6a. Mandat zu Visitation und Sittenzucht 1597
unndt dero gliedtmaßenn acht habenn) im rechten
brauch unndt exercitio erhaltenn werden mögenn,
alß sollenn die kirchendiener monatlichen die ange-
setzte unndt nun becräfftigte kirchenschöpffenn
oder seniorn zusammen berueffenn undt mit inen
von dem gantzen kirchenbäw15 inn der forcht deß
herren sich underredenn unndt anordtnenn, waß zur
gottesforcht dienenn unndt waß den lauff des hl.
evangelii undt christliches leben verhindernn mag,
bey zeitten zubegegnen wießenn.
Wann dann auch die tägliche erfahrung lehret,
daß | 95r | die ellternn, herrnn unndt frawenn ire
kinnder undt gesinndte inn unwießenheit undt gott-
loßigkeitt zum mercklichen irer selbsten unheill,
auch abbruch des reichs Christi, aufwachßenn la-
ßenn unndt dieselbe fahrleßig16 zur kinderlehr17
schickenn, alß ist abermalß unnser bevelch unndt
meinung, daß alle unndt jede kinnder, so der lehr
undt underweißung vehig seindt, von jedes orts pre-
digernn auffgezeichnet unndt durch eine gewieße
person inn jedem dorff ime, pfarhern, dargestellt
unndt daß die, so one wüchtige unndt pilliche,
scheinbare18 ursachenn die jugendt unndt kinnder
daheimb behaltenn, zur gesetzten straff durch den
schultheißen oder zentgrevenn gezogen werden söl-
lenn.
Weill aber viell gefundenn werdenn, welche die
lehr unndt den eußerlichen gottesdienst, so wir nach
annweißung Gottes worts19 inn unnsere kirchen
christlichen eingeführt, inn iren straffbarnn conven-
ticulis20 oder zusammenkunfftenn, sonderlichen bey
dem wein, bößhafftiger weiße oder auß unzeittigem
eyffer lesternn undt schmehenn unndt diejenigen, so
zur erkandten waarheit gerne trettenn wöllen, durch
ire lästermäuller daran verhinndernn unndt auffhal-
tenn, alß ist unnser ernnster bevelch, daß solche ge-
15 Kirchengebäude. Gemeint ist hier der Aufbau der geist-
lichen Kirche.
16 Nachlässig.
17 Zum Katechismusunterricht.
18 Offenkundige, ersichtliche.
19 Vgl. Mt 24,14; 26,13; Mk 13,10; 16,15.
20 Außerkirchliche Zusammenkunft religiöser Gemein-
schaften.
21 Geldstrafe.
sellenn nicht allein fur die kirchenschöpffenn | 95v |
gefordert unndt daselbsten inen ire sünde unndt
straffbare gottslästerung fur die augen gestellet
unndt zur beßerung ires leben unndt wanndelß ver-
wahrnet, sondern auch von unnsern bevelchabernn
unndt dienernn nach befindung mit ernnst inn eine
geldtpäen21, den armenn zu guetem22, genommenn
werdenn, inn christlicher betrachtung, daß ein je-
der, so ein christenmensch sein will, nicht lesternn
oder schmehenn, sondern segnen23, undt waß er
nicht verstehet, inn der forcht deß herrn nach der
regull unndt richtschnuer göttlichen worts haltenn
unndt inn rechter christlicher demuth unndt nicht
mit einem trutzigen, hoffertigen geist nach seinem
vorgefasten wohn24 darvon urtheillenn soll.
Ferners ordtnenn unndt wöllenn wir, daß fort-
hien alle junge kinnder sampt denn ellternn unndt
pattenn oder gödenn25, item die junge eheleutt, alle
verstorbene wie auch die acta praesbyterii inn ge-
wieße darzu eingebundene bücher umb hochwichti-
ger ursachenn willen durch die prediger referirt
unndt geschriebenn, dieselben büecher wol verwah-
renn unndt den successoribus pastoribus hinnderla-
ßenn werdenn sollenn. | 96r |
Dieweill dann Gott der allmechtig beide, im al-
ten unndt neuwen testament, die arme, dürfftigenn,
alß welchen der sathan one underlaß nachstellet,
zum vleißigsten unnß befehlen thuet26, alß werdenn
die prediger unndt kirchenschöpffenn oder ellte-
stenn sich derselben trewlich annehmenn unndt da-
rauf bedacht seinn, wie das allmoßen möge verbe-
ßert unndt vermehret werdenn, zu welchem ende
dann ein allmoßennordnung27 unnsern bevelcha-
bernn unndt inspectorn uberschickt wordenn, dar-
auß zuesehen unndt zuvernehmenn, waß sich ann
einem jeden ortt würdt thun undt dießfalß practi-
22 Vgl. die Almosenordnung [1600], unten, Nr. 11.
23 Mt 5,44; Lk 6,28; Röm 12,14; 1Kor 4,12; 1Petr 3,9.
24 Ansicht, Meinung.
25 Patinnen.
26 Vgl. Dtn 15,7-11; Ps 82,3; Mt 19,21; Lk 14,13; Spr 19,17.
27 Hier ist vermutlich die Almosenordnung Graf Johanns
VI. von Nassau-Dillenburg von 1589 gemeint, siehe un-
ten, S. 415 Anm. 6. Abdruck oben, S. 182-189.
