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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0347
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34. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung 1609

Vonn der h. tauffe
Eß soll kein pfarher oder kirchendiener die jungen
kinder umb ihrer eltern sunde und uhnbusfertigkeit
willen mitt der h. tauff ufziehen oder aber allerding
uhngetaufft liegen und sterben lassen. Demnach,
wan sichs begeben wurde, das kinder userhalb der
ehe geboren und zur h. tauff gebracht wurden, sollen
die kirchendiener nicht lang mitt denen, |151r | so
die tauff bey ihnen suchen, von des kindes vatter
disputiren, sondern uf begeren das kind alßbalt
tauffen unndt unsern beampten jedes orts solches
vermelden, welche sich darauf mitt we[i]deren nach-
fragen und sonsten der gebur werden zu verhalten
wissenn.
Dieweil auch etwa der misbrauch bey burgers-
und bawersleuten sich zutregt, das sie umb geschen-
ke und sonderliches nutzen willen oder darmit sie
sonsten desto mehr gesehen werden, viel gefattern
erpitten, dardurch dan ergernus ahngerichtet wird,
so sollen hinfuro nicht mehr dan zum meisten 3 ge-
vattern bey vermeidung unserer straf und ungnad
zugelasen werden.
Wier wollen auch hinfuro nicht zugeben23, das
junge leut, die selbsten noch kinder sind und die ur-
sach nicht verstehen, was das gevattern- und paten-
ampt auf sich habe, zur gevatterschafft bey der tauf
zugelasen werden. Sollen demnach die pastorn das
volck erindern und vermahnen, solche gevattern bey
der h. tauff zu stellen, die des alters und verstands
sein, das sie solchen actum mitt ernst verrichten
konnen, und deswegen niemands under 13 oder 14
jaren zulassen.
Nachdem es sich bißweilen begibet, das perso-
nen, so noch zur zeit der papisten aberglauben in
vielen stucken zugethan oder sonsten sich nicht in
allen puncten der reinen evangelischen lehr vermog
der ungeenderten, in anno 30 ubergebenen
Au[g]spurgischen Confession24 richtig finden kon-
nen, zu gevattern gebetten werden, sollen die kir-
chendiender, weyl ohnedas die verordnung der ge-

23 Zulassen, gestatten.
24 Confessio Augustana von 1530, BSLK S. 44-137.
25 Mt 12,30; Mk 9,40; Lk 9,50; 11,23.

vattern nicht eben ein ausgetruckter befelch Gottes,
sondern uß guten, erheblichen ursachen von men-
schen verordnet, in solchem fall vernunfftig und fur-
sichtig handeln und nicht balt jemant, der nicht ein
offentlicher lesterer Gottes, seines h. worts und der
hochwurdigen sacramenten, von der h. tauf aller-
dings abtreiben und abhalten, in betrachtung des
spruchs Christi25: Wer mitt unß ist, der ist nicht wie-
der unß; zudem, das solche leut, da sie von der tauff
abgetrieben, dardurch nicht gewonnen, sondern
vielmehr wieder die reine lehr des evangelii verbit-
tert werden, da doch hiegegen, wan sie zugelassen,
vermidelst der wirckung des h. geists nicht allein
ihnen selbsten, sondern auch anderen mehr verfuh-
reten bekerung darauß erfolgen kann.
Sollen demnach sich zum ersten mal damitt be-
gnugen lassen, das solche person durch ihr gegen-
werdigkeit mitt der that unser christtauff fur christ-
lich und recht erkennen. Da hergegen keinem unser
religion verwanden zu rathen oder aber gutzuhei-
schen, das er bey einer papistischen tauff undt da
sonsten gantz irrige meinung von der h. tauff spar-
giret werden, stehen und hiermitt ihre papistische
grewel und andere dergleichen irrsachen bestedigen
soll, gleichwohl aber darneben nicht underlasen, sol-
che personen ihres irthumbs halber mitt aller sanfft-
mut furzunehmen, zu berichten und darfur zu war-
nen und in summa dahin zu richten, das auch hier-
innen mitt guter bescheidenheit verfahren, darmitt
niemant ubereilet noch uhnordentlich wieder den
bevelh Christi, Matt. 18. cap. [15-17], gehandelt,
sondern solche gradus admonitionis in acht genom-
men werden. 1151v|
Coena domini
Ob auch wohl unsere vielbesagte christliche kirchen-
ordnung in der rubric „Von der christlichen versam-
lung, so den tag zufor geschicht, ehe man das h.
abentmahl helt, etc.“26 heilsamlich und wohl dispo-
niret, eß sollen die prediger und kirchendiener mitt

26 Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung von
1609, siehe oben, S. 262.

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