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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0391
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Einleitung

1. Reformordnung für das Kloster Schlüchtern 2. Juni 1543 (Text S. 393)
Eine weitere Keimzelle der Reformation in der Grafschaft war die Benediktinerabtei in Schlüchtern, die
unter hanau-münzenbergischem Schutz stand. Abt Petrus Lotichius,15 der dem Kloster seit 1534 vorstand,
war mit Philipp Melanchthon bekannt und hing früh der neuen Lehre an. Um 1540 richtete er eine Latein-
schule im Kloster ein, um den Predigernachwuchs auszubilden.16 Nach dem Regensburger Reichstag 1541
begann er damit, die Reformation im Kloster einzuführen, und an Pfingsten 1543 feierte der Konvent
erstmals das Abendmahl unter beiderlei Gestalt.17 In einer Reformordnung18 aus dem gleichen Jahr hielt
Lotichius seine Neuerungen fest. Hierzu gehörte vor allem der Laienkelch, der auf dem Reichstag in
Regensburg ausdrücklich zugelassen worden war.19 Daneben beschrieb er den Tagesablauf der Kloster-
schüler, der von Studium und Stundengebet geprägt war.20
Vorbilder für Lotichius’ Reformwerk waren die Ordnung des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II.
von 154021 und diejenige des Fuldaer Abts Philipp Schenck zu Schweinsberg von 1542.22 Daneben war die
Kölner Reformation,23 die Erzbischof Hermann von Wied 1543 vorangetrieben hatte, von Bedeutung.
Die Schlüchterner Reformordnung ist an die „Hanauer Befehlshaber“, also an die Vormundschaftsre-
gierung gerichtet. Außerdem scheint Lotichius ein Exemplar an den Würzburger Bischof geschickt zu
haben. In einer weiteren Schrift, die er dem Fürstabt in Fulda sandte, fasste er die im Kloster Schlüchtern
eingeführten Neuerungen zusammen und rechtfertigte sein Reformationswerk.24
Der Schlüchterner Abt formte in den 1540er Jahren nicht nur seinen Konvent evangelisch um, sondern
führte die Reformation - gegen den Widerstand des Würzburger Bischofs - auch in den Pfarreien des
Klosters ein.25

15 Petrus Lotichius (1501-1567) ging 1517 ins Kloster
Schlüchtern, von 1525 bis 1534 war er Pfarrer in
Schlüchtern, 1534 wurde er zum Abt des Klosters
gewählt, Kathrein, Bemühungen, S. 178f.; Heppe,
Kirchengeschichte 2, S. 225-229; Kaspar, Reform,
S. 269-273; Aschkewitz, Kampf, S. 27f.; ders., Pfar-
rergeschichte, S. 654; Rullmann, Urkundliche
Geschichte, S. 143-153; ders., Geschichte der Reforma-
tion, S. 295f.; Cuno, Lotichius, in: ADB 19 (1884),
S. 269f.; Schiele, Reformation, S. 34-57, 100-121.
16 Rullmann, Urkundliche Geschichte, S. 157f.;
Schiele, Reformation, S. 70f.
17 Rullmann, Urkundliche Geschichte, S. 159.
18 Das Original der Ordnung ist nicht erhalten, siehe unten,
S. 393 Anm. a.
19 Abdruck des Reichsabschieds in CR IV, S. 190-238. Vgl.
Kathrein, Bemühungen, S. 152f.; Schiele, Reforma-
tion, S. 77, 93f.
20 Vgl. Schiele, Reformation, S. 86-91; Kaspar, Reform,
S. 278-281; Kathrein, Bemühungen, S. 154-156;
Aschkewitz, Verhältnisse, S. 9. Zur Reformation im
Kloster Schlüchtern siehe Rullmann, Geschichte der
Reformation, S. 295-304.

21 Abdruck in Sehling, EKO III, S. 39-90; vgl. Ka-
threin, Bemühungen, S. 152f.; Schiele, Reformation,
S. 94; Rullmann, Urkundliche Geschichte, S. 158.
22 HStaatsA Marburg Best. 22a 1, Nr. 3. Abdruck in
Schannat, Johann Friedrich, Dioecesis Fuldensis
cum annexa sua hierarchia, Frankfurt a.M. 1727,
S. 343ff., vgl. Kathrein, Bemühungen, S. 132-137.
23 Rullmann, Urkundliche Geschichte, S. 152-154. Die
Kölner Kirchenordnung kann Lotichius nicht als direkte
Vorlage für seine Ausführungen gedient haben, da sie
erst im Spätsommer 1543 erschien, Kathrein, Bemü-
hungen, S. 155. Abdruck der Kölner Kirchenordnung in
BDS 11,1, S. 147-429; vgl. Köhn, Mechtild, Martin
Bucers Entwurf einer Reformation des Erzstifts Köln.
Untersuchung der Entstehungsgeschichte und der Theo-
logie des „Einfaltigen Bedenckens“ von 1543 (UKG 2),
Witten 1966.
24 Kathrein, Bemühungen, S. 155; Schiele, Reforma-
tion, S. 279; Rullmann, Urkundliche Geschichte,
S. 158.
25 Kathrein, Bemühungen, S. 178f.; Heppe, Kirchenge-
schichte 2, S. 225-229; Kaspar, Reform, S. 281f.

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