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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0359
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34. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung 1609

reiser aufstelensn69, sollen verbotten sein bey der
kirchenbueß o6 alb., 4 do in allewege, wie auch in
anderen puncten nach gestalt der sachen die ober-
keitsstraffen furbehalten.
Von almosenstocken unndt gotscastenn
Damitt den landt- und hausarmen durfftigen, so
wegen leibsschwachheit, hohen alters und derglei-
chen gebrechen und uhnvermoglichkeit ihr brot mitt
der hand arbeit nicht mehr erwerben konnen, man
desto besser in ihrer durfftigkeit zu stewer kommen
moge und sie mitt desto reicher almosen mildiglich
bedencken und versorgen, verordnen wier und wol-
len, das in den stetten, fleken und sonsten uf dem
land in den volkreichen gemeinen uf die sontag und
furnembste feyertag das almosen mitt dem secklein
gesamlet, in einen sondern darzu geordnetenp gots-
casten geschuttet und die zuhorer durch die pfar[er]
und kirchendiener offtmalß vermahnet werden, das
niemants mitt lehren henden und ohne gottesgab fur
dem hern erscheine.
Desgleichen sollen bey den hochzeiten und ehe-
insegungen in der kirchen entweder mitt dem seck-
lein oder aber gesetzten buchsen und becken, wie es
entweder herkommen oder ahm fuglichsten noch
kunfftig ahnzurichten erachtet wirdt, die almosen
gesamlet und die hochzeitgest zue milden70 gaben
den armen zu stewren, ermahnet werden.
Zum tritten soll man auch jederzeit in der kir-
chen bey der tauffe die almosen fordern undt son-
derlich paten und goden71 vermahnen, das jedesq zu

o-o B: 6 1/2 alb.
p B: verordneten.
q B: iglichs.
r B: geschlossen.
s Fehlt B.
t-t B: Wen in gewissen jahrszeiten die zunfft angestelt und
gehalten werden, sollen jeder zeit die buchsen aufgesetzt
und ein gottesgab vor die armen von den erben und an-
dern gegeben werden.
B: zu milden sachen außsetzen und verordnen.
v Fehlt B.
w Fehlt B.
x B: gotteskasten.
y B: vornemlich.

erhaltung der armen etwas umb Gottes willen nach
seinem vermogen gebe.
Furs vierte, wann keuff, tausch oder andere der-
gleichen contracten getroffenr und beschrieben wer-
den, soll man keuffer und verkeuffer mitt ufge-
setzer72 buchsen vermahnen, das sie auch in den
gotscasten etwas wollen helfens stewren, alß auch
[zum fünften] in erbfellenn, wan theilung der erb-
schaft furgenommen, tsollen zu der zeit die buchsen
ufgesetzt und ein gottesgab fur die armen von den
erben gebetten habent.
Zum sechsten sollen die kirchendiener reiche und
vermogliche personen in ihrem lager73 sowohl alß
sonsten mitt glimpf74 und bescheidenheit vermah-
nen, das sie zu besserer underhaltung und trost der
armen von ihrer verlassenschafft75 etwas uzu-
schiesen undvertestirenu wollen. |158r |
Zum 7. Wann leichtpredigten gehalten wer-
denv, soll alweg ein be[c]ken gesetzt werdenw ahn das
ort, da die leut furubergehen, welche die leich belei-
tet, und durch den pfarher allezeit fleisig vermahnet
werden, das den armen ein gab von ihnen moge wie-
derfahren.
Waß demnach also in den almosencastenx felt,
das soll man wohl verwahret behalten, damitt be-
sondersy eingesessenen hausarmen darvon nach er-
tragenderz gelegenheit des gottscasten konne ge-
stewret werden. Wo auch hausarme und sonsten
durfftige sein, die also gethan, das ihnen das almo-
sen nicht wohl zu versagen, denen sollen die casten-
oder kirchenmeister, wie solche jedes orts sein und
gezogen werden, mitt zuzihung des pfarhers und kir-

z B: ertragung der.
69 Bräuche, bei denen frisches Maigrün aufgehängt wurde,
um Krankheiten und böse Geister fernzuhalten,
HWDA 5, Sp. 1515f. Vgl. ähnliche Gebräuche in der Kir-
chenzuchtordnung von 1591 aus Ysenburg-Ronneburg,
unten, S. 596 Anm. 18.
70 Großzügigen.
71 Patinnen, Grimm, DWb 8, Sp. 991.
72 Aufgestellter, hingehaltener.
73 Auf dem Totenbett.
74 Anstand.
75 Von ihrem Nachlass.

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