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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0320
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Nassau-Weilburg

dWas die Superintendenten in ihren ordentlichen Visitationibus fürnemen und verrichten sollen

Ein jeder Superintendens sol vermöge seines beruffs
alle in seinen Bezirck gehörige Kirchen auffs aller
fleissigst unnd treulichst zum wenigsten im jar ein-
mal visitiren und solche Visitation, die dann in Stet-
ten am füglichsten verrichtet werden kan, folgender
gestalt anstellen:
Erstlich sol er in gegenwertigkeit und mit zuthun
der Amptleute unnd Befelchhaber, dergleichen der
Burgermeister und etlicher deß Raths, der Stadt
Casten- und Hospitals rechnung anhören unnd mit
fleiß daran sein, daß nach gehaltener Rechnung al-
les, was die Vorsteher dem Casten unnd Hospital
schuldig bleiben an Gelt unnd Frucht, von stundt
an erlegen und uberliffern müssen.
Er sol auch sich fleissig erkündigen, ob etwa ir-
rung, mangel und gebrechen vorhanden, und, was
sich deren befindet, mit hülff und zuthun der Ober-
keit deß orts hinlegen und zurecht bringen und vor-
nemblich darauff sehen, daß den Kirchen nichts ent-
wendet oder |o3v| entzogen, sondern, da etwas

d-d Agende 1618: Erinnerung an die Pfarrer und Kirchen-
diener von der Conformitet und Gleichheit in Kirchen-
sachen, Ceremonien und Gebrauchen.
Obwol in Bestellung unnd Verwaltung deß Heyligen Mi-
nisterii und deren Sachen, so zum reinen Gottesdienst
gehören, dieses das vornehmbste ist, daß die Lehr un-
verfälscht seye unnd auß Gottes unfehlbarem Wort,
nemblichen den Prophetischen unnd Apostolischen
Schrifften allein, ohne Zusatz Menschlicher Traditionen,
Opinion unnd Meynungen geführet werde, so ist doch
darneben auch von Nothen, daß auff die Christliche Ce-
rimonien, Gebräuch unnd Mitteldinge, vermittelst deren
das Wort Gottes verkündiget unnd die Heyligen Sacra-
ment außgespendet, in gute acht genommen und also in
der gantzen Administration unnd Verwaltung deß
Reichs Christi gute Ordnung gehalten werde.
Demnach wir dann für dieser Zeit etwa gespüret und
befunden, daß in unserer Lande, Graffe- unnd Herr-
schafften Kirchen allerhand Difformitet und Ungleich-
heiten in solchen Adiaphoris unnd Mitteldingen, nem-
blich den Kirchen Ceremonien und Gebräuchen, einge-
schlichen mit Anordnung deß Gesangs, Verlesung der
Collecten, Verlängerung unnd Abkürtzung der Predig-
ten, mit ungleicher Observantz und Haltung der halben
und gantzen Feyer- wie auch geordtneter Bettäge, So-

alienirt und vereussert were, daß dasselbig wider-
umb herbeybracht, restituirt und erstattet werde.
Was ihm aber mit hülff unnd zuthun jetztgedachter
Oberkeit zu rectificiren, restituiren und erstatten
bedencklich und schwerfallen wolt, in solchem die
Kastenmeister und Hospitals Vorsteher, die verord-
nete Rähte oder, im fall der not, den Landsherren
selbßt zu ersuchen und sich allda rahts und hülff
zuerholen, anweisen und anhalten.
Zum andern sollen auch alle Pfarrherrn sampt
den Greben277 unnd Kastenmeistern im Ampt von
den Dörffern in die Statt gefordert und gleicher ge-
stalt wie jetzt vermeldet die Kastenrechnung von
inen angehöret, die resten278 eyngefordert, die ir-
rung, gebrechen und mängel geschlichtet, hingelegt
und erstattet werden.
Weiter sol der Superintendens die Pfarrherrn
und Kirchendiener der Stätt unnd Dörffer, einen je-
den insonderheit, fürnemmen und in bey seinen
Pflichten, damit er Gott und seiner Kirchen und
dem Landsherrn verwandt, auff folgende Articul

dann mit dem Heyligen Catechismo, Item bey Verwal-
tung der Heyligen Tauffe, Vorbereitung deß Heyligen
Abendmahls, Ordination der Kirchendiener unnd was
dergleichen mehr ist, darinnen etliche Kirchendiener un-
serer Kirchenordnung und Agenda ungemeß verfahren
und sich mehr nach andern Ordnungen unnd Gebräu-
chen gerichtet oder selbsten ihres Gefallens dispensiret,
Welches aber hinfüro keines Wegs seyn noch von Uns
geduldet werden soll, Weil wir Uns Christlich erinnern,
daß in der Kirchen Gottes nach deß Heyligen Apostels
Erinnerung alles züchtiglich und ordentlich zugehen sol-
le [1Kor 14,40], Als wollen Wir unsere Pfarrer und Kir-
chendiener sampt und sonders nachmal unnd endtlich
dahin mit Ernst erinnert unnd vermahnet haben, daß sie
hinfüro solche Mängel abschaffen, sich in allem unserer
Agenda und andern Unsern hierzu gehörigen sonderba-
ren Christlichen Ordnungen, darauff sie angenommen
unnd gelobet, gemeß verhalten unnd nicht ihres Gefal-
lens in einem unnd anderem Stück etwas newes unnd
besonders einzuführen gelüsten lassen, bey vermeydung
unserer vorbeheltlicher Straffe.

277 Dorfvorstehern, Grimm, DWb 9, Sp. 1.
278 Rückstände, Grimm, DWb 14, Sp. 824.

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