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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0606
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Ysenburg-Ronneburg

5. Kirchenbußagende®
[1587]
Forma, wie personen, so wieder göttlich unnd weltlicher oberkeitt verbott inn unzucht betretten1, der
kirchen abbittung thun unnd derenselben wieder eingesöhnet werden sollen

Solche personen, so unzucht getrieben, sollen von
den kirchendienern beschicket unnd wegen der kir-
chendisciplin mit ihnen gehandelt undt auff ihr de-
mütigs, rewhigs pitten auff folgende weiß der kir-
chen eingesöhnet und absolvieret werden:
Geliebten inn dem herrn, der (oder: diese person),
deß namens N. N., von N. bürtig, haben wir, dieses
orts kirchendienern, hertzlich unnd demütig cla-
gendt, angebracht, daß sie (oder: er) durch angepor-
ne schwacheit ubereylet2 worden unnd habe sich den
teuffel dermaßen betringen3 laßen, daß sie unzüch-
tige, ungebüerliche vermischung unnd gemein-
schafft gebraucht, Gott damit erzürnet, unnser
christlichen oberkeitt gebott uberschritten, die ge-
mein Gottes verärgert unnd also sich von Gott unnd
seiner lieben kirchen unnd gemeinde abgesondert
unnd außgeschloßen haben, unnd darneben verje-
hen4, daß solches inen von hertzen leidt seye, habe
aber doch das starcke vertrawen unndt zuversicht
zue Gott, er werde ir (oder: inen) auß unerforschli-
cher seiner gnadt unnd barmhertzigkeitt solche
unndt alle anndere ire sünde umb seines lieben soh-
nes, unnsers einigen heylandts unnd seligmachers
Jesu Christi willen gnediglich verzeyhen unnd ver-
geben, unnd in solchem glauben unnd vertrawen
hatt sie (oder: er, oder: haben sie bede) Gott solches
treulich abgebetten5 unnd mich ersucht, daß ich inn
irem namen, alß ob sie solches jetzt mit ihrem | ei-
genen hertzen unnd munde selbst thetten, der
christlichen kirchen, die sie durch ihre begangene
unzucht verärgert, auch trewlich abzubitten unnd

a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 15/90.

1 Aufgegriffen werden.
2 Hingerissen, überwältigt, Grimm, DWb 23, Sp. 171.

christlich zuermahnen, daß sie wollen inen ire sün-
den gnädiglich brüderlich unnd schwesterlich ver-
zeyhen unnd vergeben, ist (oder: seind) auch des
christlichen vorsatzes, daß sie vermittels göttlicher
hülff unnd gnaden dieser unnd aller annder sünden,
sie seyen heimlich oder offentlich, wieder ihr gewis-
sen sich hienfürters eussern unnd enthaltten wollen.
Dieweil dann nuhn Gott selbs inn seinem
h. gottlichen wortt allen bußfelligen glaubigen sün-
dern vergebung irer sünden verheist unnd zu-
sagt6, will auch von unnß haben unnd erforderts
mitt sonderlichem ernst, daß wir unnsern brüedern
unnd schwestern ire fehl und sünde, damit sie unß
erzürnet, verärgert unnd beleydiget haben, nachla-
ßen unnd verzeyhen sollen inn ansehung undt be-
trachtung der großen, unaußsprechlichen schuldt, so
er unß täglich auß gnaden erlest, so hab ich sie auff
ir bekändnuß unnd flehelich bitten auß dem creff-
tigen bevelch unnsers herrn unnd heylandes Jhesu
Christi, da er spricht, Math. 18 [18]: Alles, was ir
auff erden lösen werdet, soll auch im himmel loiß
sein, von solcher irer verbrechung entbunden unndt
ledig gezehlet, ungezweiffelt, daß solches so crefftig
unnd gewiß seye, alß handlets unnser lieber herr
Christus selbst, wie ich dan auch euch will ermahnet
haben, daß ir forthien Gott für augen haben und
nitt mehr sündigen [sollt], damit euch nitt etwas er-
gers wiederfhare.
Ad populum:
Dergleichen pitte ich euch umbstehende auch alle
miteinander, daß ihr, wie ir schuldig seytt, vor diese

3 Bedrängen.
4 Bekennen, aussagen.
5 Bekannt, Abbitte geleistet, Grimm, DWb 1, Sp. 12.
6 Vgl. 2Chr 7,14; 1Joh 1,9.

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