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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0412
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Hanau-Münzenberg

nichs [!] darauß werden8, vill mehr soll in heilgen,
großen dingen, welche den glauben der ewigen sölig-
keit belangen, nichs wider gotes wort, ordnung und
befelch gehandelt werden; wir musten sunst unge-
wiß bleiben, ob es auch vor got etwas gelten wurde,
who sein heilges wort und befelch uns dessen nit ge-
nugsam zeugnis gebe. Derhalben ist es ganz und gar
erschrecklich, dieß hochwurdig sacrament des waren
leibs und bluts Christi wider sein eigen natur und
art und wider die insatzung und ordnung9 deß, der
es gemacht hat, machets und schaffts, das es sei,
was es sein soll, vermoge, was es vermogen soll etc.,
handeln und brauchen, und das selbig wissentlichen.
Zum andern so haben die hernach genanten fursten,
hern und graven Hessen, Fulda, Hanaw, Ysenburg
in iren landten und gebitten den gebrauch des gan-
zen sacraments, dem gemain christlichem volk zu-
raichen, verordnet und angestifft10. Und dieweil das
pfarvolk, dem closter Sluchtern angehorig11, an hoch-
und wolermelten fursten und hern landtschaft an-
stoßest und grenzt, so hat solcher ungleicher ge-
brauch dieß heilgen sacraments vill nachredt, wider-
willens, ungehorsams auf die ban bracht, daß, who
ich schon gewollt hett und den gehorsam gotes nichs
geachtet, hett ich das volk nit lenger konnen auf-
halten und ein böß spill mussen besorgen, dieweil es
mit iderman rings um meim pfirch12 her, ia hart vor
der thor, anders gehalten warde etc.
Zum dritten befint ich einn erbermlichen, jemerli-
chen und unleidlichen irthum bei dem gemain ein-
feltigen volk (got verzeiehe es allen denen, so
schuldt daran haben), nemlich: Dieweil es durch
gottes wordt, ordnung und insatzung clar und lauter

8 Vgl. Ps 127,1.
9 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11, 23-25.
27-32.
10 In der Landgrafschaft Hessen wurde seit den 1520er
Jahren das Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht
(Rudersdorf, Hessen, S. 254-268), in der Fürstabtei
Fulda und in Hanau-Münzenberg drang die neue Lehre
in den 1520er Jahren ein ( Merz, Fulda, S. 128-145). In
Ysenburg wurde die Reformation in den 1530er Jahren
eingeführt (Koehler, Zur Geschichte, S. 63f.;
Hufnagel, Verhältnisse, S. 79f.).

ist und auf allen canzeln so oft gepredigt wurde, den
kindern im catechismo so oft furgelesen und in-
gepildet und vor aller menschen oren kont gethan
wird, das Christus, unser herr, zum gedechtnus seins
leidens und unser erlosung sein fleisch zu einer speis
zu essen, sein blut zu eim drank zu drinken, im heil-
gen sacrament gegeben und befolen hab13, und die
einfeltigen gar nit wissen noch wissen konden, wa-
rumb man inen den kelch nit mitteil, so hat darauß
gefolget das, so man den selbigen einfeltigen einerlei
gestalt des brodts, das ist den leib Christi, geraichet
hat und darnach schlechten14 wein auß dem kelch zu
drincken geben, haben sie es darvor gehalten, sie
habens baidts entpfangen. Was vor ere ist hie got
geschehen? Wer will solches alles erdragen?
Zum vierdten hat hierauß gefolgt, das vill menschen
wider ir eigen gewissen und wider offentliche gotes
ordnung das heilge sacrament allein under einerlei
gestalt nit haben wollen entpfahen, sondern vill lie-
ber sterben und leben on sacrament, den desselbigen
widersinns und wider sein eigen ordnung gebrau-
chen. Was wurdt got dazu sagen, das man seinem
volk sein wort und sacrament und ewigen willen fur-
helt15, beraubt und entzeugt etc.?
Zum fünften. Dieweil zu einer besserung unsers
sindthafftigen lebens und zunehmung in gotes gna-
den bei allen gotsfurchtigen ernstlich geratten
wirdt, das die cristglaubigen menschen im jar vill
mall das sacrament des altars entpfahen, iren glau-
ben dardurch stercken etc., kan man das volk nicht
darzu gewhenen, man lere sie denn das ganz sacra-
ment, des selbigen gebrauch, nutzung und verheis-
sung, vermöge und kraft. Und hilft hie kains ver-

11 Das Kloster Schlüchtern besaß die Patronatsrechte an
den Kirchen in Schlüchtern, Ramholz, Oberkalbach,
Marjoß, Hintersteinau, Neuengronau, Mottgers, Brei-
tenbach und Kressenbach, Kathrein, Bemühungen,
S. 43.
12 Kirche, hier: Kloster.
13 Siehe oben, Anm. 9.
14 Schlichten, einfachen.
15 Vorenthält.

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