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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0252
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Nassau-Weilburg

Vom Catechismo oder Kinderlehrn

Zweyerley Lehr gedencket der Apostel, so in Christ-
lichen Versamlungen geführet unnd jederzeit mit
fleiß getrieben werden sol, 1. Cor. 3 [2], Heb. 5
[12-14]:
I. Die eine nennet er Milch, dardurch wirdt ver-
standen ein kurtzer, einfeltiger Bericht von den
Hauptstücken unnd fürnemesten Artickeln deß
Christlichen Glaubens, welchen man den Kindern
und denen, so der Christlichen Lehr noch keinen
gründtlichen verstandt haben, fürhalten muß, da-
mit sie, wohin die lange Predigten und Schrifften
der Propheten und Aposteln gerichtet seyn und was
man darauß lehrnen unnd behalten sol, desto besser
vernemen und fassen mögen.
II. Die andern nennet er Starcke speise, das
seind nun die gantzen Predigten und außführliche,
gründtlicheo erklärungen der heyligen Göttlichen
Schrifft, da die Artickel Christlicher Lehre auß den
Propheten und Apostel Schrifften erwiesen und be-
stettiget, |L3v| die irrige, verführische Opiniones
und Meynungen widerlegt, Christliche erinnerung,
vermahnung und tröstung etc. angestellet werden.

verschienene Wochen wissentlich unnd unwissentlich be-
gangen haben, gnädig verzeihen und vergeben. Wöllest
auch, lieber Vatter, deine Barmhertzigkeit weiter zu uns
richten unnd uns heint diese Nacht und die künfftige
Wochen in deinen Vätterlichen Schutz und Schirm ne-
men unnd vor Sünden und allem Ubel bewahren, daß dir
all unser thun unnd Leben wolgefalle. Regiere uns inn
deinem Heiligen Geist, der da lebendig, rein und war-
hafftig ist, erhalte unter uns eine Heilige, Christliche
Kirch, Bewahre sie bey deinem lieben Wort und Sacra-
menten wider deß leydigen Teuffels wüten und toben
und wider die Boßheit unnd Tyranny der argen Welt.
Behüte unsere liebe gnädige Herrschafft und Obrigkeit
unnd alle deroselbigen angehörigen vor allem Ubel und
Schaden Leibes und der Seelen und regiere unseren Her-
ren unnd seine Diener mit deinem Heyligen Geist, daß
sie alle ihre Räth und Anschläge also führen, das die Ge-
rechtigkeit befördert und hingegen die Boßheit verhin-
dert und gestrafft werde. Behüte uns auch, Barmhertzi-
ger Vatter, vor Pestilentz, Thewrung, Kranckheit,
Brannt, Krieg, vor gehen [=jähem], schnellen, unbußfer-
tigen Todt und vor allen sehr wohlverdienten Straffen.

Das der Apostel Milch nennet, das nennen wir nach
alter gewonheit der Kirchen Catechismum, das ist
ein solche Lehr, so mit lebendiger stimm fürgetragen
und von den Zuhörern, daß sie es nachsagen kün-
dten, erfordert, daß hierinn die Kinder bald in der
jugent angeführt und unterwiesen werden sollen,
Wiewol auch die alten, so noch nit gnugsam ver-
standt haben Göttlichs worts, hierinn stetigsp ange-
wiesen und geubt werden müssen.
Da wil nun hin gesehenq seyn, daß nicht allein
die gemeinen Predigten mit fleiß gehalten, sondern
auchr der Catechismus mit ernst getrieben, die Kin-
der unnds unverstendige in den Hauptstücken
Christlicher Lehr underrichtet, und daß beyde, jun-
ge und alte, was zu irer Seelen heyl unnd seligkeit
notwendig ist zu lehrnen, stetigs angehalten werden.
Dann wie können die Predigten fruchtbarlich ange-
höret unnd etwas darauß vernommen und gefast
werden, wann man nit zuvor von den dingen, so all-
da weitleufftig unnd mit vielen worten tractiert und
gehandelt werden, einen kurtzen und klaren bericht
eyngenommen hat?

Gib uns unser liebes tägliches Brot, gut Wetter, Fried,
Gesundheit und was wir sonsten zu Leib und Seel bedorf-
fen. Sonderlich, lieber Gott unnd Vatter, so mache doch
uns arme Menschen zu Werckzeugen deiner grundlosen
Barmhertzigkeit und Güte und laß uns nicht Gefäß wer-
den deines Zorns und der ewigen Verdamnus, davon du
uns durch das Blut Jesu Christi, deines Sohns, erlöset
hast, auff daß wir uns dieser Erlösung zu allen Zeiten
können von Hertzen trösten, in dem Trost frölich ster-
ben unnd selig werden, durch denselbigen deinen Sohn,
unseren Herren Jesum Christum, Amen.
Vatter unser etc. Letzlich wirt der gewöhnliche Segen
gesprochen.
n Agende 1618: Unterricht der einfältigen unnd Kinder [In
Agende 1618 sind die Kapitel vom Katechismus und von
den Bettagen in der Reihenfolge vertauscht, in Agende
1618 folgt hier das Kapitel von den Bettagen].
o Fehlt Agende 1618.
p Agende 1618: stetigs nicht weniger als die Kinder.
q Agende 1618: zusehen.
r Agende 1618: auch fürnemblich.
s Agende 1618: unnd alte.

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