLK S. 44-137.
90 Eph 4,29; 5,4; 2Tim 2,23; Tit 3,9.
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die morgen-, mittags- unnd vesper-, dergleichen die
Wercktags Predigten nicht uber ein halbe stund, er-
streckt werden, damit das Volck mehr mit lust und
begirde lenger zuzuhören dann mit eckel und ver-
druß abgehen und ein andermal desto begierlicher
und embsiger zu verkündigung Göttliches Worts ey-
len möge. An Sontagen unnd andern Feyer- und
Wercktagen, wann man zur Kirchen zu gehen und
aber doch neben dem Gesang kein Predigt zu halten
pflegt, sol allwegen ein Capitel auß dem alten oder
neuwen Testament dem Volck fürgelesen werdenb.
Auff daß manc auch ein gewissen Scopum habe,
nach welchem alle Predigten und Lehren in unsern
Kirchen dirigirt und gerichtet werden, so sollen in al-
|L2v| len und jeden puncten Christlicher Lehr die
Prophetischen und Apostolischen Schrifften das
rechte Fundament, die einige norma iudicii, Regel
unnd Richtschnur seyn, nach welcher alle fürfallen-
de streit unnd irrung dirimirt unnd hingelegt wer-
den mögen, unnd nechst der heyligen Göttlichen
Schrifft die drey bewehrte Symbola: Apostolicum,
Nicenum und Athanasianum88, dergleichen died
Augspurgische Confessione 89, dieser unser zeit Sym-
bolumf, als die in der Prophetischen und Apostoli-
c Agende 1618: man aber.
d Agende 1618: die ungeenderte.
e Agende 1618: Confession, so in Anno dreyssig Keyser
Carlen, dem fünfften dieses Namens, ubergeben.
f Agende 1618: Symbolum sampt derselbigen Apologia,
Schmalcaldischen Articuln und beyden Catechismis
Doctoris Lutheri seeligen etc.
g-g Agende 1618: soll man.
h Fehlt Agende 1618.
i Fehlt Agende 1618.
j Agende 1618: sich.
k-k Agende 1618: sich.
l-l Agende 1618: die Erfahrung bezeuget.
m Agende 1618: mag. Wann aber je die Zeiten und der Kir-
chen Notturfft erfordert, irrige, widerwertige Opinionen
zu rügen und straffen, soll dasselbige also mit beschei-
denem Christlichen Eyffer unnd eyfferiger Christlicher
Bescheidenheit geschehen, daß der eigentliche Status
controversiae nicht verruckt, sondern wohl inn acht ge-
nommen unnd darauff die Thesis oder reine Lehr auß
Gottes Wort bestättiget, die Antithesis aber und unreine
Gegenlehr nach solcher proba Göttlicher Warheit gerich-
tet und mit gutem Grunde widerleget werde.
schen Schrifften warhafftig fundirt und gegründet
unnd zum eigentlichen unnd notwendigen bericht
von einem jeden Artickel gnugsam seind, darauß
auch alle Certamina bey einfeltigen, Gottsfürchti-
gen unnd friedliebenden Hertzen, so viel zu unserer
Seelen Heyl und Seligkeit nottwendig ist, leichtlich
entscheiden unnd beygelegt werden können. Was
aber neuwe, spitzfündige Fragen, unnötige Dispu-
tationes unnd Schulgezänck, so von etlichen mit
grossem ärgernuß vieler Gottseliger Hertzen auff-
bracht werden, belangen thut, hiermit gpflegen wirg
nit allein dem einfeltigen Völcklein zuh verschonen
unnd sie auff die Predigstül nicht kommen zul las-
sen, sondern auch sonsten in allwege unsj deren zu
eussern und derwegen mit niemands in zanck und
streit kuns zuk begeben, dann fwir haltens gewißlich
darfürl, daß in diesen letzten zeiten von etlichen
müssigen Leuten viel auffbracht, disputiert und ge-
schrieben werde, daß unter das ungeistliche, lose ge-
schwetz, wortgezänck unnd närrische, unnütze fra-
ge, darfür der Apostel so treuw-I L3r | lich und ernst-
lich warnet90, nicht unbillich gezehlet werden mö-
genm.
Von der Vesper Lection uff Sambstage
Es solle auch in den Stätten unnd Flecken, da man mit
dem Feldbaw nicht so viel zu thun hat und da solches
nützlich unnd erbawlich anzustellen, alle Sambstag umb
zwey oder drey Uhren mit vorgehenden kurtzen Gesang
eine Vesperlection gehalten werden, da der Kirchendie-
ner allewegen ein Capittel auß der Bibel soll verlesen
unnd solches also kurtz, Summarischer weiß mit seinen
vornehmbsten Lehrstücken erklären, daß der gantze Ac-
tus uber ein halbe Stund oder zum allerlängsten drey
Viertheil Stund nicht wehren möge, entlichen mit dem
kurtzen Gesang: Verley uns Frieden gnediglich [siehe
Anm. 108], und folgendem Gebet beschliessen:
Allmächtiger Gott, Himmlischer lieber Vatter, wir
dancken dir von Hertzen, daß du uns abermals heut die-
sen Tag und die gantze verschienene Wochen so gnädig-
lich vor allem Ubel behütet. Wir bitten dich, du wöllest
uns armen Sündern gnädig und barmhertzig seyn unnd
uns alle unsere Sünde, die wir heut diesen Tag unnd die
88 Apostolisches, nizänisches und athanasianisches Glau-
bensbekenntnis, BSLK S. 21-30.
89 Confessio Augustana von 1530, BSLK S. 44-137.
90 Eph 4,29; 5,4; 2Tim 2,23; Tit 3,9.
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