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unndt dero gliedtmaßenn acht habenn) im rechten
brauch unndt exercitio erhaltenn werden mögenn,
alß sollenn die kirchendiener monatlichen die ange-
setzte unndt nun becräfftigte kirchenschöpffenn
oder seniorn zusammen berueffenn undt mit inen
von dem gantzen kirchenbäw15 inn der forcht deß
herren sich underredenn unndt anordtnenn, waß zur
gottesforcht dienenn unndt waß den lauff des hl.
evangelii undt christliches leben verhindernn mag,
bey zeitten zubegegnen wießenn.
Wann dann auch die tägliche erfahrung lehret,
daß | 95r | die ellternn, herrnn unndt frawenn ire
kinnder undt gesinndte inn unwießenheit undt gott-
loßigkeitt zum mercklichen irer selbsten unheill,
auch abbruch des reichs Christi, aufwachßenn la-
ßenn unndt dieselbe fahrleßig16 zur kinderlehr17
schickenn, alß ist abermalß unnser bevelch unndt
meinung, daß alle unndt jede kinnder, so der lehr
undt underweißung vehig seindt, von jedes orts pre-
digernn auffgezeichnet unndt durch eine gewieße
person inn jedem dorff ime, pfarhern, dargestellt
unndt daß die, so one wüchtige unndt pilliche,
scheinbare18 ursachenn die jugendt unndt kinnder
daheimb behaltenn, zur gesetzten straff durch den
schultheißen oder zentgrevenn gezogen werden söl-
lenn.
Weill aber viell gefundenn werdenn, welche die
lehr unndt den eußerlichen gottesdienst, so wir nach
annweißung Gottes worts19 inn unnsere kirchen
christlichen eingeführt, inn iren straffbarnn conven-
ticulis20 oder zusammenkunfftenn, sonderlichen bey
dem wein, bößhafftiger weiße oder auß unzeittigem
eyffer lesternn undt schmehenn unndt diejenigen, so
zur erkandten waarheit gerne trettenn wöllen, durch
ire lästermäuller daran verhinndernn unndt auffhal-
tenn, alß ist unnser ernnster bevelch, daß solche ge-
15 Kirchengebäude. Gemeint ist hier der Aufbau der geist-
lichen Kirche.
16 Nachlässig.
17 Zum Katechismusunterricht.
18 Offenkundige, ersichtliche.
19 Vgl. Mt 24,14; 26,13; Mk 13,10; 16,15.
20 Außerkirchliche Zusammenkunft religiöser Gemein-
schaften.
21 Geldstrafe.
sellenn nicht allein fur die kirchenschöpffenn | 95v |
gefordert unndt daselbsten inen ire sünde unndt
straffbare gottslästerung fur die augen gestellet
unndt zur beßerung ires leben unndt wanndelß ver-
wahrnet, sondern auch von unnsern bevelchabernn
unndt dienernn nach befindung mit ernnst inn eine
geldtpäen21, den armenn zu guetem22, genommenn
werdenn, inn christlicher betrachtung, daß ein je-
der, so ein christenmensch sein will, nicht lesternn
oder schmehenn, sondern segnen23, undt waß er
nicht verstehet, inn der forcht deß herrn nach der
regull unndt richtschnuer göttlichen worts haltenn
unndt inn rechter christlicher demuth unndt nicht
mit einem trutzigen, hoffertigen geist nach seinem
vorgefasten wohn24 darvon urtheillenn soll.
Ferners ordtnenn unndt wöllenn wir, daß fort-
hien alle junge kinnder sampt denn ellternn unndt
pattenn oder gödenn25, item die junge eheleutt, alle
verstorbene wie auch die acta praesbyterii inn ge-
wieße darzu eingebundene bücher umb hochwichti-
ger ursachenn willen durch die prediger referirt
unndt geschriebenn, dieselben büecher wol verwah-
renn unndt den successoribus pastoribus hinnderla-
ßenn werdenn sollenn. | 96r |
Dieweill dann Gott der allmechtig beide, im al-
ten unndt neuwen testament, die arme, dürfftigenn,
alß welchen der sathan one underlaß nachstellet,
zum vleißigsten unnß befehlen thuet26, alß werdenn
die prediger unndt kirchenschöpffenn oder ellte-
stenn sich derselben trewlich annehmenn unndt da-
rauf bedacht seinn, wie das allmoßen möge verbe-
ßert unndt vermehret werdenn, zu welchem ende
dann ein allmoßennordnung27 unnsern bevelcha-
bernn unndt inspectorn uberschickt wordenn, dar-
auß zuesehen unndt zuvernehmenn, waß sich ann
einem jeden ortt würdt thun undt dießfalß practi-
22 Vgl. die Almosenordnung [1600], unten, Nr. 11.
23 Mt 5,44; Lk 6,28; Röm 12,14; 1Kor 4,12; 1Petr 3,9.
24 Ansicht, Meinung.
25 Patinnen.
26 Vgl. Dtn 15,7-11; Ps 82,3; Mt 19,21; Lk 14,13; Spr 19,17.
27 Hier ist vermutlich die Almosenordnung Graf Johanns
VI. von Nassau-Dillenburg von 1589 gemeint, siehe un-
ten, S. 415 Anm. 6. Abdruck oben, S. 182-189.
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