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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0605
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4. Erneuerung der Kirchenordnung 1587

i[hre] g[naden] zu derselbigen verhör, tractation und
erkandnuß ihre diener, geistliches undt weltliches
standts, zu deputiren und zuverordnen wissen.
Under anderm aber soll den pfarhern hirmit
auch ahngemeldt sein, das sie keinen witwer oder
witwe nach absterben seines ehegegadts11 vor einem
virtell jhar sich anderwerts zuverheuraten zulassen
sollen.
Die zukunfftige newe eheleut sollen den pfarher
viertzehen tag vor dem kirchgang umb die procla-
mation ersuchen undt bitten, welche zue dreien son-
tagen, wie breuchlich, geschehen soll. Nachmals,
wen sie den kirchgang haben wollen, sollen sie sol-
ches auch dem pfarher ein tag zuvor, sich darnach
wissen zurichten, ankundigen.
Von der kindertauff
Ebenmessiger gestaldt sollen die haußvetter umb ih-
rer jungen kindtlein tauff bey dem pfarher auch
ahnsuchen undt dieselbige biß uber den andern tag
bey gewisser straff nicht prorogiren noch auffschie-
ben. Es sollen auch die haußvetter neben ihren er-
bettenen gevattern und gesten selbsten bey der
h. tauff erscheinen und sich davon nichts verhindern
lassen.|
Von begrebnussen
Die bestattung der verstorbenen soll christlicher
weiß geschehen. Derowegen, do ein person, altt oder
jung, mit todt abgehet, so sollen dessen nechsten
angewandten solches ihrem pfarhern zeitlich antzei-
gen, undt soll bey dem begrebnuß ein kurtze christ-
liche vermanung geschehen undt mit einer collec-
ten12 beschlossen werden.
Den verechtern gottlichs wortts und der h. sa-
crament, wilche biß ahn ihr endt darinnen halsstar-

11 Ehegatten.
12 Kollektengebet.
13 Die drei ersten Gebote handeln von der Beziehung der
Menschen zu Gott, die sieben weiteren von der Bezie-
hung zu den Mitmenschen, Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.

rig verharren, soll auch die christliche sepultur und
begrebnuß verweigert undt abgeschlagen werden.
Letzlichen soll ein ider pfarher vor sein person wis-
sen, das er offentliche sundt, schandt, laster und
mißbreuch, so widder die erst undt ander taffell der
h. zehen gebott13 streitten, nach außweisung Gotteß
wortt straffen soll. So ist ihm auch ihn Gotteß wortt
der proceß, den er jegen den mißthetter gebrauchen
soll, vorgeschrieben14, derwegen sich ein ider ihn die-
sem punct Gottes wortt undt seinem ampt wirdt ge-
meß zuerzeigen wissen. Do aber under den zuhorern
etzliche so mutwillig und halßstarrig weren, bei wil-
chen | kein vermanung oder wortstraff verfahen15
noch gelten woll, dieselbige sollen, so viell sich
ampts undt obrigkeit wegen geburet, durch eusser-
liche ernste straff zue geburlichem gehorsam ge-
bracht undt angehalten werden.
Waß dan die pfarhern, ein jeden, waß sein person
anlangt, ist man deß verhoffens, sie werden sich
beidt, ihn lehr und leben, also verhalten, daß sie sol-
ches jegen Gott zuvorderst und auch ihrer gnedigen
obrigkeit verantworten konnen und daß under ihren
zuhorern niemandt sich billicher weiß jegen ihnen
zubeclagen noch zue beschweren hatt.
Derowegen endtlich, domit zue beiden theilen dieser
instruction mocht gehorsamlich nachgelebt werden,
alß hatt wolermelter unser g. her etzlichen i. g. die-
ner, geistlich und weltliches standts, die jährliche
kircheninspection committirt und bevohlen, von
wilchem jedeß jhar nach gelegenheit der zeit und
erforderung der sachen ein, zwo oder mehr visitatio-
nes sollen angesteltt und gehalten werden.

14 Vgl. Mt 18,15-17.
15 Verfangen, etwas ausrichten.

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