Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0348
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nassau-Weilburg

allem fleiß darauf tringen, das dem volck die gmeine
heichelische opinion de opere operato27 (da man
mitt den euserlichen ceremonien und werk, wan das
volnbracht, der sachen einen vollen gnugen ver-
meint gethan zu haben und solches fur gnugsam hal-
ten will) uß dem sinn und hertzen geredet und dan
ein jeder fur dem misbrauch dieses tewren hochwur-
digen sacraments mitt sonderm ernst und eifer ge-
warnet undt abgeschreckt werde, so befinden wier
doch dem zuentgegen, das hierinnen auch fast28
kaltsinnig und uhnachtsam hin und wider verfahren
und der gehorige eyfer nicht gespuret werde, wel-
ches uß dem erscheinet, fur eines, das die admini-
stration des h. abentmalß ahn vielen orten eben uf
die hohe fest gelegt und sonsten darneben entweder
wenig oder gar nicht verrichtet wird, darneben und
ahm andern, dieweil man bishero ohne underscheid
so viel grobe, uhnberichte leut, die im christen-
thumb gantz keinen grund und weder von der sund
oder der erbsund oder der erlosung durch Christum,
viel weniger der application, so durch wahren glau-
ben geschicht, vom glauben, was der seye, von der
bueß und bekerung zu Gott oder den h. sacramenten
einigen satten bericht haben, zum h. nachtmal zuge-
lasen hatt, welches alles mitt keinem schein mög
verandwortet werden, sondern deswegen alle die
schwere rechenschafft zu geben haben, die hieran
fahrlesig oder ursach gewesen, demnach ist unser
ernster bevelh und will, das man auch hierinnen die
kirchenordnung, so hin und wieder, sonderlich in der
rubric „Forma der ordination eines pfarhers“29,
§ „Die sacramenten etc.“30, dem pfarher bevielet, sie
sollen mitt sonderm fleiß drauf sehen, das die sa-
cramenta von niemant entheiliget und misbraucht
werden, besser in achtung nehmen, und die prediger
weder sich noch den gemeinen man, sonderlich umb
des alten verlogenen papistischen aberglaubens und
wahns willen, alß ob ein zeit heiliger und besser hier-
zu alß die ander, et sic ex opere operato eben ahn die

27 Opus operatum, die Wirksamkeit der Gnadenmittel, sie-
he oben, S. 68 Anm. 24.
28 Sehr.
29 Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung von
1609, siehe oben, S. 289.

hohe fest christag, ostern, pfingsten binden lassen,
welches dan ohnedieß noch ferner umb der menge
der communicanten willen diese ungelegenheit hatt,
das bey der furbereidung nicht alle diejenige, so zu
des herren tisch gehen wollen und etwa berichts gar
wohl fur anderm bedurffen, der gebür und noturfft
nach in sonderheit konnen exploriret und underrich-
tet werden (welches durch kirchenordnung mitt son-
derer discretion erfordert).
Es soll gleich hierumb niemand meinen, alß ob
man hiermitt der christlichen kirchen alte gute ge-
wonheit gedenck abzusteln, welche bishero im
brauch gehapt, uf den tag der einsatzung des
h. abentmalß, welchen wier den grünen donnerstag
nennen, und auch sonsten umb die osterliche zeit
das gedechtnus des tods Christi zu celebriren, dar-
bey es billig gelasen wird und keine newerung ohn
notwendig ursachen einzufuhrenn, 152r | wann nicht
sonsten dem gemeinen man der alte irthumb, desen
droben gedacht, usgeredet und derselbe von dieses
geheimnus rechte furbereidung, wesentlichen stu-
cken und heilsamen nutzen recht und nach noturfft
underrichtet wirdt, ohn welchen furgehenten bericht
und exploration die pfarher niemands, weder in den
stetten noch uf den dorfen, zulassen, das heilig-
thumb den hunden nicht furwerfen31 und darmitt
weder ihnen selbsten noch denen, so sich zu tisch-
genossen des herren uß grobem, unverantwortli-
chem, gantz unchristlichem verstand ahngeben und
darstellen, das ernste gericht Gottes, welches allen
unwurdigen gesten getrawet wird32, zuzihen sollen.
Folgen kurtze fragstucke, zum catechismo
Lutheri33 gehorig, darinnen die christliche jugent
und das einfeltig volck in den Nassaw
Sarpruckischen kirchen zu uben
Bistu ein armer sunder?
Ja.

30 Kirchenordnung von 1576 in der letzten Fassung von
1609, siehe oben, S. 293.
31 Mt 7,6.
32 1Kor 11,29.
33 Siehe oben, Anm. 11.

330
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften