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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0608
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Ysenburg-Ronneburg

Forma christlicher buß, was gestalt diejenige ehemänner, welche umb begangener
hurerey willen beneben der weltlichen straffe am sontag inn offentlicher versamlung
fürgestelt, der verärgerten kirchen abbittung thun unnd nach empfangener absolution
derselben wieder eingesöhnet werden sollen

Geliebten inn dem herrn, hie zugegen stehet N. N.,
welcher auß des leidigen sathans anreitzen unndt
angeborner menschlicher schwacheit sich ahn Got-
tes unnd weltlicher oberkeitt gebott, inndem er sich
mit dem schändlichen laster der hurerey, seines ehe-
lichen standts unbetrachtet, schwerlich vergrieffen
unnd die kirch Gottes verärgert hatt, weil er aber
mitt der weltlichen oberkeitt versöhnet, scheuhet er
sich nicht, inn jetziger seiner gegenwartt auß de-
mütigem, rewigem hertzen dem ewigen Gott einen
bußfertigen fußfall unnd der christlichen kirchen ein
hertzliche abbittung zuthun, auff daß er, von Gott
allein umb des allerheiligsten verdinstes Jhesu Chri-
sti willen zue gnaden wieder auffgenommen unnd
der christlichen kirchen eingesöhnet, wieder ein
gliedmaß derselben sein unnd pleiben möge.
Nuhn ist aber euch alß christen auß Gottes
wortt bewust9, daß unß armen menschen, die wir in
sünden empfangen unnd geboren“, der grimmige sa-
than alß ein brüllender löwe ohne underlaß nach-
schleichet, suchendt, welchen er nicht allein konde
inn sündt, schand unnd laster werffen, sondern gar
verschlingenβ unnd zur hellen ziehen, darzue dan die
weltt | mitt iren bösen exempeln unnd unnser ver-
derbtes fleisch mit seinen bösen lüsten unnd begier-
den getrewlichen helffen unnd unnß zum argen lo-
cken unnd anreytzen, also daß es bald geschicht,
daß, der heutt stehet, gar leichtlich morgen inn
schwere sünde fallen kanny
Zum anndern aber werden wir tröstlich unter-
richtet, daß der getrewe Gott nit wolle, daß wir inn
sünden sterben unnd verderben sollen, sondern daß
wir dieselbigen erkennen unnd bekennen10, hertzlich
beweynen unnd zu ungezweiffeltem glauben auff
den verdinst unnsers lieben herrn unnd heylands
Jhesu Christi vergebung all unnserer sünden suchen,

α Ps 51 [7].
β 1. Pet. 5 [8].
y 1. Cor. 10 [12].
δ Esaie 1 [18].

so sollen dieselben, wan sie gleich blutrot sein,
schneeweiß werden, unnd wan sie gleich sein wie ro-
sinfarb, sollen sie doch wie wollen werden5.
Weil dan solchem unwiedersprechlich also und
gegenwertiger N. N. vor Gott unnd seiner thewer
erkaufften kirchen in wahrer hertzrewe (alß wir hof-
fen) seine große sünde unnd schweres verbrechen er-
kennet unnd offentlich bekennet, mit sehnlichem
seufftzen und hertzthrenen Gott dem himlischen
vatter in wharem glauben auff den verdienst unn-
sers herrn Jhesu Christi abbittet, gnad unnd verge-
bung derselben begeret unnd euch gegebener erger-
nuß wegen umb brüederliche verzeihung unnd für-
bitt zue Gott demütig ersuchet, so sein wir erstlich
schuldig, ime, der da begehret von seinem fall auff-
gerichtet zuwerden, hertzlich zuverzeihen unnd alß-
dann mitt trewhertziger vorbitt zue Gott die christ-
liche brüderliche helffhand zubieten. |
Darnach frage der minister:
N. N., ist solches dein hertzliches flehen, pitten
unndt begehren von Gott unnd seiner kirchen, so
bestättige es mit eim lauten, vernemlichen „ja“.
Dicat: Ja.
Weil wir dann dieses unnsers mittbruders bitten
unnd verlangen angehöret, sein wir ime christlich zu
willfharen für Gott schuldig. Derhalben wollen wir
unnß seines alß unnsers eigenen jammers annehmen
unnd in folgendes gebet denselbigen einschliessen,
Gott, unserm lieben himlischen vatter, fürtragen,
ungezweiffelt, er werde solch unnser gebet erhö-
ren11 unnd diesem unserm mittbruder seiner wahr-
hafften vätterlichen zusag nach mitt gnaden er-
scheinen. Pittet demnach mit ahndacht auß recht-
glaubigem hertzen also:

9 Bekannt.
10 Vgl. Ez 33,11.
11 Vgl. Mt 7,7-8; 18,19; 21,22; Mk 11,24.

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