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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0397
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Einleitung

senden. Naum hielt sich Anfang Dezember für einige Tage in Hanau-Münzenberg auf und trat am 11. Ok-
tober des folgenden Jahres als Superintendent schließlich ganz in die Dienste Philipp Ludwigs II.55 Zu den
ersten Maßnahmen des Konfessionswechsels gehörte eine in Steinau abgehaltene Unterredung mit rund 30
Predigern, denen der Bekenntniswechsel nahegelegt wurde. Im gleichen Jahr vollzogen sich in den Gemein-
den der Ämter Büchertal und Windecken personelle Veränderungen auf den geistlichen Stellen,56 die nur
damit zu erklären sind, dass die lutherischen Geistlichen entlassen und reformierte an ihre Stelle gesetzt
wurden.
5. Reformationsmandat für das Amt Rodheim 11. Mai 1596 (Text S. 410)
Zu den ersten Orten, in denen das reformierte Bekenntnis eingeführt wurde, gehörten die Pfarreien des
Amtes Rodheim v. d. Höhe. In Rodheim selbst waren die Pfarrer Georg Fabricius und Johannes Almers-
bach die führenden reformierten Prediger.57 Am 11. Mai 1596 wurde Johann Bott, der Schultheiß des
Amtes, angewiesen, in Rodheim, Ober- und Niedereschbach, Holzhausen v. d. Höhe und Steinbach im Tal
umfassende Veränderungen vorzunehmen.58 Er sollte die Bilder und Taufsteine aus den Kirchen entfernen
lassen und die Hauptaltäre jeweils durch einen Tisch mit einem grünen oder schwarzen Tuch ersetzen. Trotz
des mancherorts massiven Widerstands gegen den Bekenntniswechsel wurde die Zweite Reformation
schließlich in fast allen Pfarreien eingeführt.59
Auch in den Gebieten, die Hanau-Münzenberg in Gemeinschaft besaß, wurde der Wechsel des Bekennt-
nisses durchgesetzt, etwa 1597 in Vilbel. In der Gemeinschaft Ortenberg kam es zur Doppelbesetzung: Die
Stolberger Gemeinschaftsherren stellten 1603 einen Lutheranhänger an, Graf Philipp Ludwig II. installierte
unabhängig davon einen reformierten Pfarrer.60
6. Visitation
6a. Mandat zu Visitation und Sittenzucht 23. Februar 1597 (Text S. 411)
6b. Visitationsinstruktion 27. Februar 1597 (Text S. 415)
Ein wichtiges Instrument, den Bekenntniswechsel in der Grafschaft durchzusetzen, war eine Visitation, die
für die erste Jahreshälfte 1597 anberaumt wurde und die Anfang des Jahres zunächst in der Obergrafschaft,
bis zum Sommer auch in der Untergrafschaft durchgeführt wurde.61 Am 23. Februar erließ Philipp Lud-
wig II. gemeinsam mit seinem Bruder Albrecht62 ein Mandat für alle geistlichen und weltlichen Amtsträger

als Inspektor. Nach Olevians Tod 1587 wurde er Rektor
der Hohen Schule in Herborn. Seit 1595 war er an der
Einführung der Zweiten Reformation in Hanau-Mün-
zenberg beteiligt, Grün, Theologische Fakultät, S. 72f.;
Ohrndorf, Einführung, S. 92 Anm. 62; Cuno, Blätter,
S. 119-123; Aschkewitz, Wirksamkeit, S. 83-87; ders.,
Pfarrergeschichte, S. 5.
55 Jodocus Naum starb allerdings im November 1597,
Aschkewitz, Wirksamkeit, S. 91f.; Müller-Lu-
dolph, Philipp Ludwig II., S. 202.
56 Vgl. Aschkewitz, Pfarrergeschichte, zu den entspre-
chenden Gemeinden.
57 Georg Fabricius (1554-1634) immatrikulierte sich um
1574 in Frankfurt/O. Von 1582 bis 1587 war er Schul-
meister in Assenheim, anschließend bis 1590 Pfarrer in
Rodheim v. d. Höhe, zwischen 1593 und 1595 in Hanau,
anschließend bis 1634 erster Pfarrer und Inspektor in

Windecken, Aschkewitz, Pfarrergeschichte, S. 353f.;
Diehl, Beiträge, S. 16. Zu Johannes Almersbach siehe
Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch VII, S. 41.
58 Dahmen, Nach Gottes Wort, S. 11-18; Aschkewitz,
Durchsetzung, S. 87f.; Zimmermann, Hanau, S. 586f.
59 Widerstand lässt sich etwa im Schlüchterner Land
erkennen, Aschkewitz, Durchsetzung, S. 84-93. In
Bleichenbach und Selters setzte sich infolge des nach-
haltigen Protests der Bevölkerung das lutherische
Bekenntnis wieder durch, ebd., S. 40. Dahmen, Nach
Gottes Wort, S. llf.; Diehl, Pfarrer- und Schulmeister-
buch VII, S. 39f.
60 Steitz, Geschichte, S. 98.
61 Dahmen, Nach Gottes Wort, S. 23; Gbiorczyk, Ent-
wicklung, S. 156f.
62 Trotz bestehender Primogenitur strebte Philipp Lud-
wigs II. jüngerer Bruder Albrecht (1579-1635) die Mit-

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