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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0361
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34. Erläuterungspunkte zur Kirchenordnung 1609

censuras fleisig uber die fahrlesige zuhorer und ver-
achter des worts und der h. sacramenten, censuri-
ren, straffen, zeichen solches uf und zeichens ahn
bey rechter zeit. Ein ander aber lest auch in diesem
stuk das seyl in die bech henkenq82 und was rder
dinger viel mehr ist, so zu lang hier zu erzehlen, und
fur Gott und der oberkeit, auch gegen den pfarkin-
dern nimmermehr zu verantworten.
Diese nuhn und dergleichen mehr ungleicheiten,
mengel und gebrechen, so theilß uß unzeitigem fur-
witz entstehen, das mancher mit dero ihm vorge-
melter ordnung sich nicht will settigen83 lassen und
ein bessers vermeinet uf die bahn zu bringen, theils
aber durch der prediger nachlesigkeits verursachet
wird, indem sie weder die agenda recht mogen ahn-
sehen, viel weniger aber den rucken dahinder stre-
cken84, das danacht gelebt werde, gedencken wier
nicht lenger also zu geduldenu, sondern wollen hier-
mitt endlichen und bevehlen, weil wier unß erin-
dern, das Gott der her ein gott der ordnung unndt
nicht der confusion ist85, auch des h. apostels erin-
derung dahin lautet, das in der kirchen und gmein
Gottes alles soll richtigv zugehen86, dasw die kirchen-
diener nicht sollen ihrem gutduncken nach ein oder
andere ordnung und gebreuch einfuhren, sondern
denen, die sie gefunden und darauf sie Gott, unß
und der kirchen gelobt, stracks fuses und was ihnen
q B: henken und läst seine pfarkinder also hingehen in ih-
rer sicherheit.
r-r B: deß dings.
s B: nachläsigkeit und unachtsamkeit.
t B: dere.
u B: dulden.
v B: richtig und ordentlich.
w B: das hinfurter.
x Fehlt B.
y B: gehandelt.
z B: ihnen so wohl.
a B: unsere christliche.
b-b B: alß auch andere mandata und die.
c B: gleichheit nitt.
d-d B.
Kurtzer extract aus den alten ordnungen von pfarr-
und kirchengutern, zinß, renten und gefällen,
auch kirchen- und pfarbawen
Erstlich sollen bey einer jeden pfarr und christlicher ge-
mein beneben dem pfarherr alß öbersten bawmeister,
nach dem die gemein gros ist, zween, 3 oder 4 casten-
meister, juraten oder brudermeister, wie an unterschied-
lichen ortten dieselbige genennet werden, frome, redliche
und unberichtige [=unbescholtene, ehrbare] männer vom

drinnen furgeschrieben, demselbigen gleichformig
ahn einem ort wie ahn den andern getrewlich, fleisig
und richtig nachkommen, damitt wier nicht ursach
gwinnen, uf fernere mittel bedacht zu sein, wie sol-
chex unsere kirchenordnung besser alß bishero moge
gehandhapty und practiciret werden.
Dieß seind also die furnemste, notwendigste
puncten, bey denen wier nach dem itzigen befunde-
nen zustandt und gelegenheit deren uns von Gott
vertrawte, bevohlne underthanen und kirchen ein
ernstes einsehen zu haben und ferner erleuterung
und erklerung deren ahnzustellen und solches zu
mehrer handhab unser kirchenordnung beyzutru-
cken, fur eine noturfft erachtet haben.
Und wollen unß hierauf versehen, unsere ober-
und undere amptleut, superintendenten, pfarher,
rentmeister, keller, schulteiß und alle andere be-
velchhaber wie auch kirchenseniorn und undertha-
nen werden ihnenz87 |159r | offtgedachte unserea kir-
chenordnung bwie auch dieseb itzige erleuterungs-
puncten, so zu Gottes ehr, pflantzung undt erhal-
tung guter zucht und erbarkeit, auch mitt wohlsten-
diger conformitas und gleichheitc ahngesehen, un-
serm g. vertrawen undt ihren amptspflichten schul-
digkeit nach jeder in seiner stell zu getrewer hand-
habung und observantz ahngelegen sein lassen etc.
dLudwig Grav zu Nassaw etc.
pfarher und den senioribus erkoren, auch zu einsamlung
und handhabung der kirchengutter zinß, renten und ge-
fällen sampt allen andern gerechtigkeiten bestetiget wer-
den, desen sich keiner, so darzu erkohren wird, bey straf
10 fl verwegern soll, jedoch das keiner uber zwey jahr
wieder seinen willen darzu verpflichtet, sonder, welcher
aufrichtige rechnung und vollige bezahlung gethan von
2 jahren, kan er los erlasen und ein ander an seine stätt
substituirt werden, bis die ordnung wiederumb ahn ihn
kombt.
Zum andern sollen alle guter, so auß gewisser uhrkund den
pfarren, kirchen, altarn und almosen eigenthumblich zu-
gehörig sind, in beysein und durch hulff der beampten
jedes orts, wo esan forchen und steinen mangelt, von neu-
em verforkt und versteinet [siehe oben, S. 311] werden.

82 Die Leine locker, den Dingen ihren Lauf lassen, vgl.
Wander, Sprichwörter-Lexikon 3, Sp. 28.
83 Zufrieden geben, Grimm, DWb 14, Sp. 1832.
84 Den Rücken kehren, sich nicht darum scheren, Grimm,
DWb 14, Sp. 1349.
85 1Kor 14,33.
86 1Kor 14,40.
87 Sich.

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