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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0318
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Nassau-Weilburg

wegen deß Gehorsams, so sie ihrem Gott schuldig,
allen billichen unwillen, den sie gegen ihn (oder sie)
treget, fallen lassen wolte, unnd wil sich gebüren,
daß dieser Gottes und seiner Kirchen und Gemeine
Sententz der armen sündhafftigen Personen zur bes-
serung publiciert unnd verkündiget werde. Derhal-
ben im Namen unnd von wegen deß Herrn Jhesu
Christi, auß seinem eigenen Befelch, welchen er sei-
ner lieben Gemeine hinderlassen und gegeben hat,
da er spricht: Welchen ihr die Sünde vergebet, denen
sollen sie vergeben seyn, und welchen ir sie behaltet,
denen sollen sie behalten seyn etc.,269 Sprech ich als
ein ordentlicher beruffener Diener dieser Gemeine
diesen bußfertigen |n4v| sünder (oder sünderin-
nenw) von allen seinen (oder ihren) sünden ledig im
namen Gotts deß Vatters, deß Sons und deß heiligen
Geistes, Amen.
Und wil ihnen (oder sie) vermanet haben, das er
(oder sie) Gott für augen halten und nicht mehr
sündige, damit im (oder ir) nicht etwas ergers wi-
derfahre. Dergleichen wil ich auch alle Christgleu-
bige erinnert unnd vermanet haben, daß sie, wie sie
schuldig seindt, vor diese Personenx Gott anruffen,
er wolte ir gnade verleihen, daß ire buß rechtschaf-
fen, warhafftig unnd krefftig sey, sich selbst auch in
Gottes gehorsam ergeben unnd, daß sie Gott vor al-
len sünden und ergernussen behüten wolte, mit wa-
rem glauben bitten.
yHierauff folgt die Action der Communion, und sol
die Person, so da büsset, vor dem Altar oder Tisch
deß Herrn kniendt bleiben, biß die Communicanten
allesampt daß Sacraments deß Leibs und Bluts un-
sers Herrn Jhesu Christi genossen haben, endtlich
aber und am letzten sol sie auch hinzu geheny | o1r |
Hie sol man mercken, daß im anfang jetzt ge-
setzer Absolution nicht allwegen die obgerürte wort
gebraucht, sonder nach art und gelegenheit der sün-
den geendert, gescherpffet oder gemiltert werden
müssen, doch also, daß nichts auß eigenem affectu,
sondern alles der gefallenen Personen zu gutem
w KO/Agende 1609, Agende 1618: Sünderin.
x KO/Agende 1609: Person.
y-y Fehlt Agende 1618.
z Agende 1618: geärgert.

unnd der Christlichen Gemeine zur Besserung ge-
handelet werde.
Demnach aber diese handlung, da sich ein gefal-
lener Sünder zur offentlichen buß und versünung
mit Gott und der Christlichen Gemeine begeben sol-
le, als eine besondere schmach und schandtflecke, so
den büssenden Sündern angehenckt werden solt, vor
der Welt geachtet werden wil, derwegen auch viele,
so zur bekehrung und besserung geneigt, hierab
nicht ein geringes abscheuwens tragen und sich zur
versünung mit Gott, seiner Kirchen und Gemeine,
der sie doch sonsten zum höchsten begirig, nicht
gern bewegen lassen wöllen, als söllen sich die Pre-
diger befleissigen in iren Predigten, so offt sie darzu
ursach unnd gelegenheit haben, sonderlich aber,
wenn ein Person vorhanden, welcher der offentli-
chen Absolution begeret, dem Volck guten, grundt-
lichen bericht auß Gottes wort zuthun, wie es hier-
umb gethan und geschaffen sey, wie diese offendt-
liche buß den offenbaren Sündern nicht allein nütz,
sonder auch zu trost ires gewissens und darthüung
geburlichen gehorsams gegen der Christlichen Kir-
chen zum höchsten vonnöthen sey, |o1v| sintemal
der Herr Christus außtrücklich bezeugt, Gott wolt
ihm270 keine opffer oder Gottesdienst und also keine
bekehrung zu ihm gefallen lassen, es habe sich dann
der mensch zuvor mit seinem Bruder, in welches un-
willen er stehe, vertragen und versünet271. Da nuhn
die versünung mit einem einigen Bruder oder
Schwester nohtwendig ist zum rechtschaffenen, war-
hafftigen Gottesdienst und ohn dieselbige unsere
buß und bekehrung bei Gott nit stadtfinden noch
unsere Gottesdienst im gefallen mögen, wieviel
mehr wil vonnöten sein, daß wir uns mit so vielen
Brüdern und Schwestern, ja mit der gantzen Ge-
meine, die wir mit unserm unordentlichem wesen
betrübt und verergertz haben, vereinigen, wann wir
uns anders der Göttlichen verzeihung und gnaden
und daß Gott mit unser bekehrung und Gottes-
dienst zufrieden sein köndte, verhoffen und vertrö-
sten wöllen. Item, das allein sünde thun und bege-
269 Joh 20,23.
270 Sich.
271 Mt 5,23-24.

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