Ysenburg
5. Die Kirchenordnungen von Ysenburg-Birstein
5a. Die Brüder Reinhard (1518-1568), Philipp II. (1526-1596) und Ludwig III. (1529-1588)
Gegenüber dem Ronneburger Landesteil verzögerte sich die Einführung der Reformation im Birsteiner
Land. Während sich Anton von Ysenburg-Ronneburg (1501-1560) Anfang der 1530er Jahre dem Luther-
tum zugewandt hatte, blieb Johann III. von Ysenburg-Birstein bis zu seinem Tod 1533 beim alten Glauben.
Erst sein Sohn Reinhard61 führte hier die Reformation ein.
Reinhard war beim Tod seines Vaters noch minderjährig. Um 1539 hielt er sich zwei Jahre lang am Hof
seines Obervormunds,62 Landgraf Philipps I. von Hessen, auf, wo er mit Luthers Lehre in Berührung kam.
1542 trat er die eigenständige Regierung an und begann mit der Einführung der Reformation, indem er
evangelische Geistliche anstellte. So setzte er in diesem Jahr Johann Müller als Pfarrer in Offenbach sowie
1544 einen Prediger im Kloster Marienborn ein.63 Ebenso wie in Ysenburg-Ronneburg bestanden auch im
Birsteiner Landesteil alte und neue Formen des Kultus lange Zeit nebeneinander. 1559 verlegte Reinhard
seine Residenz von Birstein nach Offenbach. In diesem Jahr erfolgte auch die Dismembrierung der Filiale
Birstein von der Pfarrkirche Unterreichenbach und die Anstellung des evangelischen Pfarrers Johann
Ganßdorf in Birstein.64
Von den erhaltenen Ysenburger Kirchenordnungen ergingen zwei in Reinhards Namen, 1549 ein Abend-
mahlsmandat (Nr. 9) und 1557 eine Kirchenzuchtordnung (Nr. 10).
Graf Reinhard starb 1568 ohne männliche Erben, so dass das Birsteiner Land an seine Brüder Phil-
ipp II. und Ludwig III. fiel. Sie setzten das Reformationswerk fort.65 Nach dem Tod Ludwigs im Jahr 1588
war Philipp der letzte Erbe des Birsteiner Landes. Von den überlieferten Kirchenordnungen stammen vier
von Philipp (Nr. 11 und 14-16) und zwei von Ludwig (Nr. 12 und 13).
9. Abendmahlsmandat 24. Dezember 1549 (Text S. 604)
Obwohl auch in der Grafschaft Ysenburg 1548 das kaiserliche Interim eingeführt werden musste, sandte
Graf Reinhard von Ysenburg-Birstein ein Mandat an Dionysius Roner, den zweiten Pfarrer an St. Remigius
in Büdingen, in dem er ihn aufforderte, an Weihnachten das Abendmahl nach christlicher insatzung und
ordnung zu reichen. Die Austeilung des Abendmahls sub utraque specie war von der Büdinger Gemeinde so
vehement gefordert worden, dass Graf Reinhard handeln musste. Da die Stadt Büdingen von beiden Ysen-
burger Linien gemeinsam verwaltet wurde, erließ Reinhard seine Anweisung mit Rücksicht auf seinen
Vetter Anton von Ysenburg-Ronneburg unter Vorbehalt.66
61 Zu Reinhard von Ysenburg-Ronneburg siehe Gram-
lich, Anfänge, S. 32; Calaminus, Einführung,
S. 33-36; Meyer, Geschichte, S. 22f.; Heppe, Kirchen-
geschichte 2, S. 241.
62 Graf Johann III. hatte Philipp I. von Hessen möglicher-
weise auch deshalb zum Obervormund für seine Kinder
eingesetzt, um ein Gegengewicht zu Antons Anlehnung
an Wilhelm I. von Nassau-Dillenburg zu schaffen. Hin-
tergrund war, dass die Nassauer Grafen mit den hessi-
schen Landgrafen um Katzenelnbogen stritten, Cala-
minus, Einführung, S. 34; Stieniczka, Philipp,
S. 217f.; Diehl, Evangelische Bewegung, S. 94.
63 Michaelis, Grafschaft, S. 108-116; Calaminus, Ein-
führung, S. 35; Steitz, Geschichte I, S. 58; Meyer,
Geschichte, S. 89; Diehl, Reformationsbuch,
S. 235-241. Zu Johann Müller und zur Einführung der
Reformation in Offenbach siehe Dreuth, Dekanat
Offenbach, S. 225; Gramlich, Anfänge, S. 9f., 13-17,
20-23, 36-38; Diehl, Reformationsbuch, S. 217-223;
ders., Evangelische Bewegung, S. 95f.; Steul/Rusch-
kowski, Regesten, S. 186.
64 Calaminus, Einführung, S. 34f.; Hufnagel, Verhält-
nisse, S. 81-83.
