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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0261
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32. Kirchenordnung 1574/1576

gericht uns, dieweil wir uns nit selbst gerichtet und
zu warer buß und glauben an den Herrn Jesum
durch die Predigt deines worts bewegen lassen, biß
daher unter deiner Ruten der Pestilentz, Krieg,
Theurung, Verfolgung etc. (Hie wirt eben die not
und straff benennt, so vorhanden gewesen und von
Gott abgewendet worden ist etc.), damit wir nicht
in unserm sichern123, unbußfertigen leben und also
mit der Gottlosen Welt verdampt würden, gehalten
und gezüchtiget, | O2v | und aber doch, als der du nit
lust hast an dem Tod deß Sünders, sondern viel-
mehr, daß er sich bekehre und das Leben hab124,
mitten in dem zorn, der einen augenblick gewehret,
an deine Barmhertzigkeit gedacht und uns wider-
umb (auß dem Krieg in den lieben Frieden, auß der
Theuwrung zu ziemlichen notturfft und unterhal-
tung, auß gefahr der Pestilentz unnd vergifftung der
Lufft) gebracht und gesetzt hast, deiner Barmher-
tzigkeit haben wirs zu dancken, das wir in diesen
straffen (oder in der straff) nicht alle weggerafft und
verderbt worden seind. Wo du uns nicht samen het-
test uberbleyben lassen, so weren wir wie Sodoma
und Gomorra worden. Darumb sagen wir dir, Herr
Gott, himmlischer Vatter, im Namen deines Sohns
Jhesu Christi von hertzen mit geberden, worten
unnd Wercken lob und danck, das du uns deiner
straff so gnedigklich erlassen, deines zorns uberha-
ben125 und dich zu uns unwürdigen Vätterlich wid-
derumb gewendet hast, Sprechen derhalben billich
mit dem |O3r| Propheten David, Psalm 103 [1-22]:
Lobe den Herren, unsere seele, und vergiß nicht,
was er uns guts gethan hat, der uns alle unsere sün-
de vergibt und heilet alle unsere gebrechen, der un-
ser leben vom verderben erlöset, der uns krönet mit
gnaden und barmhertzi[g]keit, der unsern mundt
frölich macht und wir wider jungk werden wie Ade-
ler. Der Herr schaffet gerechtigkeit und gericht al-
len, die unrecht leiden. Er hat seine wege Moisen
wissen lassen, die kinder Israel sein thun. Barmher-
tzig und gnedig ist der Herr, gedültig und von gros-
ser güte. Er wirdt nicht immer haddern noch ewigk-
lich zorn halten. Er handelt nicht mit uns nach un-
sern sünden unnd vergilt uns nicht nach unser mis-
123 Unbekümmerten.
124 Ez 33,11.

sethat. Denn so hoch der Himmel uber der erden ist,
lesset er seine gnade walten uber die, so in fürchten.
So ferne der morgen ist vom abend, leßt er unser
ubertrettung von uns sein. Wie sich ein Vatter uber
Kinder erbarmet, so erbarmet sich der Herr uber
die, so ihn fürchten. Denn er kennet, was für ein
gemecht wir seind. Er |O3v| gedencket daran, das
wir staub seind. Ein Mensch ist in seinem leben wie
graß, er blüht wie eine Blume auff dem Felde; wann
der Wind darüber gehet, so ist sie nimmer da und
ihre stedt kennet sie nicht mehr. Die Gnade aber des
Herren weret von Ewigkeit zu Ewigkeit uber die, so
ihn fürchten, und seine gerechtigkeit auff Kindes
Kinde bey denen, die seinen Bundt halten und ge-
dencken an seine Gebott, das sie darnach thun. Der
Herr hat seinen Stul im Himmel bereit, und sein
Reich herschet uber alles. Lobet den Herren, ihr,
seine Engel, ir starcken Helden, die ir seinen befelch
außrichtet, das man höre die stimm seines Worts.
Lobet den Herrn, seine Heerscharen, seine Diener,
die ihr seinen willen thut. Lobet den Herrn, alle sei-
ne werck an allen orthen seiner Herrschafft. Lobe
den Herren, unsere seele, durch Jesum Christum,
unsern Herren und Heiland, Amen. | O4r |
Dancksagung für die Erkanntnuß Christi:
Wir preisen dich, Vatter und Herr Himmels und der
Erden, das du dein heiliges Wort, das liebe Evan-
gelium, in welchem alle schetz der weißheit und des
erkenntnuß verborgen ligen, uns unmündigen und
verachte[te]n offenbaret hast, welches doch den wei-
sen und klügen dieser Welt unbekannt ist. Ja, Vat-
ter, denn es ist also wolgefellig gewesen für dir, umb
solche deine wolthat wöllen wir dich allezeit loben,
der du uns von Christlichen Eltern hast lassen ge-
boren werden, durch welche wir mit deiner hülffe
zum rechten glauben kommen seind, und das du die
finsternuß unsers hertzens mit dem glantz deines
Gottlichen liechts erleuchtet, uns von aller falschen
Lehr und Abgötterey errettet, auff das wir seyen
mit- | O4v | erben und mitgenossen deiner verheis-
sung in Christo durch das Evangelium, welches uns
verkündiget den unaußforschlichen reichthumb dei-
125 Verschont.

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