Hanau-Münzenberg
(Nr. 6a), in dem er sich bereits auf erste Visitationsergebnisse berief und weitere Reisen des Superinten-
denten Jodocus Naum und des Sekretärs Heinrich Crafft ankündigte.63 In dem Mandat unterstrichen die
Grafen, worauf die Visitatoren besonders zu achten hätten: Die Geistlichen sollten seelsorgerliche Gesprä-
che mit den Gläubigen führen, den Verstorbenen Leichenpredigten halten sowie Tauf-, Ehe- und Sterbere-
gister anlegen. Die Ältesten und Kirchenschöffen hatten für die Unterstützung der Armen zu sorgen, das
Presbyterium sollte regelmäßig zusammentreten. Die Gläubigen wurden zum Gottesdienstbesuch sowie zur
Sonn- und Feiertagsheiligung ermahnt, die Eltern sollten ihre Kinder zum Katechismusunterricht schik-
ken.64
Das Visitationsmandat vom 23. Februar 1597 ist in einem zeitgenössischen gesiegelten Original über-
liefert. Max Aschkewitz vermutete, dass es sich hierbei um das Einleitungsschreiben zu einer Presbyteri-
umsordnung handele, da sowohl das Mandat als auch die Ordnung im ältesten Protokollbuch des Steinauer
Presbyteriums von 1597 überliefert ist.65 Das Mandat erwähnt zwar, dass die Geistlichen sich monatlich
mit den Ältesten beraten sollten, es nimmt jedoch keinerlei Bezug auf die Presbyteriumsordnung (Nr. 13),
so dass kein zwingender Zusammenhang zwischen beiden Stücken besteht.66
Wenige Tage nachdem das Visitationsmandat ausgestellt worden war, instruierten die Hanauer Räte
den Amtmann Melchior Neidhard von Lauter und den Keller Johann Hettenius in Steinau damit, das
gräfliche Mandat an jedem zu visitierenden Ort sonntags nach der Predigt von der Kanzel zu verlesen
(Nr. 6b).
Für die 1597 in Hanau-Münzenberg durchgeführte Bereisung der Pfarreien hatte sich Melchior Neid-
hard von Lauter die kurpfälzische Visitationsinstruktion vom 16. März 1597 nach Steinau schicken lassen,
deren detaillierte Fragenkataloge er vermutlich als Vorlage für seine Untersuchung verwendete.67
7. Kirchenzuchtordnung 12. Januar 1599 / 3. November 1602 (Text S. 416)
Mit dem Reformationsmandat für das Amt Rodheim von 1596 (Nr. 5) und den Visitationsanweisungen von
1597 (Nr. 6) hatte Philipp Ludwig II. die Grundlagen der Zweiten Reformation gelegt. Zur Festigung des
Bekenntniswechsels erließ er 1599 gemeinsam mit seinem Bruder Albrecht eine Kirchenzuchtordnung. In
der Vorrede verwiesen die beiden Grafen auf die Zuchtordnung ihres Vaters, Philipp Ludwig I., die mögli-
cherweise im Zuge der Visitation von 1577 entstanden war, die jedoch nicht überliefert ist. Diese Ordnung
nahmen die Söhne als Grundlage für ihr neues Regelwerk, bei dessen Ausarbeitung sie sich auf die Ysen-
burger Kirchenzuchtordnung68 von 1598 stützten, wie zahlreiche wörtliche Übereinstimmungen belegen.
Die Hanau-Münzenberger Zuchtordnung von 1599 umfasst 19 Artikel, denen - wie dem Mandat zu
Visitation und Sittenzucht vom 23. Februar 1597 (Nr. 6a) - ein Katalog mit Geldstrafen für die einzelnen
Verfehlungen angehängt ist, der jedoch gegenüber demjenigen des Mandats ausführlicher ausfällt. Auch
herrschaft an, worüber bis über den Tod Philipp Lud-
wigs II. hinaus heftig gestritten wurde, Cuno, Philipp
LudwiglI, S. 67; Müller-Ludolph, Philipp Lud-
wig II., S. 145-169; Dietrich, Landes-Verfaßung,
S. 174-189; Siebert, Philipp Ludwig II., S. 151.
63 Müller-Ludolph, Philipp Ludwig II., S. 203; Asch-
kewitz, Wirksamkeit, S. 95f.; ders., Kampf, S. 37f.;
Dahmen, Nach Gottes Wort, S. 23f. Vgl. zur Visitation
in den Ämtern Windecken und Bornheimerberg, die
Naum und Crafft zwischen dem 4. April und dem 15.
Juli 1597 durchführten, die Akten im HStaatsA Mar-
burg Best. 83, Nr. 42/9 und Zeeden, Repertorium 1,
S. 77f. Zum Ablauf der Visitation in Windecken siehe
Müller-Ludolph, Philipp Ludwig II., S. 204;
HStaatsA Marburg Best. 83, Nr. 55/8 und Nr. 353.
64 Müller-Ludolph, Philipp Ludwig II., S. 203f. Anm.
105; Gbiorczyk, Entwicklung, S. 67f., dort fälschlich
auf 2. Februar datiert.
65 Aschkewitz, Wirksamkeit, S. 96; ders., Kampf, S. 29.
66 Zum Bezug des Mandats zur Presbyteriumsordnung
[1609] siehe unten, Einleitung zu Nr. 13.
67 Dies geht aus dem Vermerk auf der kurpfälzischen
Instruktion hervor: Instruction A, B, C, D, E, F, G. Pro
dn. praefecto Hanovico a Lauthern. Die Beilagen liegen
nicht vor. Abdruck der Instruktion in Sehling, EKO
XIX, S. 876-885, Vgl. ebd., S. 704.