65 Calaminus, Einführung, S. 36.
66 Vgl. Mayenschein, Rebellion, S. 28.
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5. Die Kirchenordnungen von Ysenburg-Birstein
5a. Die Brüder Reinhard (1518-1568), Philipp II. (1526-1596) und Ludwig III. (1529-1588)
Gegenüber dem Ronneburger Landesteil verzögerte sich die Einführung der Reformation im Birsteiner
Land. Während sich Anton von Ysenburg-Ronneburg (1501-1560) Anfang der 1530er Jahre dem Luther-
tum zugewandt hatte, blieb Johann III. von Ysenburg-Birstein bis zu seinem Tod 1533 beim alten Glauben.
Erst sein Sohn Reinhard61 führte hier die Reformation ein.
Reinhard war beim Tod seines Vaters noch minderjährig. Um 1539 hielt er sich zwei Jahre lang am Hof
seines Obervormunds,62 Landgraf Philipps I. von Hessen, auf, wo er mit Luthers Lehre in Berührung kam.
1542 trat er die eigenständige Regierung an und begann mit der Einführung der Reformation, indem er
evangelische Geistliche anstellte. So setzte er in diesem Jahr Johann Müller als Pfarrer in Offenbach sowie
1544 einen Prediger im Kloster Marienborn ein.63 Ebenso wie in Ysenburg-Ronneburg bestanden auch im
Birsteiner Landesteil alte und neue Formen des Kultus lange Zeit nebeneinander. 1559 verlegte Reinhard
seine Residenz von Birstein nach Offenbach. In diesem Jahr erfolgte auch die Dismembrierung der Filiale
Birstein von der Pfarrkirche Unterreichenbach und die Anstellung des evangelischen Pfarrers Johann
Ganßdorf in Birstein.64
Von den erhaltenen Ysenburger Kirchenordnungen ergingen zwei in Reinhards Namen, 1549 ein Abend-
mahlsmandat (Nr. 9) und 1557 eine Kirchenzuchtordnung (Nr. 10).
Graf Reinhard starb 1568 ohne männliche Erben, so dass das Birsteiner Land an seine Brüder Phil-
ipp II. und Ludwig III. fiel. Sie setzten das Reformationswerk fort.65 Nach dem Tod Ludwigs im Jahr 1588
war Philipp der letzte Erbe des Birsteiner Landes. Von den überlieferten Kirchenordnungen stammen vier
von Philipp (Nr. 11 und 14-16) und zwei von Ludwig (Nr. 12 und 13).
9. Abendmahlsmandat 24. Dezember 1549 (Text S. 604)
Obwohl auch in der Grafschaft Ysenburg 1548 das kaiserliche Interim eingeführt werden musste, sandte
Graf Reinhard von Ysenburg-Birstein ein Mandat an Dionysius Roner, den zweiten Pfarrer an St. Remigius
in Büdingen, in dem er ihn aufforderte, an Weihnachten das Abendmahl nach christlicher insatzung und
ordnung zu reichen. Die Austeilung des Abendmahls sub utraque specie war von der Büdinger Gemeinde so
vehement gefordert worden, dass Graf Reinhard handeln musste. Da die Stadt Büdingen von beiden Ysen-
burger Linien gemeinsam verwaltet wurde, erließ Reinhard seine Anweisung mit Rücksicht auf seinen
Vetter Anton von Ysenburg-Ronneburg unter Vorbehalt.66
61 Zu Reinhard von Ysenburg-Ronneburg siehe Gram-
lich, Anfänge, S. 32; Calaminus, Einführung,
S. 33-36; Meyer, Geschichte, S. 22f.; Heppe, Kirchen-
geschichte 2, S. 241.
62 Graf Johann III. hatte Philipp I. von Hessen möglicher-
weise auch deshalb zum Obervormund für seine Kinder
eingesetzt, um ein Gegengewicht zu Antons Anlehnung
an Wilhelm I. von Nassau-Dillenburg zu schaffen. Hin-
tergrund war, dass die Nassauer Grafen mit den hessi-
schen Landgrafen um Katzenelnbogen stritten, Cala-
minus, Einführung, S. 34; Stieniczka, Philipp,
S. 217f.; Diehl, Evangelische Bewegung, S. 94.
63 Michaelis, Grafschaft, S. 108-116; Calaminus, Ein-
führung, S. 35; Steitz, Geschichte I, S. 58; Meyer,
Geschichte, S. 89; Diehl, Reformationsbuch,
S. 235-241. Zu Johann Müller und zur Einführung der
Reformation in Offenbach siehe Dreuth, Dekanat
Offenbach, S. 225; Gramlich, Anfänge, S. 9f., 13-17,
20-23, 36-38; Diehl, Reformationsbuch, S. 217-223;
ders., Evangelische Bewegung, S. 95f.; Steul/Rusch-
kowski, Regesten, S. 186.
64 Calaminus, Einführung, S. 34f.; Hufnagel, Verhält-
nisse, S. 81-83.
65 Calaminus, Einführung, S. 36.
66 Vgl. Mayenschein, Rebellion, S. 28.
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