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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0322
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Nassau-Weilburg

handthabung, Ordnung unnd Christlichs Kirchen-
|p1v| regiments im auch die Handt biehte und ge-
burlichen beystandt thu.
Was nun hieruff respondiret wird, darinnen besse-
rung vonnöthen, sol der Superintendens notiren
unnd fleissig auffzeichnen. Darnach sol er den Pfarr-
herr abtretten lassen und die Obrigkeit sampt etz-
lichen auß den Zünfften und der Gemeine mit erin-
nerung irer Eyde und pflichten, damit sie Gott und
dem Landtsherrn zugethan, gleichsfals von nachfol-
genden puncten fragen unnd abhören:
1. Erstlich von deß Pfarrherrs Lehr unnd Leben,
ob er auch fleissig und ordentlich außgangener Kir-
chenordenung und Reformation gemeß zu gewisser
zeit und stunde die Predigten versehe, die Kinder
underweise und den Catechismum treibe, die Bet-
tage halte, die Sacramenta reiche, die Krancken be-
suche, die Todten begrabe und was mehr seins
Ampts ist, ohn verseumnuß verricht. Item, ob er
auch ein Volseuffer, Wucherer, Haderer, Lesterer
etc. sey, wie sich sein Weib und Kinder halten und
wie er und die seinen gegen mennigklich sich erzei-
gen, ob sie auch jemandt mit etwas uberlast280 thun,
beschwerlich oder ergerlich seyen oder einem
Predicanten ungemesses leben unnd wandel füh-
ren. | p2r |
2. Von unserer gnedigen Graven und Herren
Ordnung, wie die gehalten werde, Ob man auch
fleissig zur Kirchen gehe, Ob auch Widerteuffer,
Warsager, Segensprecher, Crystallengucker oder an-
dere, so solcher abergleubischen leut raht gebrau-
chen, Volseuffer, Gotteslesterer, Wucherer, Hurer,
Ehebrecher oder die sonsten ein unordentlich, erger-
lich leben führen, in der Gemeine seyen und, da hier-
inn einige klage verlieffe, an wem der mangel sey,
daß Gottes und deß Landsherrn ordenung nicht
trewlich nachgesetzt werde.
3. Von Schulen, Kasten und Hospitalen, in was
standt die seyen und wie sich ire Diener und Vor-
steher verhalten, söllen obgemelte Personen auch
mit fleiß gefraget werden, und sol der Superinten-
dens dieser antwort, so darauß einiger mangel ge-

spüret, gleich so wol als den vorigen deß Pfarrherrn
bericht auffzeichnen.
Was er dann für gebrechen von den Pfarrherrn, Zu-
hörern unnd Beampten also allenthalben notirt und
auffgezeichnet hat, derenthalben sol er sampt seinen
adiuncten, Decanis und Senioribus hernach, mit de-
nen der mangel befunden, ernstlich reden mit ange-
hengter harter bedrauwung. Da ein andermal ein
gleicher unfleiß gespürt würde, solten sie dem
Landsherrn angezeigt und zur gebürlichen straff ge-
zogen werden. Wann aber etwas besonders vorfiele,
| p2v | daran viel gelegen und dessen sich die Obrig-
keit deß orts nicht undernemmen kündt, sol der Su-
perintendens solchs notiren unnd dem Landsherrn
oder dem Rechten fürbringen und daselbst be-
scheids erwarten, sol auch dahin sehen und in allem
seinem fürnemen gute achtung darauff geben, das
nicht durch seine gutwilligkeit oder fahrlessigkeit
die Kirchendisciplin laxiret werden unnd das Pre-
digampt in verachtung gerahten möchte.
Es sol auch der Superintendens allwegen in der
Visitation irer, der Pfarrherrn einen von den Dorf-
fen, ein Predigt in der Stadt in seiner und der an-
dern ins ampt gehöriger Pastorn gegenwertigkeit
thun lassen, auch etliche under ihnen für den andern
allen examiniren, insonderheit, die er deß unfleisses
verdechtig helt, damit sie also zum Studiren unnd
bessern fleiß excitirt und angehalten werden.
Er sol sich auch underweylen an die ort, da jeder
Pfarrherr wohnet, verfügen unnd nicht allein die
Kirchenbew und Pfarrheuser, wie die stehen und ge-
halten werden, besichtigen, sondern auch deß Pfar-
herrn bücher durchsehen, sich seines studirens unnd
fleisses, auch aller seiner verhaltung im lehren unnd
leben erkündigen und darneben, da sonsten auch
bey der Gemeine mangel und gebrechen fürgefallen,
dieselbigen nach allem vermögen zur besserung
bringen. | p3r |
Insonderheit aber sol auch ein jeder Superinten-
dens der Kirchen halber, daran unsern gnedigen
Graven unnd Herrn das Ius patronatus zukompt,
sie seyen in- oder ausserhalb deß Landes gelegen,

280 Zur Last fallen, Grimm, DWb 23, Sp. 367f.

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