68 Siehe unten, S. 670, Nr. 18.
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(Nr. 6a), in dem er sich bereits auf erste Visitationsergebnisse berief und weitere Reisen des Superinten-
denten Jodocus Naum und des Sekretärs Heinrich Crafft ankündigte.63 In dem Mandat unterstrichen die
Grafen, worauf die Visitatoren besonders zu achten hätten: Die Geistlichen sollten seelsorgerliche Gesprä-
che mit den Gläubigen führen, den Verstorbenen Leichenpredigten halten sowie Tauf-, Ehe- und Sterbere-
gister anlegen. Die Ältesten und Kirchenschöffen hatten für die Unterstützung der Armen zu sorgen, das
Presbyterium sollte regelmäßig zusammentreten. Die Gläubigen wurden zum Gottesdienstbesuch sowie zur
Sonn- und Feiertagsheiligung ermahnt, die Eltern sollten ihre Kinder zum Katechismusunterricht schik-
ken.64
Das Visitationsmandat vom 23. Februar 1597 ist in einem zeitgenössischen gesiegelten Original über-
liefert. Max Aschkewitz vermutete, dass es sich hierbei um das Einleitungsschreiben zu einer Presbyteri-
umsordnung handele, da sowohl das Mandat als auch die Ordnung im ältesten Protokollbuch des Steinauer
Presbyteriums von 1597 überliefert ist.65 Das Mandat erwähnt zwar, dass die Geistlichen sich monatlich
mit den Ältesten beraten sollten, es nimmt jedoch keinerlei Bezug auf die Presbyteriumsordnung (Nr. 13),
so dass kein zwingender Zusammenhang zwischen beiden Stücken besteht.66
Wenige Tage nachdem das Visitationsmandat ausgestellt worden war, instruierten die Hanauer Räte
den Amtmann Melchior Neidhard von Lauter und den Keller Johann Hettenius in Steinau damit, das
gräfliche Mandat an jedem zu visitierenden Ort sonntags nach der Predigt von der Kanzel zu verlesen
(Nr. 6b).
Für die 1597 in Hanau-Münzenberg durchgeführte Bereisung der Pfarreien hatte sich Melchior Neid-
hard von Lauter die kurpfälzische Visitationsinstruktion vom 16. März 1597 nach Steinau schicken lassen,
deren detaillierte Fragenkataloge er vermutlich als Vorlage für seine Untersuchung verwendete.67
7. Kirchenzuchtordnung 12. Januar 1599 / 3. November 1602 (Text S. 416)
Mit dem Reformationsmandat für das Amt Rodheim von 1596 (Nr. 5) und den Visitationsanweisungen von
1597 (Nr. 6) hatte Philipp Ludwig II. die Grundlagen der Zweiten Reformation gelegt. Zur Festigung des
Bekenntniswechsels erließ er 1599 gemeinsam mit seinem Bruder Albrecht eine Kirchenzuchtordnung. In
der Vorrede verwiesen die beiden Grafen auf die Zuchtordnung ihres Vaters, Philipp Ludwig I., die mögli-
cherweise im Zuge der Visitation von 1577 entstanden war, die jedoch nicht überliefert ist. Diese Ordnung
nahmen die Söhne als Grundlage für ihr neues Regelwerk, bei dessen Ausarbeitung sie sich auf die Ysen-
burger Kirchenzuchtordnung68 von 1598 stützten, wie zahlreiche wörtliche Übereinstimmungen belegen.
Die Hanau-Münzenberger Zuchtordnung von 1599 umfasst 19 Artikel, denen - wie dem Mandat zu
Visitation und Sittenzucht vom 23. Februar 1597 (Nr. 6a) - ein Katalog mit Geldstrafen für die einzelnen
Verfehlungen angehängt ist, der jedoch gegenüber demjenigen des Mandats ausführlicher ausfällt. Auch
herrschaft an, worüber bis über den Tod Philipp Lud-
wigs II. hinaus heftig gestritten wurde, Cuno, Philipp
LudwiglI, S. 67; Müller-Ludolph, Philipp Lud-
wig II., S. 145-169; Dietrich, Landes-Verfaßung,
S. 174-189; Siebert, Philipp Ludwig II., S. 151.
63 Müller-Ludolph, Philipp Ludwig II., S. 203; Asch-
kewitz, Wirksamkeit, S. 95f.; ders., Kampf, S. 37f.;
Dahmen, Nach Gottes Wort, S. 23f. Vgl. zur Visitation
in den Ämtern Windecken und Bornheimerberg, die
Naum und Crafft zwischen dem 4. April und dem 15.
Juli 1597 durchführten, die Akten im HStaatsA Mar-
burg Best. 83, Nr. 42/9 und Zeeden, Repertorium 1,
S. 77f. Zum Ablauf der Visitation in Windecken siehe
Müller-Ludolph, Philipp Ludwig II., S. 204;
HStaatsA Marburg Best. 83, Nr. 55/8 und Nr. 353.
64 Müller-Ludolph, Philipp Ludwig II., S. 203f. Anm.
105; Gbiorczyk, Entwicklung, S. 67f., dort fälschlich
auf 2. Februar datiert.
65 Aschkewitz, Wirksamkeit, S. 96; ders., Kampf, S. 29.
66 Zum Bezug des Mandats zur Presbyteriumsordnung
[1609] siehe unten, Einleitung zu Nr. 13.
67 Dies geht aus dem Vermerk auf der kurpfälzischen
Instruktion hervor: Instruction A, B, C, D, E, F, G. Pro
dn. praefecto Hanovico a Lauthern. Die Beilagen liegen
nicht vor. Abdruck der Instruktion in Sehling, EKO
XIX, S. 876-885, Vgl. ebd., S. 704.
68 Siehe unten, S. 670, Nr. 18.
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